Ich schicke täglich Leute weg und bin schon mehrfach deswegen als arrogante Kuh bezeichnet worden, deswegen will ich dazu auch was sagen.
Ich habe weder etwas gegen Motive, die vielleicht meinem eigenen Geschmack nicht entsprechen noch habe ich etwas gegen winzig kleine Tätowierungen. Jeder soll mit seinem Tattoo glücklich werden.
Nur gelten bei uns die Regeln:
1. Das Tattoo soll schmücken und nicht verschandeln (irgendwie zum Körper passen).
2. Es soll dem heutigen handwerklichen Qualitätsstandard genügen (manche Motive benötigen in der gewünschten Ausführung nunmal eine Mindestgröße)
3. Geld (Umsatz) ist nicht alles und die goldene Regel
4. "Mach deine Arbeit so, das ich abends mit gutem Gewissen ins Bett gehen kann".
Wenn ich also Bedenken habe erläutere ich diese dem Kunden und schicke ihn nochmal nach Hause, damit er sich das in Ruhe durch den Kopf gehen lassen kann.
Außer es ist so ein "EyischwillTattoo,sofort, aufn Hals!"-Kandidat, die üblicherweise nichtmal vorher Hallo sagen und auf die Frage, ob sie denn schon Arbeiten gesehen hätten sowas wie "Nee isch kam hier grad so vorbei" antworten.
Denen ist es eh egal, wer das macht, da erkläre ich nicht viel und sag nur, dass wir seinen Bedürfnissen nicht entsprechen können und er mit Sicherheit ein für ihn passendes Geschäft finden wird.
Und wenn Denis mal ein paar Wochen wegen drohendem Sternchenkoller sternchenfrei braucht, gibt es halt bei den Terminen eine Sternchenpause. Das sage ich den Kunden auch so.
Ist ja nicht nur das Tätowieren, die Dinger wollen ja auch gezeichnet werden. Soll ja kein Massenstempel werden, aber Sterne sind halt nunmal Sterne...
Da jedes Mal das Rad neu zu erfinden kann ganz schön auslaugen.
Den Ausdruck "hat es nicht nötig" könnte man genausogut durch "macht nicht alles für Geld" ersetzen,
dann sieht die Sache schon ganz anders aus.
Denke der Knackpunkt ist der, dass niemand sich gerne abgefertig/abgelehnt/abgebügelt fühlt. Ist logisch, geht mir auch so. Erst letztens beim Frisör (kein Billig-Frisör): Ich wollte eine Art Fanta-Frisur und die meinte einfach NEE.
Erste emotionale Reaktion: Angefressen, was fällt der ein
Dann hat sie mir erklärt, dass sie das nicht bringen kann, weil sie einen Ruf zu verlieren haben. Selbst wenn sie es mir noch so gut schneidet ist das leider zu avantgardistisch und die meisten Menschen werden es als Unvermögen des Ladens werten. Ok, verstehe ich vollkommen, kein Problem.
Und ich denke genau das macht den Unterschied: Der Kunde muss sich in seinem Wunsch trotz der Ablehnung weiterhin respektiert fühlen.
Dann klappt das auch, und die allermeisten kommen wieder. Und die, die nicht zurückkommen sind auch glücklich weil sie bestimmt einen gefunden haben, der das genauso und genau dahin macht, wie gewünscht und wir konnten mit gutem Gewissen ins Bett gehen.
Was ich jetzt auch mache.