Sooo….
12 Wochen eines Selbstversuchs sind (fast) um – und da die letzten beiden Tage desselben quasi als Carb-Loading Tage (in Vorbereitung auf das, was danach kommt) vorgesehen sind, wird sich da wohl an den Werten nicht mehr viel tun. Also kann man mal ein Fazit ziehen:
Das, was ich getan habe, orientierte sich an einem der vielen kommerziell verfügbaren „Transformationsprogramme“. Welches es war, lasse ich mal außen vor – der Grund ist (dazu später), dass ich es trotz der sicherlich recht eindrucksvollen Ergebnisse nur eingeschränkt empfehlen würde und ich insoweit weder Werbung machen, noch davon abraten möchte.
Ich habe mir mittlerweile (mit etwas gestiegener Bildung zu den Themen Kraftsport und Sporternährung) so manches dieser Programm ansehen können und habe das Gefühl, dass diese sich entweder ziemlich ähneln oder schlichtweg Humbug und Kundenverarsche sind. Wenn einem ein früher übergewichtiger Tanzbär erzählt, er würde einen mit 2x 20 Min Sport in der Woche sexy machen, dann ist das einfach Verarsche bzw. beruht auf Ernährungskonzepten, die einen Jojo-Effekt unvermeidbar machen. Das kann man sich auch schenken.
Wie so viele der – eher – funktionierenden Konzepte beruht meines letztlich auf 3 Phasen zu je 4 Wochen, welche so vom Ansatz so ausgestaltet waren: 1. Fett-Weg-Phase und „Akklimatisierung“, 2. „Massephase“, 3. Definitionsphase (warum die Massephase eigentlich keine war, erkläre ich später. Sie wurde einem jedenfalls als solche verkauft). Klingt also wie das, was einem beim Bodybuilding (natürlich auf längere Zeiträume kalkuliert) so als üblicher (und m.E. für Hobbysportler völlig blödsinniger) Trainingsweg vermittelt wird.
Trainingspläne und Ernährung waren vorgegeben und ich habe mich - soweit es mir nur irgend möglich war – daran auch recht sklavisch gehalten. Bei der Ernährung bin ich so richtig eigentlich nur an einem Tag „ausgebrochen“. Und das war Hannahs Geburtstag – ich denke, das sei mir verziehen. Der Trainingsplan bedeutete jeden Tag Studio (Gewichte und/oder Cardio) und hier habe ich an 2 Tagen Cardio und an einem Gewichte schludern lassen – aber alles dann an anderen Tagen nachgeholt. Das hatte dann solche Konsequenzen, wie in den Tagen der ECTP Konferenz in Brügge abends im Studio abzuhängen während sich die gesamte Tattoofarben-Elite auf Kosten von Mario Barth die Kante gegeben hat..

Man muss halt Opfer bringen…
Mal zu den Resultaten:
Anfang d. Programms Körperfettanteil (muss ich leider schätzen, weil ich erst nach 4 Wochen mit der Messung angefangen habe): ca 25%
Gewicht: 87 kg
Bauchumfang: 98 cm
Blutdruck: 90/140
Ruhepuls: 85 – 90
Ende des ProgrammsKFA: 15% (da sind sich sogar Körperanalysegrät und Caliper einig – insoweit vermute ich mal, der Wert ist ansatzweise realistisch. Passt auch von der Optik).
Gewicht: 77 kg
Bauchumfang: 87 cm
Blutdruck: 72/125
Ruhepuls: um die 75
Muskelmasse ist überall gestiegen – ich habe leider am Anfang die entsprechenden Umfänge (außer Brust) nicht gemessen, aber ein paar Zentimeter sind überall drauf gekommen – aber richtig krass ist anders. Mittlerweile ist mir auch klar, warum (aber dazu später).
Kraftsteigerung ist – je nach Übung - recht deutlich Natürlich sind das alles im Wesentlichen „Beginners-Gains“. Im Durchschnitt würde ich sagen, ist das 1-Rep Maximum so um 40% hoch gegangen. Bei einzelnen Übungen (Beinpresse, Kreuzheben, Schulterpresse) sind es auch 50%, bei den Kniebeugen werde ich dagegen nie ein Meister werden – das schlägt mir einfach zu krass auf den Kreislauf. Da sind ZNS und der Kreislauf deutlich schneller fertig als die Muskulatur, aber was soll’s. Insgesamt habe ich immer noch vor Deadlifts und Squats höchsten Respekt. Bei Isolationsübungen ist mir jedenfalls noch nie schwarz vor Augen geworden..
Bin ich mit den Resultaten zufrieden? Ja, klar. So wie heute habe ich (figürlich) das letzte Mal mit Mitte 20 ausgesehen – also was sollte man da motzen. Allerdings sind die Lovehandles trotz langsam sichtbarer Bauchmuskulatur (jedenfalls abends) immer noch da und auch im Brustbereich darf noch deutlich Fett weg – aber Wunder darf man nach der kurzen Zeit auch nicht erwarten. Leider hat auch Hannah Recht behalten: Sixpack in 3 Monaten war bei mir unrealistisch – aber viel fehlt nicht mehr..

(Vielleicht noch so 4% KFA runter).
Hat das Programm gehalten, was es versprochen hat? Klares nein!
Ja, man verändert sich in 3 Monaten recht deutlich, aber zumindest dieses Programm wird halt damit beworben, dass man am Ende voll krass muskulös und definiert aussehen soll – und das war (jedenfalls mit meinen Eingangsvoraussetzungen) nicht drinnen. Wirklich derbe Muskelzuwächse sind einfach nicht zu machen (aber vielleicht war ich da auch viel zu naiv). Der Grund dafür wird dann klar, wenn man sich die Ernährungspläne mal genau durchrechnet: In allen 3 Phasen trainiert man auf nem Kaloriendefizit. In der ersten und (vor allem) der dritten Phase (beides Low-Carb, Low-Fat mit einem Ladetag pro Woche) war dieses so gar so hoch, wie ich es freiwillig nie versucht hätte (bin die letzten 4 Wochen – mit Ausnahme des Ladetags - auf maximal 1.000 kcal / Tag „gefahren“). Aber auch in der „Massephase“ (High-Carb) bin ich nicht einmal auf meinen Leistungsumsatz gekommen. Natürlich kann man dabei nicht brutale Massen an Muskulatur aufbauen. Ehrlich gesagt, ist es schon mehr als beeindruckend, dass es überhaupt funktioniert, etwas aufzubauen. In der letzten Phase (die letztlich eigentlich ne regelrechte Wettkampfdiät ist), habe ich definitiv abgebaut (wenn auch noch an Kraft zugelegt).
Das heftigste Problem sollte aber die Phase sein, die jetzt kommt: Wenn ich nicht sofort wieder auseinandergehen möchte, wie ein Ballon, muss ich jetzt echt aufpassen: Bei dem Kaloriendefizit der letzten Wochen werde ich nicht nur (was eh passiert wäre) im Training drinnen bleiben müssen, sondern ich werde wohl um so etwas wie gezieltes „reverse dieting“ nicht herumkommen. Einfach mal (was ich mir erst so gedacht hatte) zu sich selbst sagen „Geil, jetzt geh‘ ich mal auf Masse“ - also rein mit den Kalorien“, wird sicher nicht funktionieren. Also werde ich wohl die Kalorienzufuhr gaaanz langsam steigern müssen, wenn ich nicht ich einigen Monaten aussehen möchte, wie ne schwache Version von Mattias Steiner kurz nach seinem Karriereende. Das sagt einem natürlich der Anbieter des Programms nicht. Aber Trainings- und Ernährungspläne sind geschrieben – ich hoffe, ich habe meine Hausaufgaben gut genug gemacht, um hier jetzt keine Fehler zu machen.
Fazit: Wenn man einen leichten und funktionierenden Weg sucht, einen Einstieg in ein fitteres und optisch ansprechenderes Leben zu finden, dann ist solch ein Programm (wenn es sich um eines von den guten handelt) sicher sehr tauglich. Wem es vornehmlich um Gewichtsverlust und ausreichend Kraft geht, um zukünftig „ernsthaft“ trainieren zu wollen, der ist da wirklich gut bedient. Man sollte sich aber klar machen, dass so etwas lediglich als erster Schritt in ein Leben taugt, welches danach mit viel Training, sehr bewusster Ernährung und Dauereinsatz der Küchenwaage weitergeführt werden will, wenn man nicht in wenigen Wochen alles, was man vorher geschafft hat, zunichtemachen möchte.
Was man übrigens auch nicht vergessen darf: Nicht wenige der selbsterklärten Fitness-Gurus, die natürlich nicht zuletzt mit ihrer eigenen Figur und ihren eigenen "Gainz" Werbung dafür machen, wie toll doch ihr Konzept ist, dürften bei sich selbst relativ tief in die Chemie-Kiste greifen um so auszusehen, wie sie es nun einmal tun. Die unrealistischen Erwartungen (44er Arm & super-shredded in 10 Wochen und so), die da zuweilen geweckt werden, muss man für sich als solche begreifen, um nicht bitter enttäuscht zu werden. Gerade als Anfänger sollte man für sich zu erkennen lernen, was realistisch machbar ist und was nicht. Sonst gibt man's irgendwann dran
Vielleicht hilft dieser Erfahrungsbericht ja dem/der ein oder anderen bei der Frage "Kommerzielles Programm kaufen oder nicht?".
Ich persönlich würde es dann tun, wenn ich a) eher "Anfänger" im Fitnessbereich wäre (was ich war - und wohl immer noch bin) und b) keinen Bock hätte, mir in mühsamer Kleinstarbeit ein solches Konzept selbst zu erarbeiten. So etwas geht sicher, aber dafür ist dann doch schon sehr viel Recherche und Verständnis nötig - zumal die insoweit verfügbaren Informationen am Anfang derart vielfältig und auch teils widersprüchlich sind, dass man damit zunächst heillos überfordert ist. Jedenfalls ging es mir so - und ich habe in den vergangen 3 Monaten wirklich versucht, so viel wie irgend möglich über diesen Kram zu lernen.
Expect nothing..