Hey DragonKoi,
erst vorhin habe ich zu jemandem gesagt, dass Du es total drauf hast. Du reisst eine Tüte Worte auf und plötzlich riecht alles gut. Es ist wie ein Einkauf bei Douglas.
Nur Antwortest Du gar nicht auf die Probleme, sondern versuchst irgendwelche Vorteile aufzurufen, die teils nicht im Zusammenhang stehen oder die es gar nicht gibt.
Da Du im Aufzählungsstil aufführst und eine Reihenfolge nicht erkennbar ist, fange ich auch mal in der Mitte an.
Freigewordener Arbeiter: Werbefilm in den 70er-Jahren in der Schule gezeigt. Schritt der Industrialisierung. Statt das Personen Minen entschärfen, macht das der Roboter. Wenn's schief geht, gibts nur Sachschaden.
Nein, den kenne ich nicht. Die wenigsten Menschen leben ohnehin vom Minenentschärfen. Ausser Du jetzt vielleicht gerad hier. In dem Film ging es um Fabrikarbeiter, die ganz schwere und heisse Bildschirmröhren an einem Rohrsystem an Haken durch eine Halle schieben im Verarbeitungsprozess. Diese böse, unangenehme, schlimme Arbeit wird dann durch liebe, liebe Automatik ersetzt und die vielen lieben Arbeiter können sich fortbilden und viel, viel bessere Sachen machen.
Die Realität ist, dass sehr viele von denen ihre Arbeit verloren haben und in fremden Branchen anfangen mussten, in denen sie weniger Geld verdienten. Und so gehts für Produktionsarbeiter manchmal gleich mehrmals abwärts. Viele blieben teils lange Arbeitslos.
Sie alle waren motivierte, hart arbeitende Arbeiter. Viele von denen mochten aus irgendeinem Grunde ihre Tätigkeit.
Das ist lange her. Heutzutage geht so ein Absturz schnell und manchmal dauert es auch für einen Facharbeiter nicht lang, bis er ganz unten angekommen ist.
Jawohl, jeder sollte eine Ausbildung und/oder Studium durchziehen können (Bafög). Dabei sind einerseits die Fähigkeiten, Talente und andererseits die Interessen und die Verdienstmöglichkeiten bedeutend.
An und für sich könnte das ein Satz aus einem Prospekt der Studienberatung sein. Klingt auch so sonnig und tough. Aber das ist ja schliesslich kein eingeständiger Satz, sondern Deine Einwandbehandlung auf meinen Beitrag. Dass auch jeder nur verdient was er kann? Also ein Arzt verdient mehr als ein Müllmann? (Ich weiss jetzt kommt das Argument mit den APIlern (die es heute nicht mehr gibt(aber der Scheiss bleibt am Anfang der gleiche)). Ein Ingenieur sollte mehr verdienen als eine Krankenschwester? Ein Busfahrer mehr als ein Produktionshelfer?
Die typische Argumentationskette einer Leistungsgesellschaft (behaupten wir ja von uns) ist der Verweis auf ihre eigene Existenz und dann geht sofort rüber zur Anreizdebatte. Wenn das alles gleich ist, dann gibts ja gar keinen Anreiz mehr, sich anzustrengen und was ganz tolles zu machen.
Das ist alles Quatsch. Die DDR war zB führend in der Möbelproduktion. Möbel aus der DDR wurden nicht nur in Westberlin und Westdeutschland bei Otto und Quelle etc. angeboten und stark nachgefragt. Die DDR hat die Dinge nach ganz Europa verkauft. Viele dieser Arbeiter waren sehr motiviert. Da war keiner mit Kündigung bedroht oder wurde angemahnt, weil er vllt nicht so leistungsfähig war wie ein anderer.
Die Kosten für Ernährung, Wohnen und Pflege waren nicht hoch. Teils unerreichbar, weil mit langen Wartefristen verbunden waren Kraftfahrzeuge (einige nur mit Devisen, Parteischein oder Beziehungen, andere mit langer Wartezeit), Computer, Fernseher und einige andere Dinge. Die Leute waren im eigenen Interesse sehr stark daran interessiert ihre notwendigen Dinge zu erhalten. Möbel, Kühlschrank, Herd, Fernseher, Auto. Nichts wurde sinnlos weggeworfen oder schlecht behandelt. Zwischen den Leuten gab es einen regen Tausch von Dingen. Dementsprechend war die Kommunikation in der Gesellschaft auch stärker, die Anbindung an die Platte, den Bezirk, den Ort, die Kleinstadt wo auch immer - oft viel stärker als die Westdeutscher Bürger (Berlin als Inselphänomen mal ausgelassen).
In Ostberlin konnteste als normaler Bürger in die Musikalienhandlung gehen und hast das Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach für einen Spottpreis bekommen.
Man überlegte länger was man wirklich brauchte und ob man es denn begehrte.
Dabei geht es mir jetzt nicht um ein Loblied über den Sozialismus der DDR. Ne, ne. Es geht eben um die realen Potential die DIESE Menschen dort gezeigt haben, auch wenn es oft innerhalb der eigenen Positionen keinen grossen Aufstieg um des Geldes Willen gab.
Wohnraum im Ballungsgebiet wird stets teurer. Marktgesetz von Angebot und Nachfrage bildet den Preis. Wenn ich in einem Ballungsgebiet 1 Mio. € für eine Wohnung verlange und dies tatsächlich bezahlt wird, warum sollte ich mich mit einer halben Million € zufrieden geben?
Die Menschen die in diesen derzeit betroffenen Gebieten leben, leben dort mit ihren Familien teils über 100 Jahre. Schon die Grossmutter wohnte in der Schillerpromenade, die eigenen Eltern und die eigenen Kinder. Alle Freunde, Schulfreunde, alle guten, alle schlechten Erfahrungen sind dort. Ein Kiez, der - vllt sprengt das Deine Vorstellungskraft - zusammenhält, sich gegenseitig bei Problemen stützt. Das war die gegenseitige Hilfe zur der wir ja heute aufrufen. Die Realität aber ist, dass wir sie durch die von Dir so lapidar monetarisierten Argumente zerstören und zerstört haben. Die Leute werden entmietet auf die üblichen Methoden. Interessenten werden durch die Wohnung geschoben. Der Mieter kann sich nicht ausreichend gegen diese Methoden verwehren. Die Rechtslage tendiert teils in die Richtung der Mieter, aber die meisten können den Druck einer manchmal mehrjährigen Prozesskette gar nicht leisten und aushalten. Es geht den meisten nicht darum, sich alle aufkommenden Kosten zu erpressen. Der Druck eines solchen Angebotes lässt die meisten dann klein beigeben.
Real wollen diese Menschen aber nicht aus ihrem Kiez. Das sind menschlich notwendige Prozesse. Die Gesellschaft lebt von diesen Zusammenhängen. So findet echte Sozialisierung in gegenseitiger Interaktion und auch Reibung statt. Dabei entsteht gegenseitiger Respekt und Hilfe.
Die junge Generation der Anwohner findet gar keine Wohnungen mehr. Spanische Studenten können und wollen einfach mehr Miete zahlen. Ist halt jetzt IN da. Also halten die Vermieter die Hand auf und kassieren für die selbe unrenovierte Drecksbude das Doppelte.
Die Gentrifizierung zerstört funktionierende Teile unserer Gesellschaft. Wir müssen uns hier wie auch an anderen Stellen entscheiden, wes Geistes Kind wir sind.
Hat denn Fabrikarbeiter in Wechselschicht ernsthaft eine weniger gute Wohnung verdient, als ein Ingenieur? Die arbeiten uU beide hart. Das bestreitet keiner. Aber das würde in keiner Argumentationskette ernsthaft begründen können, dass ein Mensch schlechter behandelt wird als der andere? Ist ja gar nicht SCHLECHTER? Na, dann macht doch nicht son tamtam und gebt Euers her. Ha! Ha!
Auch hier glaube ich bei einer basisdemokratischen Gesellschaft an die Selbstregulierungskräfte. Das zeigt das Beispiel der Menschen in der DDR. Die Köpfe, die dauernd darwinistisch daherschwabulieren und erzählen, dass es keinen Anreiz für Arbeit gibt, außer das Leben in zwei Möglichkeiten aufzuteilen: Armut oder Arbeit, und die Selbstaufklärungskraft der Gesellschaft für so gering halten, halte ich für traurig. Das Leben bietet in jeder Hinsicht individuelle eigenartige Ansprüche. Du wirst viele Leute finden, die wollen gar keine grosse Wohnung, andere finden einen einzigen Raum mit 50 qm und offener Küche toll. Einige hassen Altbauten, andere finden sie toll. Viele sagen, einmal Hellersdorf, immer Hellersdorf. Und das sind nicht alles Prolls oder Rechte. In einem Rätekommunismus würde es auch zu Engpässen kommen. Aber man könnte gerechter verteilen. Es geht nicht darum, dass EIN EINZELNER nicht alleine drei Zimmer haben dürfte. Es geht darum zu prüfen, ob ZWEI oder ZWEIEINHALB diese Wohnung nicht dringender bedürften. Warum sollte man einen bei einer zur Disposition stehenden Wohnung im Kiez nicht prüfen, ob der 25 Jahre junge Mann, der schon seit drei Jahren eine Wohnung sucht (so gehts derzeit oft vielen in unserem Land), die nicht eher bekommen sollte, als einer der gerad anfängt zu suchen und erst 21 Jahre alt ist.
Ich gebe all diesen Personen gerade das gleiche Gesicht. Und dann fühlt sich das was ich da schreibe eigentlich nicht falsch an. Aber die Realität in unserer Gesellschaft ist, dass die Hannoveraner Eltern des 21 jährigen Studenten ihn so unterstützen, dass er für die 35qm Einzimmerwohnung locker 500 Euro hinlegen kann. Und die Eltern bürgen ja auch. Wer kann da schon nein sagen? ^^ Wer will da schon einen 25 jährigen frisch ausgelernten Verkäufer im Einzelhandel?
Warum soll eine Mutter mit Kind quer durch eine grosse Stadt irren müssen, bis sie in einer völlig fremden, schwierig angebundenen Ecke eine bezahlbare Wohnung findet, unter Umständen aus diesem Bezirk heraus die ihr angebotenen Tätigkeiten in anderen Stadtteilen mit ÖPNV gar nicht pünktlich erreichen kann, weil Kinder an bestimmte Pflichten und Zeiten binden und die Betreuung organisiert sein muss. Warum sollte sie, wenn sie eh schon wenig verdient in ihrem Beruf als Friseurin auch noch damit bestraft werden, dass sie in ihrem Kiez nicht mehr leben darf?
Was ist hier los? Findest Du Deine Nachfrage-Angebot-Mistgabel im Hinter eines jeden Betroffenen nicht ein wenig schamlos?