Um aus der Trauerrede meines Bruders zu zitieren:
"Nun sitz ich hier im Paradiese
mit ander'n Engeln auf der Wiese.
Man ist sich noch ein wenig fremd.
Zwei Flügel wachsen durch mein Hemd."
- Heinz Erhardt -Mammilein, du fehlst!
15 Jahre lang hat meine Mammi mit viel Zuversicht, Tapferkeit und Optimismus gegen den Krebs angekämpft. Doch letzte Woche hat sie ganz für sich alleine und im Stillen beschlossen, dass nun genug ist. Für uns alle viel zu plötzlich (wenn auch durch die lange Krankheitsgeschichte nicht ganz überraschend), ist sie friedlich eingeschlafen. Wir sind trotz aller Trauer unendlich glücklich und erleichtert, dass sie nicht lange wirklich schlimm leiden musste, denn das wollte sie nie! Ich bin froh, dass wir die letzten Tage noch sehr lustige Telefonate hatten, während ich mitten im Dschungel stand und ihr von meinem tollen Erlebnis erzählte. Der Gedanke, dass es mir gut geht, hat ihr sicherlich auch dabei geholfen loszulassen.
Gestern haben wir sie beerdigt - mit so unglaublich vielen Freunden, dass nicht alle in die Trauerhalle gepasst haben. Mit so viel Anteilnahme und Herzlichkeit, mit vielen Tränen und vielen schönen Geschichten. Ich bin mir ganz sicher, dass sie nicht ganz ohne Stolz dabei zugeguckt hat. Unsere Trauerbegleiterin sagte: "Es gibt ja den Spruch 'So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.' - und gestern schallte es sehr laut heraus." Und das wiederum bringt mir ein großes Lächeln aufs Gesicht. Und genau so, möchte ich auch in Zukunft an mein Mammilein denken - mit einem Lächeln im Gesicht. Ich bin über jedes der letzten 15 Jahre, die sie länger bei uns war, unendlich glücklich und dankbar. Wir haben noch so viele tolle Sachen zusammen erlebt, wie wir es vor 15 Jahren sicherlich nicht erwartet haben.
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Ich habe nun 10 Tage darüber nachgedacht, ob und was ich hier schreibe. Ich habe diesen Text mehr als 20 mal geändert. Von einem Einzeiler bis hin zu dieser längeren Version war alles dabei. Für manche mag das befremdlich sein, dass ich dies in einem öffentlichen Forum teile - ein Gedanke, den ich verstehen kann! Aber wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich meine Gefühle ziemlich offen auf der Zunge trage - sei es im realen Leben (etwas, was ich von meiner Mammi habe) oder eben auch in dieser virtuellen. Ich kenne hier einige User persönlich und zähle sie zu meinen Freunden, die ich nicht mehr missen möchte. Und einige haben im letzten Jahr meine Mammi anlässlich meines 40. Geburtstages kennenlernen können/dürfen. An diesem haben meine Eltern einen kleinen Vortrag dargeboten, der einen kleinen Abriss meines bisherigen Lebens darstellte. (ich muss und möchte hier kurz ausholen) Ich weiß noch, wieviel Schiß ich hatte, meinen Eltern zu beichten, dass ich mich (mit 38 ertsmalig) habe tätowieren lassen. Und nach der ersten unmittelbaren Reaktion meiner Mammi "Das ist hässlich.", hat sie schon zwei, drei Stunden später gesagt "Irgendwie ist das so, als ob es nie anders gewesen wäre." Ich war unglaublich erleichtert und froh, dass sie meine Entscheidung so schnell so gut angenommen haben - und von dem Tag an waren sie auch immer sehr interessiert, fragten mich, wann der nächste Termin sei - wünschten mir viel Spaß auf den Conventions und wollten immer alles wissen. Sie haben meine Leidenschaft aktzeptiert und geteilt - und zwar so sehr, dass sie auf meinem Geburtstag einen Teil ihres Vortrages dieser gewidmet haben:
"Und zum Schluss sei's nun erwähnt: erstmals auch in dieser Runde heißen wir willkommen,
Anke's neue Welt und Freunde rund um Tattoos und Blut, welches ist geronnen."(jaja, ich weiß... das mit dem Versmaß und so ist manchmal nicht ganz einfach

)
Und deswegen wollte ich das mit euch teilen.
