von Buddha_Eyes » 04.05.2010 17:36
Danke für die Antworten – ich erlaube mir auf diese noch die ein- oder andere Anmerkung:
Deinen Hinweis auf die wenig bildungsfördernde Funktion des Fernsehens unterschreibe ich sofort. Ich denke, hier sind indes weniger die Medien gefordert (das sind weitestgehend Wirtschaftunternehmen, die keinen Bildungsauftrag haben) sondern vor allem die Eltern und die Schulen. Ich teile im übrigen Deine Skepsis betreffend die Effektivität beider Instanzen, denke aber, wir kämen bei Lösungsansätzen zu beiden Problemkreisen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Sache mit den „kulturellen Totalausfällen“ um die wir uns kümmern müssen, ist m.E. eher ein Schichtspezifisches Problem als eines der Herkunft. Mir scheint, Du denkst, daß der Ausländeranteil in den bildungsfernen Schichten besonders groß ist, was nur in Teilen richtig ist. Da Du indes kaum alle „bildungsfernen“ Ausländer einfach rauswerfen kannst und gebildete Ausländer brauchst (wegen der Überalterung der Bevölkerung – dazu gleich mehr), drängt sich die Lösung des Problems insoweit wohl auf…
Ich sehe die Entwicklung unserer „Tugenden“ im übrigen nicht so brutal negativ wie Du, darf mir aber die Bemerkung erlauben, daß sich solche Qualitäten wie Zuverlässigkeit, Familienzusammenhalt, Hilfsbereitschaft und Respekt vor tradierten Werten ziemlich häufig gerade in solchen Umfeldern finden lassen, die Du hier wohl eher weniger gerne siehst. Um es mal ganz klar zu sagen: der durchschnittliche „orientalische“ Mann dürfte – auf den Wertekanon reduziert – einen guten CDU/CSU – Wähler abgeben.
Vielleicht straft mich die Zukunft Lügen, aber ich denke, bevor sich unser Verständnis von Gleichberechtigung wieder in Richtung Mittelalter entwickelt, haben wir einen anatolisch-stämmigen Gleichstellungsbeauftragten. Sicher werden sich die verschiedenen Kulturen hier vermischen und wechselseitig beeinflussen, aber ein „verkorkstes Durcheinander“ erwarte ich nicht. Du scheinst zu glauben, es gäbe so etwas wie eine uralte „unvermischte“ deutsche Wertekultur, welche gerade dabei ist, den Bach runter zu gehen. Was das letztere angeht, bin ich optimistischer als Du, aber die erste Annahme ist historisch einfach falsch.
Eigentlich willst Du einfach nur nicht gestört werden, habe ich Deinen weiteren Ausführungen entnommen. Na gut – Schächten ist in weiten Teilen mit dem deutschen Tierschutzrecht unvereinbar, und ein Einhalten der hiesigen Gesetze darf sicherlich von jedem erwartet werden, aber ich glaube zu wissen, was Du meinst. Obwohl ich Christ bin, geht mir das Geläute von Kirchenglocken manchmal auch auf den Sack – und Frohnleichnamsprozessionen erst… und nun?
Der Hinweis auf Deine Apothekerin sagt mir, daß Du Integration an guten sprachlichen Fähigkeiten, Höflichkeit und Freundlichkeit festmachst. Kann ich mit leben, würde aber sogar ein wenig mehr dafür verlangen. Das Problem ist: ich kenne leider nur so verdammt wenig in Deutschland integrierte Deutsche. Wenn es nach mir ginge, dürfte auch nur jeder wählen gehen, der mir den Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme erklären kann. Was ich damit meine: Das ist erneut ein Bildungsproblem (und keines der Herkunft) und Bildung ist (s.o.) eine Aufgabe für Familie und „Staat“. Integrieren kann sich nur jemand, der diese Parameter beigebracht bekommt – von alleine hat weder ein Deutscher noch ein Ausländer diese. Ich finde es allerding komisch, zu glauben, von einem Deutschen müßten wir solche Sachen wie: vernünftige Sprachkenntnisse, eine Grundidee unserer Verfassungsordnung, eine gewisse Breitenbildung usw. nicht verlangen, weil er ja Deutscher ist, ein Ausländer müsse dies alles aber an den Tag legen, um hier auch nur existieren zu dürfen. So wirst Du den von Dir befürchteten „Absturz“ unseres Landes nicht verhindern.
Hmm – also Deine Ausführungen zu „Jede, die rein will“ offenbart gewisse Schwächen im Asyl- und Ausländerrecht. Mal versucht, in den USA ne Greencard zu bekommen? Eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu erhalten ist deutlich schwerer. Die Asylanten, von denen Du redest, sind in der BRD eine derart verschwindend kleine Gruppe, daß sie für die von Dir geschilderten Probleme (so sie überhaupt derart bestehen) kaum verantwortlich sein können. Darüber hinaus sind Deine Äußerungen zu den Asylkriterien leider falsch. Wenn jemand übrigens wirklich droht, wegen seiner politischen Einstellung in seinem Land schwere Nachteile zu erleiden, dann finde ich seine Aufnahme in unserem Land eine Ehrensache..
All Deine Ideen zur Förderung der Geburtenrate in Ehren (die meisten halte ich generell für gut, wenn auch teils für undurchführbar), es ist indes weitgehend anerkannt, daß auch die Umsetzung sämtlicher „geburtsfreundlicher“ Konzepte es nicht vermögen wird, den Bevölkerungsstand dieses Landes zu sichern. Eigentlich bestreitet niemand ernsthaft, daß wir Zuwanderung brauchen (das hat sogar die CDU „schon“ gerafft).
Was das „Deutschland verrecke“ – Shirt angeht: so häufig habe ich das noch nicht gesehen, daß ich ein gesamtdeutsches Schämen für die eigene Nationalität erkennen könnte.. Die vielen Deutschland-Flaggen bei der letzten Fußball-WM schienen mir auch nicht gerade auf nationale Minderwertigkeitskomplexe in großem Ausmaß zu deuten.
Deine Demokratie-Kritik ist keine systemische: Du haderst offenbar eher mit der realen Umsetzung eines Systems, dessen Grundzüge Blum gerade mitgestaltet hat. Korruption ist bei uns ein eher geringes Problem (wenn auch vorhanden). Vetternwirtschaft läßt sich (leider) kaum abstellen. Ist einfach zu menschlich, daß man „Freunden“ eher einen Gefallen tut als Fremden – so bedauerlich es ist. Und ich bin mir auch noch nicht sicher, wie mein Wahlzettel am 09.05. aussehen wird…
Zu dem Sittenverfall der 14-jährigen Mädels: Frag mal nen konservativen Türken, wie sich seine Schwester/Tochter bitte zu verhalten habe.. Ihr wäret Euch schnell einig, glaube ich. Wie gesagt – bei dem Bildungsproblem bin ich bei Dir – ist ein schwieriges Thema, insoweit wäre eine etwas differenzierte Sichtweise hilfreich.
Zuletzt: Du glaubst doch nicht wirklich, daß sich der Hochschulapparat nur mit Deinen Studiengebühren finanziert, oder? Wenn ich mir ferner die Bemerkung erlauben darf: Wenn die Unis heute nicht einmal mehr die Fähigkeit zu differenzierter Meinungsbildung vermitteln, machen sie wohl auch keinen sehr guten Job mehr..
Und Du würdest Dich sicher bemühen, Dich in einem fremden Land angenehm angepasst zu verhalten – ich wäre mal gespannt darauf, ob Dir das z.B. in Japan auch gelingen würde.. denn auf so etwas hat Dich deine Mutter wahrscheinlich auch nicht vorbereitet. Soll heißen: Du kannst Dich auch nur in einem Dir „nahen“ kulturellen Umfeld „gut“ benehmen – alles andere ist ein extrem langwieriger Lernprozeß.
Sorry für den vielen Text.
Expect nothing..