Heute entscheidet ein Richter, ob man meinen Großvater töten wird oder nicht...
Meine Familie und ich sind an den Grenzen unserer Kräfte...
Am 15.7. kam mein Großvater überraschend ins Krankenhaus. Er hatte hohes Fieber und fast 500 Zucker, sowie einen Natriumwert jenseits von gut und böse... Bis zum Nachmittag des 18.7. ist nichts gemacht worden, weil Wochenende war. Der Arzt der sich mit uns am Tag der Einlieferung unterhalten sollte ist einfach nach Hause gefahren. Nach über einer Stunde warten haben wir dass dann auch erfahren... Am Wochende haben wir dann natürlich weiter versucht Informationen zu bekommen, denkste! Da kam dann ein Arzt der sich bei uns beschwert hat, dass er ja 150 Patienten zu betreuen hätte und wir ihn nicht auch noch stören sollen.
Am Montag (18.7.) bekamen wir dann die ersten spärlichen Informationen, dass mein Großvater wohl eine Infektion hätte, sie ein CT und EEG gemacht bzw veranlasst hätten und er nicht mehr schlucken könne. Dass er sehr weit fortgeschrittene Demenz hat, wussten wir schon und ist seine erste Erkrankung überhaupt. Außerdem haben wir erfahren, dass er aus dem Heim in einem sehr verwahrlosten Zustand ins KKH kam. Er war total dehydriert, seine Nägel waren seit Wochen nicht geschnitten worden und vorallem hat er zwei große offene Stellen im Intimbereich, die in der Form nur entstehen wenn er längere Zeit nicht gewickelt wird. Da waren wir schon bedient. Dann wurde er 2 mal in ein anderes Zimmer verlegt und jedes Mal hat sich damit der zuständige Arzt geändert. Im 2. von 3 Zimmern hatter er einen Nachbarn der einen Krankenhauskeim hat. Zum Glück hat er sich nicht angesteckt und wir auch nicht.
Als dann die zuständige Ärztin für die nächste Zeit endlich fest stand, ging die Hölle richtig los. Eine Frau ende 20, mit einer unmöglichen Art und Weise und einem Verhalten wie ich es erst einmal bei einem Arzt erlebt habe. (Und ich wurde schon von über 100 Ärzte behandelt) Sie hat dann immer wieder und wieder und wieder und wieder... wiederholt, dass er ja eine schwere Demenz hätte, das CT und EEG das bestätigen und er nun wohl endgültig nicht mehr schlucken kann. Er bräuchte nun eine PEG-Sonde (künstliche Ernährung -> siehe Frage-Thread), sie (die Ärztin) würde sie aber nicht legen, weil er ihrer Meinung jetzt sterben soll. Wir haben dann lange mit ihr Diskutiert und uns dabei nur im Kreis gedreht. Sie wollte unsere Argumente und Sichtweise überhaupt nicht hören, geschweige denn verstehen oder gar akzeptieren. Dabei ist sie uns permanent ins Wort gefallen. Wir konnten noch so oft sagen, dass es der ausdrückliche Wille meines Großvaters ist was wir ihr da sagen, es hatte keinerlei Wirkung.
Sie haben ihm dann ein weiteres Medikament gegeben und wollten gucken wir er sich bis zum 2. und letzten EEG vorgestern (25.7.) entwickelt. Entzwischen hat sie zurückgerudert, als sie von der Logopädin zusammengefaltet wurde, und meinte dann sie hätte nie gesagt dass sie keine PEG legen würden. Dass sie sie legen (wenn wir es wollen und sich sein Zustand irgendwie beim 2. EEG verbessert hat) wollte sie aber auch auf Teufel komm raus nicht sagen. Dann war es vorgestern soweit. Wir hatten das vereinbarte Gespräch mit ihr. Der Zustand hätte sich nicht geändert und sie will keine Sonde legen. Sie hat dann auch endlich mal den Oberarzt dazu geholt und der war noch schlimmer. Sie werden definitiv keine Sonde legen und stellen seine Ernährung über Infusion ein. Es soll jetzt unbedingt so weiter gehen, dass sie ihn zurück ins Heim entlassen, er keine Medikamente mehr bekommt und dann dort verhungern soll. Lediglich subcutane Flüssigkeitsspritzen soll er einmal am Tag unter die Haut bekommen. (das tut verdammt weh, kenn ich aus eigener Erfahrung von Bekannten) Das wir das unter keinen Umständen wollen, ist denen egal.
Dann haben sie am vergangenen Wochende überraschend die Kopie einer alten Patientenverfügung von meinem Großvater ausm Ärmel gezogen. Das ist eine Kopie von einem Vordruck den mein Großvater mal vor langer Zeit unterschrieben hatte (ohne zu wissen was drin steht!) und der alles untersagt, jede Form von Lebensverlängerung.
Wir haben dann ewig versucht denen klar zu machen, dass die Verfügung schon vor Jahren von meinem Großvater (mündlich) wiederrufen wurde und wir das Original in seinem Auftrag damals vernichtet haben. Das war denen ausdrücklich egal und sie würden sich jetzt an die Kopie der alten Verfügung halten, seine Ernährung komplett einstellen und ihn in den nächsten Tagen zurück ins Heim schicken. Wenn wir damit nicht einverstanden wären (haha...) müssten wir halt zum Amtsgericht. Selbst die Zeit bis ein Richter eine Entscheidung gefällt hat, wollen und werden sie nicht abwarten.
Das haben wir dann auch gestern (Dienstag) getan. Der Zuständige Richter will nun von uns bis heute eine schriftliche Stellungnahme was mein Großvater in dieser Situation wollen würde usw, und wird dann heute eine Entscheidung fällen.
Und nun noch das Wichtigste: Der Wille meines Großvaters:
Er hat den 2.WK miterlebt und musste mit 16 Jahren, alleine von Pommern über 500km nach Westen fliehen als Heimatvertriebener und getrennt von seiner Familie. Er hat Hunger und Leid am eigenen Leib erfahren. Darum war eine seiner größten Ängste, dass man ihn verhungern lassen würde. Er hat außerdem etliche Male gesagt, dass er auf keinen Fall will, dass man ihn einfach sterben lässt. Dazu kommt dann noch sein tiefer katholischer Glaube, den er mit seiner Frau, meiner verstorbenen Großmutter (siehe mein Tattoo), schon sein Leben lang geteilt hat. (Gott schenkt das Leben und NUR Gott nimmt es wieder) In Folge dessen, verstößt jede Form von "sterben oder verhungern lassen" eklatant gegen seinen Glauben und ist eine Art "Selbstmord mit Beihilfe". Das Einzige was er nicht möchte ist eine künstliche Beatmung und mehrfache Reanimation, was für uns auch maßgeblich ist.
Jetzt sind wir bis ins Mark am zittern, wie der Richter heute entscheiden wird. Sollte er sich für die Hinrichtung durch verhungern unter großen Qualen entscheiden (krass ausgedrückt, aber genau das ist es wenn man sich damit detailliert auseinander setzt) können wir nichts mehr machen, weil uns das Geld für ein Gerichtsverfahren fehlt und dann auch ein wenig die Kraft.
Wenn man bedenkt, dass wir vor 8 Wochen noch mit ihm normal an seinem Geburtstagstisch gesessen haben und normal Kaffee und Kuchen gegessen haben, sowie noch bis vor 5 Wochen mit ihm jede Woche "Mensch ärgere dich nicht" gespielt haben, ist das Ganze noch ne Stufe heftiger...

Demokratie kommt an ihre Grenzen, wenn eine Mehrheit der Ahnungslosen zustande kommt.