Tätowierungen und der Islam

Allgemeines zum Thema Tattoo

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Tätowierungen und der Islam

Beitragvon colouredmanu » 30.09.2006 9:25

Hallo.

Mir ist beim genaueren überlegen aufgefallen, das ich keinen Tätowierer im Kopf habe, der Moslem ist.
Auch kenne ich hier keinen User, der mir als Moslem/Muslime, bekannt ist.
Es befindet sich in meiner Firma ein Mädchen, welches eigentlich gern ein Tattoo haben würde.
Ihr Mann/Freund jedoch ist dagegen und somit ist das Thema vom Tisch.
Eine Entscheidung, die ich hier nicht diskutieren möchte.

Die Frage nach dem "Warum" interessiert mich eigentlich mehr.
Begründen tut sie es aber nicht direkt.

Ich habe in der Schule den Koran gelesen und glaube mich zu erinnern, das "fremde" Male an einem Körper dafür sorgen das man nicht zu Allah (in den Himmel ?) darf.
Weiss das aber nicht mehr ganz genau, ist gute 10 Jahre her...

Was wisst Ihr darüber ?
Ist hier jemand dieser Religion angehörig ?

Ich kenne nämlich auch türkische junge Männer mit Tätowierungen.
Und diese sind definitiv gläubig !
Auch Islamistengruppen im TV haben oftmals Tätowierungen.

Wichtig:
Bitte nicht über Sinn und Unsinn einer Religion philosophieren, in- oder direkt andere diskriminieren, etc.
Ich will keine politische (oder anderweitig nicht in ein Tattooforum gehörende) Diskussion entfachen, sondern einfach nur mal wissen wie es mit Tattoos im Islam aussieht.


Ich freue mich auf Beiträge.
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Beitragvon chiavediviolino » 30.09.2006 10:34

guten morgen!
auf deine frage hab ich eigentlich nicht wirklich eine antwort, weil ich nicht viel vom islam weiß und vor allem wie es mit "fremden malen" am körper aussieht.
ich kenn aber zumindest einen türken, der in der türkei lebt und dem islam angehört (ob er sehr gläubig ist weiß ich nicht...) und tättowiert ist.
was ich auch weiß: in der türkei wird es mit der religion nicht so extrem gehandhabt wie in anderen ländern (vom staat aus). es ist zum beispiel frauen verboten sich an öffentlich orten zu verschleiern!!!
also falls irgendein verbot in diese richtung im koran steht, könnte es auch sein dass es die türken nicht soo ernst nehmen, aber wirklich wissen tu ichs auch nicht...

lg
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Beitragvon yassi » 30.09.2006 10:38

fettnäpfchenalarm ;) "islamisten" sind vertreter des islamischen fundamentalismus. "muslime" oder "moslems" sind anhänger des islam. ich nehme mal an wir reden hier nicht von islamisten sondern von muslimen.

so, und nun mal zum thema tätowierungen & islam:

soweit ich weiß gibt es im koran selbst keine sure, die tätowierungen verbietet. allerdings ist der koran nicht die einzige grundlage des islam. hadithe (= überlieferungen über den propheten mohammed, also aussprüche, anweisungen, handlungen,...) werden in ihrer gesamtheit "sunna" genannt, und koran und sunna bilden die grundlage für religiöse gesetze im islam.

soweit ich weiß gibt es 2 hadithe, die sich auf tätowierungen beziehen, sie lauten:

Allah verfluche diejenigen Frauen, die andere Frauen tätowieren, sich tätowieren lassen, ihre Augenbrauen entfernen, ihre Zähne abfeilen lassen, um deren Zwischenräume kosmetisch zu vergrößern, und dadurch Allahs Schöpfung zu ändern* pflegen!


und:

Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: Der Prophet (a.s.s) sagte: "Der böse Blick ist wahr!",und daß er die Tätowierung verbot

(link zu onlinequelle & langer fassung)

daraus lässt sich schließen, dass tattoos im islam als "haram", also verboten, gelten, da der mensch von gott geschafen wurde wie er ist, und keinerlei recht hat sein aussehen derart drastisch zu ändern.

wobei das sicher nicht von allen gleich ausgelegt wird. ein problem des islam ist ja, dass es - im gegensatz zu z.b. der katholischen kirche - kein allgemeines oberhaupt und keine allgemein gültige lehrmeinung/interpretation von koran und und sunna gibt und das alles doch ziemlich viel interpretationsspielraum lässt. und selbst eigentlich eindeutig formulierte dinge werden oft ignoriert.

so lautet z.b. ein hadith "bildung ist pflicht für jeden muslim - mann oder frau" und dennoch wurde unter den ach so religiösen taliban (was auf deutsch übrigens "studenten" heißt) mädchen der schulbesuch verboten.

ein problem dabei ist sicher, dass die meisten muslime arabisch nicht als muttersprache haben und es oft gar nicht beherrschen. der koran muss allerdings auf arabisch auswendig gelernt werden. ich habe das bei einer türkischen freundin von mir miterlebt, sie hatte keine ahnung was da eigentlich drinnensteht und hat einfach mal glauben müssen, was ihr ihr vater/der vorbeter der moschee/... erzählen, dass à la islam sittsam & richtig ist. solche "nebensächlichkeiten" wie ein verbot der zwangsheirat, das verbot weiblicher beschneidung, das nicht vorhandene kopftuchgebot,... werden dann mal gerne unter den tisch fallen gelassen. :roll:

daher kann ich mir auch vorstellen, dass z.b. türkische junge männer denken, dass tattoos und islam okay sind. natürlich bezeichnen sie sich als gläubig, wirklich mit dem islam auseinandergesetzt haben sich aber die wenigsten. man nimmt halt für bare münze, was der vorbeter in der moschee auf türkisch sagt (weil arabisch kann man ja nicht) und was papa und opa so von sich geben.

disclaimer: alles da oben ist meine 100% subjektive meinung ;)
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Beitragvon colouredmanu » 30.09.2006 10:41

Editiert und Danke erstmal für Eure Antworten.

Yassi, Dein Text deckt sich mit dem Eindruck den ich habe.
Religion ist im weitesten Sinne ja Auslegungssache.

Nur wenn ich die beiden, von Dir eingefügten, Zitate betrachte steht da für mich schon das Tätowierungen (speziell auch auf Frauen) nicht erwünscht oder gar verboten sind.

Ist es menschlich gesehen denn nicht fast heuchlerisch sich gläubig zu nennen, aber Ausnahmen nach Belieben zu machen ?
Unabhängig nun von einer Religion, aber wenn ich etwas nicht zu 100 % unterstützen kann - dann lass ichs.
Vielleicht ist das auch Erziehungssache und Unwissen, wie Du schon schreibst.

Ich denke das wir/ich auch ganz andere Ansichten haben.
Mir persönlich bedeutet die Kirche, der Papst, etc. rein gar nichts.

Kennt ihr denn Tätowierer/innen die Moslems/Muslime sind ?
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Beitragvon yassi » 30.09.2006 11:11

spontan würde ich sagen - unwissenheit.

tja, ich denke, dass sich viele einfach als muslime bezeichnen, weil sie probleme in der familie kriegen würden wenn sie's nicht tun. dass da wirklich jemand koran & sunna zu rate zieht bevor er sich ein tattoo zulegt - wohl eher nicht. die meisten muslime die ich kenne halten irgendeine abstruse mischung aus alten türkischen bräuchen & einem hauch koran für den wahren islam. tiefer gehende auseinandersetzung mit koran, sunna und "bilde dir eine eigene meinung dazu" findet nicht statt. sicher auch, da der islam in vielem freier und toleranter ist als die traditionen aus dieser ecke der welt.

selbst erlebtes beispiel: für eine türkische freundin wurde von den eltern die hochzeit arrangiert. sie konnte den typen nicht leiden, weigerte sich ihn zu heiraten, suchte sich selber einen freund, zog mit dem zusammen und heiratete später ihn. laut islam total okay. laut türkischer tradition unvorstellbar - und in streng traditionell lebenden familien durchaus als grund für einen so genannten ehrenmord ausreichend.

[edit: ihr vater meinte dazu dann nur "erzähl bloß nicht deinen großeltern, dass ihr nicht verheiratet seid und zusammen lebt - die trifft der herzschlag". inzwischen haben die beiden sich getrennt, sie lebt ganz alleine und hat nach wie vor ein gutes verhältnis zu ihren eltern - die das alles nicht so streng sehen.]

ich denke die mangelnde auseinandersetzung mit dem islam kommt vor allem daher, dass die jugendlichen aus derartig traditionell lebenden familien sowieso keine wahl haben als sich an die traditionen anzupassen. auch wenn der islam was anderes sagt. schickt sich nicht, was sollen bloß die nachbarn denken, du bringst schande über uns. ende der diskussion.

wozu sich also mit etwas auseinandersetzen, was man sowieso nicht leben kann/darf?

disclaimer: mal wieder 100% subjektiv, das ganze ;)

kenne ich tätowierte muslime? naja, kennen ist übertrieben. es gibt da 2 freundinnen einer freundin, die sich als musliminnen bezeichnen & ein arschgeweih haben. ansonsten kenn ich zwar einige muslime und hab auch einige in meinem freundeskreis, aber so weit ich weiß is da niemand tätowiert.
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Beitragvon colouredmanu » 30.09.2006 11:17

Okay, zu Deinem Text bilde ich mir fernab des Scouts eine Meinung.
Einige Worte bringen einen zum nachdenken.
Deckt sich aber weiterhin mit den Grundgedanken, die ich eh habe.
Danke.

Im Grunde ist es echt wurscht, aber mich würde halt interessieren ob es bekannte Inker gibt ?
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Beitragvon Panda » 30.09.2006 14:04

Ich hab mal sowas mitbekommen wie "Dein Körper ist dein Tempel und so sollst du ihn auch behandeln". Tätowierungen gelten da wohl als Selbstverschandelung.

Aber so ist jeder Glaube unterschiedlich. Bei Schamanen sind Tätowierungen z.B. wiederum wichtige Elemente.
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Beitragvon vespaman » 02.10.2006 0:56

Im Ausland hab ich muslimische Türken kennengelernt (also die auch dort wohnen und keine Immigranten). Der eine war tätowiert und Alkohol haben sie auch getrunken, wenn auch in Massen.

Ich zweifle ein wenig an den Zitaten. Man sieht solche Sachen immer wieder mit Bibelzitaten in Texten von z.B. Piercing- oder RFID-Gegnern. Wenn man dann aber erfährt in welchem Zusammenhang die Zitate im Bibeltext stehen, bedeuten sie ganz was anderes oder sind z.B. nur als Regel für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe gedacht.

Ich kenne eigentlich keinen Christ der die Regeln seines Glaubens einhält, aber trotzdem viele die sich gläubig nennen. Den Grundsatz von Manu kann ich unterstützen, aber die Leute damit konfrontieren werde ich nie...würde eh zu nichts führen :lol:
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Beitragvon Ghostdog_06 » 02.10.2006 1:45

vespaman hat geschrieben: Der eine war tätowiert und Alkohol haben sie auch getrunken, wenn auch in Massen.


Meinst du jetzt Maßen oder Massen?
Das macht nämlich einen gewaltigen Unterschied.
:shock:
"»Glaube« heißt Nicht-wissen-wollen, was wahr ist." - Kapitel 52
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Beitragvon vespaman » 02.10.2006 16:19

In der Schweiz gibts kein sz sorry...ich meinte dass sie nicht viel Alk trinken.
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Beitragvon Vortarulo » 03.10.2006 3:48

Welch' interessanter Thread! =)
Interessant fand ich, was Yassi (Arafat? *g*) schreibt. Bislang wusste ich nicht, dass es außer dem Koran noch ein anderes religiöses Buch im Islam gibt... sozusagen.

Als Linguist würde mich aber mal interessieren, was im Originaltext für "tätowieren" für ein Wort steht. Das erscheint mir doch eher nach einer neumodischeren Übersetzung. Ich frag mich, wie da das arabische Verb dazu ist, vielleicht ist das ja doch nicht ganz das gleiche wie das, was wir hierzulande in Germanistan als "tätowieren" kennen.

Ich kann man den Koran zitieren, da wurde mir mal eine Textstelle angegeben, die sich auch auf das Thema beziehen soll. Sie ist allerdings längst nicht so explizit.

Der Qur'ān hat geschrieben:Sura 4 ? an-Nisā', Vers 118ff.:
118. Sie rufen neben Ihm nur Lebloses an, und sie rufen nur Satan an, den Empörer,
119. Den Allah von Sich gewiesen hat und der gesagt hatte: »Ich will wahrlich von Deinen Dienern einen bestimmten Teil nehmen;
120. Wahrlich, ich will sie irreleiten; wahrlich, ich will eitle Wünsche in ihnen erregen; wahrlich, ich will sie aufreizen, und sie werden dem Vieh die Ohren abschneiden; wahrlich, ich will sie aufreizen, und sie werden Allahs Schöpfung verunstalten.« Und wer sich Satan zum Freund nimmt statt Allah, der hat sicherlich einen offenkundigen Verlust erlitten.

(Hervorhebung von mir)

Hier steht nur "verunstalten", aber ich denke, jede bleibende Modifikation des Körpers lässt sich als "Verunstaltung" ansehen, wenn man's aus der Sicht eines streng gläubigen Muslimen sieht.

Wahrlich wahrlich, schmoren sollt ihr! :twisted:

Liebe Grüße,
- André ;)

P.S.: Huch, wieso hat's das jetzt einmal falsch gepostet? Kann mal bitte ein Admin meinen 1. Eintrag löschen, das scheint mir nicht mehr möglich zu sein. Sorry! :X
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Beitragvon ouch » 06.10.2006 13:21

Also ich kenn Libanesen, Syrer und Algerier hier in Deutschland, auch Frauen, die teilweise heftig tätowiert sind.
In Nordafrika sind z.B. die Berberfrauen traditionell auch tätowiert gewesen.
da alles glück und leid der wesen bedingtem wirken entspringt, wisse, dass die früchte des tuns und lassens unvermeidlich sind.
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Beitragvon colouredmanu » 06.10.2006 13:23

Hey ouch ! :shock: :0
Wie gehts Dir denn ?
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Beitragvon ouch » 06.10.2006 13:32

Hey Manu,
geht ganz gut, aber leider hab ich immer noch keinen eigenen Internetanschluß, deshalb les ich hier nur sporadisch mit.

In Gedanken bin ich aber immer bei euch :)
Gruß an alle die mich noch kennen!
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Beitragvon Phoenix » 06.10.2006 19:17

Jubilier!

Hey ouch, fein mal wieder von dir zu lesen.
:mrgreen:

Sorry das OT konnte ich mir nicht verkneifen!
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