von dobermann » 25.09.2003 14:19
''Benimm-Unterricht'': Gehirnwäsche für Schüler in Bremen
Es klingt wie ein Kapitel aus George Orwells "1984" - doch was ab kommenden Donnerstag in Bremen geschehen wird, ist keine düstere Zukunfts-Vision, sondern wird demnächst schon traurige Wirklichkeit. Unter dem harmlos klingenden Kürzel "UBV" soll ein neues Schulfach eingeführt werden, mit dem "korrektes" Benehmen und staatlich vorgeschriebenes Wohlverhalten gelehrt werden soll: "Umgang, Benehmen, Verhalten". Doch nicht etwa die Lehrer (die oftmals bereits kleine Kinder in rüdem autoritären Tonfall dumm von der Seite anmachen, oder ihre Schüler gar respektlos duzen...) sollen "Respekt", "Benimm" und "Höflichkeit" beigebracht bekommen - sondern allein und ausschließlich die Schüler!
Ihnen sollen von nun an die Flötentöne des "korrekten Benehmens" per Schulunterricht beigebracht werden. Und da es in Bremen - wie überall in Deutschland - leider immer noch eine gesetzliche Schulpflicht gibt, sind die Schüler gezwungen, sich dieser entwürdigenden Prozedur zu unterziehen, ob sie es nun wollen oder nicht. Wer sich dennoch als resistent gegenüber dem staatlichen Umerziehungs-Programm erweist, und sich weiter so verhält, wie es seiner eigenen Natur und Persönlichkeit entspricht - wird mit schlechten Noten bestraft, muß die Klasse womöglich sogar wiederholen. Mit dieser Art von Psycho-Terror soll der natürliche Widerstand der Kinder gegen das Schul-System, die Schulpflicht und die damit verbundene unbezahlte Kinder-Zwangsarbeit gebrochen werden.
Auf dem Lehrplan der "ersten Unterrichtseinheit" in UBV stehen so spannende Lektionen wie z.B. "Grüßen" und "Türaufhalten". Später sollen die jungen Menschen dann in einem Aufbau-Studiengang in Rollenspielen "Anklopfen" lernen, "bitte und danke sagen" oder wie "man" seinen Lehrer "richtig anzusprechen hat". - Sitz, Lauf, Platz, Fass! Fehlt eigentlich nur noch Schwanzwedeln, Stöckchenholen und Männchenmachen - und die Kinder können vielleicht auch bald schon eine Prüfung als Polizeihund ablegen...
Die Kinder sollen so "spielerisch" bereits möglichst frühzeitig erlernen, "worauf es im Leben ankommt", sprich: wie man sich willkürlich vorgesetzten Autoritäten und seinen Unterdrückern gegenüber im zukünftigen Leben "richtig" zu verhalten hat. Für die fünfte Klasse des Schulzentrums an der Flämischen Straße in Bremen wird "UBV" ab sofort Pflichtfach - schon am kommenden Donnerstag ist es soweit. Dann soll aus einem bunten Haufen unschuldiger Kinderseelen per Gehirnwäsche eine Armee gleichgeschalteter Einheits-Menschen gemacht werden. Der Direktor des Schulzentrums, Karl Witte, ist deshalb schon ganz aus dem Häuschen vor Freude - schließlich entstammt das neue Horror-Fach den Tiefen seiner eigenen Gehirnwindungen: "Ich hatte schon länger die Idee, einen Katalog an Grundregeln zu haben. Die Schüler müssen Benehmen lernen wie binomische Formeln!", frohlockt Rektor Witte begeistert.
Wittes Idee war es auch, an alle Fünftkläßler zu Beginn des neuen Schuljahres mit der Post schriftliche Verhaltensbefehle zu verschicken. Darin heißt es u.a.: "Punkt 1: Wir beginnen die Stunde pünktlich. Punkt 2: Der Unterricht beginnt mit einer Begrüßung. Punkt 3: Wir hören zu, was andere sagen. Punkt 4: Wir benutzen keine Schimpfwörter". So sollen die jungen Menschen bereits im Kindesalter zu perfekt funktionierenden Untertanen und Arbeitsmaschinen konditioniert werden, die der ihnen willkürlich vorgesetzten Obrigkeit "Respekt" gegenüber bringen und "zuhören" müssen, gefälligst "pünktlich" mit der ihnen von "oben" diktierten Arbeit zu beginnen haben - und schließlich noch nicht einmal einfache "Schimpfwörter" gebrauchen dürfen, um auch nur verbal ihrem Unmut über all das Ausdruck zu verleihen.
Kein Wunder, daß die Bremer Schulbehörde das neue Umerziehungs-Programm sogleich willig absegnete und wie selbstverständlich offiziell als neues Schulfach genehmigte. Hatte doch auch der SPD-Bildungssenator Willi Lemke erst kürzlich mehr "Disziplin" an den Schulen gefordert. Die Schüler brauchten endlich "mehr Regeln und Grenzen" - und zwar nicht nur was ihr Verhalten, sondern natürlich auch, was ihr Aussehen betreffe. Bauchfreie Klamotten will der rote Senator ebenso wenig an Schulen sehen wie kurze Röcke oder gar Piercings: "Im Klassenzimmer sollen sich die Mädchen ordentlich anziehen!". Und was "ordentliche Mädchen" sind und was nicht, bestimmt natürlich der Staat...
Oder eben Autoritätspinsel wie Rektor Witte. Er läßt es sich selbstverständlich auch nicht nehmen, das von ihm ersonnene Umerziehungs-Fach gleich selbst zu unterrichten und die Kinder höchstpersönlich abzurichten - denn er ist ja schließlich der Chef an der Schule, und: "Als Rektor habe ich natürlich Autorität", wie er zynisch bemerkt. Und mit dieser will er die kleinen Kinder nun gefügig machen und ihr Verhalten und sogar ihre Charaktereigenschaften seinen ganz persönlichen, pogo-rassistischen Wertevorstellungen anpassen: "Wir brauchen wieder die Werte Fleiß, Pünktlichkeit, Respekt und Höflichkeit!", so seine rein private Meinung - die nun aber ab sofort per Dekret als Standard für alle zu gelten hat!
Und wenn die Kinder gar nicht "fleißig", "pünktlich" und "höflich" sein wollen, weil sie vielleicht einer ganz anderen Pogo-Rasse angehören als er,... und wenn sie sich trotz seiner "Autorität" partout nicht von ihm gleichschalten und umerziehen lassen? Für Rektor Witte ist das gar kein Thema: "Wir werden es so lange trainieren, bis es klappt!" Von unterschiedlichen Pogo-Rassen und den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Pogo-Rassismus hat der gelernte Sport- und Erdkundelehrer wohl noch nie etwas gehört...
In einer ersten Stellungnahme hat die APPD den SchülerInnen in Bremen ihre Uneingeschränkte Solidarität im Kampf gegen UBV versichert, und sie zum aktiven Widerstand gegen diese neuerlichen Wahnsinnspläne des Systems aufgerufen.