@well_done:
Sieben Jahre in Niedersachsen und ich weiß, dass ich nicht nur kein Weltenbürger bin. Ich halte das für philosophischen Leichtigkeiten, die nur funktionieren solange man selber warm, gesichert und gebildet ist.
Ich sage nicht, dass Deine Argumente falsch sind. Ich sage nur, dass es gesellschaftliche Bewegung gibt und dass die Migrationsprobleme zu weiteren führen. Wenn hier Sprachbarrieren auftauchen, dem Recht zur Selbstbestimmung der Frau mit einer familiären Hilfssharia begegnet wird, man als Deutscher in best. Stadtteilen aggressiv konfrontiert wird und die "No Go Area" für die Polizei in einigen Stadtteilen zur traurigen Wahrheit gerät, wird die eigene Stellung in der Gesellschaft davon bestimmt nicht besser.
Zum Artikel. Sie bekommt nur Di. u. Do. Termine im Sozialamt für den Krankschein zum Arztbesuch. Wartezeiten in der Praxis? Freizeit mit Karate, Volley- und Basketball. Besuch in der Salsadisco. Wohnen ohne kriegerische Bedrohung, keine Versorgungsnöte. Ich vermisse die Argumente? Dass sie nicht gleich eine Arbeitsgenehmigung erhält? Frag mal auf den ARGEN nach, wieviele Leistungsempfänger im ALG-II überhaupt mit Arbeit versorgt werden können. Und dann, wieviele Asylbewerber mit Arbeitsgenehmigung eine finden.
Was heißt überhaupt Chancen in Deutschland? Gehts beim Asyl um Geld, Arbeit und Aufstieg?
@johndoe:
Schade, ich wollte gerad das Beispiel von dem iranisch Sohne (mein Mathenachhilfelehrer zu Abi-Zeiten) des Arbeitskollegen meiner Mutter bringen, der nach dem Studio des Maschinenbauing. nach einigen gut bezahlten Anstellungsverhältnissen in DE nun in den USA arbeitet. Er hat hier studiert und es kann nicht mal von wohlhabenden Eltern die Rede sein. Dann fallen mir ein palästinensischer und mehrere Hände voll türkischer Arbeitskollegen und -kolleginnen ein, die im Staatsdienst recht guten Erfolg haben (nein keine gepushten Quotenreferenzen). Überhaupt halte ich die Annahme, dass jeder studierte oder allgemein erfolgreiche Ausländer unter dem Schutzschirm wohlhabender oder min. erheblich gebildeter Eltern stünde, für selbstindiziert.
Bei allem Respekt. Aber das läuft doch in die falsche Richtung. Was heißt denn hier Chance auf einen guten Job? Die hat zum einen am Durchschnitt orientiert, doch kaum überhaupt irgendwer in diesem Land. Die Chance auf einen guten Job hast Du, wenn Du zufällig in einem der wenigen gefragten Ausbildungsberufe mit gutem Abschluss oder mit einem gefragten (Fach)Hochschulstudium, ebenfalls mit gutem Abschluss, unterwegs bist. Das gilt aber nun mal nicht für viele hier in diesem Land. Im Übrigen hast Du einen guten Job. Ich möchte Dich wirklich nicht provozieren. Sei nicht bös. Aber dass Du Versicherungsvertreter geworden bist, ist keine Frage Deiner Herkunft. Mit nem Abitur hättest Du eben auch studieren und Deine Karrierechancen steigern können. Die Entscheidung lag bei Dir. Aufgrund der Einkommensverhältnisse Deiner Eltern hätte Dir auch Bafög zugestanden. Und die Finanzierung eines Studiums ist heute leider für keinen mehr leicht, unabhängig von der Herkunft.
Wenn dann die Entscheidungsgrundlage für die eigene Integration nur noch ist, dass man irgendwelche virtuellen Erwartungen vom guten Job erfüllt bekommt, kann ich nur mit hilflos mit den Schultern zucken. Denn dann macht man sich zum Antriebsmotor der Abwärtsspirale. Natürlich halte ich von der Form hiesigen Kapitalismus nichts, losgelöst von einer Debatte um Integration, weil absehbar ist, dass für eine heterogene Gesellschaft für das nunmal auch unter besten Voraussetzungen vorhandene "untere Drittel" keine Jobs mehr angeboten werden, die eine Bezahlung garantieren, die überhaupt noch die Teilnahme an der Gesellschaft erlauben.
Aber klar ist auch, dass die Gesellschaft ein Stück weit doch noch für sich verantwortlich bleibt. Dass junge Menschen, die erstmal in irgendeinem "Ghetto" geboren werden, überhaupt gar kein Empfinden für Chancen haben, weil sie einfach nichts anderes kennenlernen, ist mir ja klar. Und dass ein Asylbegehrender aus Afghanisten weder etwas lustiges hinter sich hat, geschweige denn eine Mitteleuropa entsprechende Sozialisierung überhaupt mitbringen kann, liegt auch auf der Hand. Aber ehrlich gesagt entbinden alle diese Argumente in meinen Augen nicht von auf der Hand liegenden Erkenntnissen. Nämlich, dass mich das Erlernen/Beherrschen einer Sprache auch schützt. Wer versteht, kann sich wehren. Wer versteht, kann sich engagieren. Wer versteht, wir nicht von Vermietern, Verkäufern oder Ämtern über die Latte gezogen. Wer versteht hat die Grundlage zur Integration.
Das sind doch alles gesellschaftliche Prozesse. Und die können in zwei Richtungen laufen. Die angeblich medial indiziere Debatte, die ich eher für ein normales gesellschaftliches Phänomen halte (ja, Rassismus und Feindbildmechanismen sind jedem Volk zu eigen und dienten schon immer in schlechten Zeiten), wird ja nicht besser indem man die Chancenungleichheit beschwört, sich darauf nett bettet und gegen den Baum läuft. Weil damit bestätigt man jedes Klischee.
Und die Sache mit der Rente Deiner Mutter tut mir ja leid. Aber glaubste, das gilt für Deutsche Mütter anders? Meinste die kriegen als Deutsche per se mehr Rente? Hat irgendwer die Diskussionen um Altersarmut verpasst? Die Zeiten der wilmersdorfer Witwe sind vorbei.
Natürlich sind das gesellschaftliche Strukturen. Die unterliegen einer Entwicklung. Natürlich ist man nicht integriert, weil man Deutsch spricht und sich vielleicht auch so benimmt. Aber man ist mit Sicherheit nicht besser integriert oder leistet einer solchen Vorschub, weil man mit dieser Begründung darauf verzichtet. Sondern man bestätigt übliche Klischees.
Unterhalte Dich mal mit Leuten die nach Norwegen gehen und dort Arbeit aufnehmen. Du bist in mehrsprachigen, teils Deutschen Teams. Du bist selber dafür verantwortlich, die Sprache zu lernen, den Kontakt aufzunehmen und einen gewissen Habitus anzunehmen um für die Leute zugänglich zu sein. Machst Du das nicht, isolierst Du Dich selber. Es kommt niemand über die Begrüssung hinaus jeden Tag klingeln, bringt Dir die Sprache und Gepflogenheiten bei und richtet dich auf, damit Du auch mitspielst.
Es kann doch nicht Chancenlosigkeit als Begründung für mangelndes Integrationsbestreben angeführt werden.
Das alles funktioniert in keinem Land dieser Erde anders. Alle Menschen ticken gleich.
Ach übrigens, natürlich dürfen Asylanten mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel hier arbeiten. Beispielsweise hat die Mehrzahl der Flüchtlinge aus dem Libanon eine Arbeitserlaubnis in Deutschland. Viele davon sprechen nicht schlecht Deutsch, einige haben eine Ausbildung aufgenommen und auch beendet.
Na klar meldest Du Dich berechtigt zu Wort. Bislang hat hier jeder vermiedern zu schreiben, was er überhaupt unter nem "Ausländer" versteht und man kann hier natürlich Klischees verorten und Bange sein, dass man mit in irgendeinen Sack gestopft wird.
Wenn ich es richtig verstanden habe, kommst Du aus einer Familie, deren erste Generation hier als sog.
Gastarbeiter (der WIKI-Artikel ist im Übrigen sachlich und ziemlich gut) hergekommen ist. Die vielberufene Arbeitskräftemangel zum Anbruch der Gastarbeiterzeit war ja letztlich keiner. Man brauchte lediglich günstige Arbeitskräfte. Es war auch kein Deutscher Ruf nach Arbeitskräften, sondern das Anliegen der Staaten aus denen dann Gastarbeiter kamen. Das Rotationsverfahren und die zeitliche Begrenzung wurde letztlich aufgehoben, nicht zuletzt aufgrund der sozialen Betrachtung von Familien, deren Kinder hier aufgewachsen sind. Die
Einbürgerung für Gastarbeitergenerationen ist insgesamt erleichtert.
Die Jugendlichen, die aus diesen Generationen stammen, haben letztlich keine anderen Probleme als Deutsche Jugendliche aus ärmeren Schichten (gleich ruft einer, dass es keine Unterschicht gibt). Aber sie fallen natürlich mehr auf.
Dazu kommen fast schon als Generation zu bezeichnende Migranten aus Asylhintergrund mit Aufenthaltstitel. Hier treten zu den Problemen der jugendlichen Generationen die Integrationsprobleme der Eltern hinzu. Neben einer gesellschaftlichen Debatte und Angst vor religiösem Extremismus, sind hier tatsächlich religiös-sozial-gesellschaftliche Problemfelder zu verzeichnen. Und die sind nicht (nur) medienindizierte Gesellschaftsängste, die sind in den Großstädten sicht- und spürbar. Neben der Verschleierungsfrage (mit allen anhängigen Diskussionen um die Frage der Gleichberechtigung und freien Selbstbestimmung der Frau) steht hier eine nunmal nicht von der Hand zu weisenden Kriminalitätsstatistik und eine für Deutsche spürbaren Intoleranz offen.
Und dazu gebe ich ein paar Beispiele. Was Herr Rechtsanwalt Buddha_Eyes als Angst vor etwas dominanteren Männchen abtut sind in der Realität sowohl in Brennpunktbezirken aber auch im anderen Stadtgebiet durchaus alltägliche Problemchen, bei denen jedoch Deutsche schlicht aggressiv, teils mit Gewalt konfrontiert werden. Parkplatzstreitigkeiten, versehentliche Kollision im Fußgängerverkehr, die beliebte "Was guckst Du?"-Auseinandersetzung (die nicht lustiger wird, weil sie irgendein Fernsehdepp persifliert) und andere Gegebenheiten, die sich unter normalen Voraussetzungen entweder mit nem "Tschuldigung" oder sinnloser, etwas lauteren Drei-Worte-Wechsel haben (nicht) regeln lassen. Das mündet mittlerweile in offen angebotener Gewalt, körperlicher Bedrängung (was per Def. auch Gewalt ist) oder eben auch der Durchsetzung selbiger.
Schwadronierende Halbstarke hatten wir zu jeder gesellschaftlichen Zeit. Aber die waren Teil einer Masse X von Jugendlichen. Man musste sich schon bemühen um hier Berührung zu haben. Bei türkischen und arabischen Jugendlichen kommt ein massiertes Auftreten hinzu (was kein Klischee ist). Es sind sowohl mehrköpfige Gruppen unterwegs, als auch viele Gruppen. Natürlich ist das der Bildung von Wohnregionen zuzuschreiben und die gesellschaftlichen Hintergründe sind auch unbestritten. Aber das entbindet nicht von der Betrachtung der Tatsachen. Ein Spaziergang in Kreuzberg, Bremerhaven oder einer anderen Großstadt führt nicht an der richtigen, sondern mittlerweile an vielen Stellen zum Gehwegslalom. Da wird bewusst jedem der sichtlich nicht zur eigenen Bevölkerungsgruppe gehört, Stärke demonstriert. Mir ist die Genese dieser Probleme nicht egal, aber mir ist auch nicht egal, dass wir davon betroffen sind. Ich habe auch, so wie viele andere die das Formulieren, das Recht zu sagen, das kotzt mich einfach an. Die Erklärung dieser Probleme macht es nicht besser.
Natürlich, der Klügere gibt nach. Und man spart sich sein Sprüchlein an vielen Stellen, weil es nichts bewirkt oder allenfalls eine körperliche Auseinandersetzung nach sich ziehen kann. Aber hey, darf ich als Deutscher bitte ein schlechtes Gefühl haben, wenn ich in dem Land indem mich die Genetik per Zufall nunmal reingeworfen hat, nicht mal mehr sagen kann, "Könnt Ihr mal bitte n bisschen Platz machen, Ihr müsst doch hier nicht n kompletten Fußweg blockieren"?
Im letzten Absatz hab ich bewusst die Formulierung "in meinem Land" umschifft. Warum eigentlich? Weil man keinen normalen Sprachgebrauch mehr pflegen kann, ohne dass man mit Plattitüden totgeschlagen wird. Plattitüden wie, "was istn hier Deins" oder "kann man ein Land besitzten" oder "ist das DEIN Deutschland"? Ne, ich bin hier geboren und aufgewachsen. So wie Du. Ich hab hier andere Zeiten kennengelernt. Ich bin '68 geboren und hab schon in der Grundschule mit den Kindern der ersten Gastarbeiter gespielt. In den drauf folgenden Jahren war es nicht anders.
Zustände wie sie jetzt herrschen, waren einfach nicht gegeben. Klar gab es so Spacken wie die TBW (Terrorbande Wutzkiallee

) und auch im SO36 hier und da n paar Jugendliche, die sich versammelt und wichtig gemacht haben. Die auch nicht zu unterschätzen waren. Es gab auch vor dem Jahr 2000 in Kreuzberg und Neukölln sehr viele Ausländern, eine subjektiven Sichtung nach mehr als Deutsche. Ich bezweifle aber, dass das einer demografischen Sichtung Stand hält. Aber ich konnte mich um meinen Parkplatz streiten ohne auf die Fresse zu bekommen, bzw. Gewaltandrohungen zu erhalten. Wenn man sich ma aufm Bürgersteig angerempelt hat, hob man sich gegenseitig den Kram auf oder sachte wenigstens "Tschuldigung" und man konnte sich beim Bahnfahren umsehen ohne sofort Zielscheibe verblödeter Oberaggresivos zu werden. Meine erste Ehefrau hingegen (blonde Halbspanierin) war von unserer Keuzbergzeit nicht sehr angetan. Es gab keine Woche wo sie nicht von "Ausländern" regelrecht belästigt wurde. Und Belästigung fängt in der Art der Ansprache an, geht da weiter wo ein klares "Nein" nicht mehr reicht und mehrfach nachgeiert wird, geht darüber, dass man mit dem Auto hinterherfährt, an der Ampel reingockelt, Sprüche macht und endete nicht selten auch darin, dass abgewiesenene ("dominantere Männchen") mit Worten hantieren wie "(Deutsche) Schlampe". Für eine Frau deren Mutter spanische Gastarbeiteren ist, ein besonders delikater Umstand. Es gibt Menschen die fühlen sich dadurch nicht nur belästigt, sondern auch bedroht. Und dabei spielt für mich überhaupt nicht das Aussehen eine Rolle. Ich glaube nicht, dass man so etwas in Kauf nehmen muss, nur weil man blond ist, Highheels und Mini trägt.
Heute läuft die Nummer da nochmal ein paar Windstärken steiler.
Dann hörts nämlich auf, dass ich mich da wo ich geboren und aufgewachsen bin und von dem ich eine erfahrene und doch recht friedliche Vorstellung habe, frei bewegen kann.
Und wenn mir dann einer kommt mit "aber" und "Chancen", "Assimilation", "Isolation", bekomme ich ne leichte Bürste. Trotz Reflektion der gesellschaftlichen Entwicklung.
Denn die Chancen werden weder mit Sprachbarrieren noch mit Gebahren das hier so gar nicht her passt, besser.
Wo führt denn die Diskussion in Wirklichkeit hin? Die typische Deutsche Frage ist in Wirklichkeit, wer sich hier nich benehmen kann, soll die Kurve kratzen. Nicht selten steht dahinter die Forderung, dass am besten die meisten gehen können. Klingt nicht schön, ist aber so. Geht natürlich so nicht. Eine nicht kleine Zahl ist staatenlos und hier den größten Teil ihres Lebens aufgewachsene oder gar geborene Jugendliche kann man eben auch nicht einfach so ausweisen, weil ein anderer Teil ihrer eigenen Bevölkerungsgruppe auskekst.
Die politische und mediale Reaktion ist darauf, dass das "Ausländerecht" diskutiert wird.
Einerseits ist das eine typische politische Eigenschaft. Wo sehen wir überhaupt, dass nicht legislaturperiodenhaft an den Symptomen erfolglos rumgeschraubt wird, sondern nachhaltig an den Grundlagen gearbeitet? Eigentlich nirgendwo. Ist ja auch blöd, weil dann könnte man nach vier Jahren Regierungszeit den Deppen am Hebel nicht vorwerfen, dass sie versagt haben. Gesellschaftliche Maßnahmen funktionieren aber nicht nach dem Kalender der Legislaturperioden. Was in zwei Jahrenzehnten eingerissen ist, lässt sich nicht in vier Jahren korrigieren.
Andererseits wäre auch mit Betrachtung und ernsthaftem Lösungsversuch an den zeitlosen Fragen wie Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik eine Lösung für alle Rechtsfragen um das Recht von Asyl, Einwanderung und Einbürgerung unvermeidbar. Wer "A sagt, muss auch B sagen". Das unehrliche Geschwurbel von Politik und Gesellschaft ist kaum ertragbar. Worum geht es denn, wenn die Einbürgerung nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen soll? Letztlich ist das nur ein Stück laminiertes Papier. Verhalten und Probleme ändern sich für die Nichteingebürgerten nicht. Also gehts letztlich darum, die Leute am Ende abzuschieben. Das spricht nur keiner offen aus.
Dann fällt hier die Kombination "nur Assimilation". Tja. Nur. Verschmelzung sozusagen. Und das trifft es dann auch schon. Keiner erwartet absolute Selbstaufgabe. Ich denke mal, dass das ohnenhin nicht Dich betrifft, JohnDoe. Aber was meinst Du denn überhaupt mit "nur"? Berlin hat eine Tradition der Moscheen. Es gibt nen Eimer voll Kulturvereine. Es wurden keine Barrieren erzeugt, sich "typische" Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen, es gibt Koranschulen und so weiter. Die paar wirklich offensiven Einwendungsversuche Deutscher gegen diese Strukturen kann man abzählen. Und selbst gegen eine traditionelle Familienlehre wendet keiner etwas ein. Wenn jemand strengere Maßstäbe an Sohn oder Tochter in der Erziehung weitergibt, dann ist das absolut legitim. Solange er versteht, dass das Nachleben dieser Werte freiwilliger Natur in Deutschland ist.
Beim Kopftuch scheiden sich dann aber, auch bei mir, schon wieder die Geister. Religionsfreiheit klingt ja gut. Und als Gastarbeiter Gastarbeiter waren, schien das alles tolerabel. Jetzt fragt man sich aber nicht nur im ach so intoleranten Deutschland, ob das nicht gerad ne Grenze überschreitet. Und nicht, weil der kleindenkende Deutsche Mann, der Angst hat vor aufgeklärten, selbstbewussten Ausländern (sry), sich einfach nicht an das Erscheinungsbild gewöhnen will (und selbst das wäre eine legitime gesellschaftliche Debatte), sondern weil damit auch eine Verfestigung patriachal bestimmter Einschränkungen der weiblichen Selbstbestimmung einhergeht. Die Freiwilligkeit einiger Musliminnen verdeckt nicht, dass es alltägliche Probleme mit der Teilnahme an Sportunterrichten und Klassenfahrt gibt, sowie deutliche Unterdrückung der Frauen in den Familien. Und darüber reden nicht Deutsche. Das berichten Frauen aus türkischen und arabischen Familien, auch aus höheren Bildungsständen, den man durchaus zugestehen muss, dass sie nicht nur ein schmales Sichtfeld der Selbsterfahrung haben.
Ich find Deinen Text teilweise ein wenig anmaßend. Meine Reaktion ist ähnlich gestaltet. Aber vermeintliche Bildung anzuführen und Ängste vor "aufgeklärten, selbstbewussten" Ausländern, gleichmaßen zu behaupten, dass das meiste hier Geschriebene einer eher durch Medien induzierten Stimmungsmache entspricht, weckt bei mir Begehrlichkeiten. Ich meine das folgende nicht ernst. Aber, ich hab im Laufe meines Berufslebens einige Deutsche kennengelernt, die erzählten sie wurden mehrere Male in ihrer Karriere übergangen. Und alle hatten sie schöne Erklärungen.
Und Mathematik und Empirie? Du berechnest also sachlich, stützt Dich zugleich aber auf Deine Erfahrungen. Wenn Du willst, dass man Deine Erfahrungen anerkennt, solltest anderer Leute Erfahrungen anerkennen. Dazu zählt zu akzeptieren, dass nicht alle, vielleicht sogar nur wenige, wirklich ein durch Medien induziertes Feindbild haben.
Und was Deine Schilderungen mit Mathematik zu tun haben, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Aber die reale Anwendung von Mathematik auf gesellschaftliche Fragen im eigenen Interesse halte ich für nicht ganz ungefährlich. Siehe die Verwendung der Kriminalitätsstatistik. Dann wird für viele nämlich ganz einfach.
Zu Deinem Beispiel Deines Deutschen Freundes mit russischer Freundin. In der von Dir verlinkten Information geht es um dauerhafte Übersiedlung. Die ist an Voraussetzungen geknüpft. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, warum eine zunächst als nicht wirklich dauerhafte Liebesbeziehung zu bezeichnende Verbindung zu einem Recht zur dauerhaften Übersiedlung führen sollte.
Der passende Link zur Sache wäre der hier und das finde ich ehrlich gesagt auch angemessen:
http://www.moskau.diplo.de/Vertretung/m ... rbeit.html
Es bleibt ja noch heiraten. Und das ist nicht zynisch gemeint. Aber das ist es eben wo sich die Diskussion in den Schwanz beißt. Ich sags ganz ehrlich. Was würde ne Berechtigung zu den erwünscht leichten Konditionen bedeuten. Die Frau käme hier runter, die leben ein paar Jahre zusammen, eine Arbeitserlaubnis würde sie (m.E. zu recht) nicht erhalten. Die Beziehung ist vorbei. Und dann? ALG-II? Es gibt Freizügigkeit zwischen den EU-Ländern. Darüber hinaus haben alle Staaten dieser Welt recht ähnliche Regelungen. Greencard? Lottospiel. Du darfst da im Urlaub nicht mal nach Arbeit suchen. Als Deutscher in Russland arbeiten? Nur mit Genehmigung der Behörden, einmal durchleuchten lassen und vor allem: der Arbeitgeber übernimmt die volle Kostenverantwortung für ein pot. Ausweisungsverfahren.
Das ist eben alles nicht der Sinn der Sache. Unbegrenzte Freizügigkeit erzeugt Mitnahmeeffekte. Sie würde am Arbeitsmarkt noch weitere Lohnsenkungen bedeuten, wirtschaftliche Schwache Gebiete wären ausgevölkert und Sozialleistung wären ein noch größeres Thema.