Tattoo-Depression

Allgemeines zum Thema Tattoo

Moderatoren: BassSultan, MartiAri

Tattoo-Depression

Beitragvon MartiMarti » 29.05.2017 12:06

Hallo miteinander

Ich möchte mir hier gerne meine Gedanken und Gefühle von der Seele schreiben. Jeder darf seine Meinung dazu schreiben und antworten. Ich freue mich auf eure Kommentare und Gedanken zu diesem Thema… Es ist mir bewusst, dass ich hier in einem Forum von Tattoo-Befürwortern poste. Ich bin auch nicht per se contra Tattoos. Ich möchte einfach nur meine Erfahrungen und meine Situation beschreiben.

Hintergrund: Ich bin seit 13 Jahren tätowiert, an beiden Beinen. Am rechten Bein sogar ziemlich gross. Ich war ein schwieriges Kind und habe wirklich stark pubertiert. Als ich dann 18 wurde habe ich mich sofort tätowieren lassen. Ein grosses schwarzes Tribal auf die rechte Wade. Im Laufe der Jahre, bis ich etwa 26 war, kamen immer wieder ein paar kleinere Tattoos hinzu. Insgesamt sind es jetzt 6. Alle an den Beinen und auch auf beiden Füssen. Das Tribal habe ich mir vor einigen Jahren sogar überstechen lassen, weil ich es nicht mehr sehen konnte. Das Resultat war aber natürlich ein noch grösseres schwarzes Tattoo. Zwar nicht ganz so extrem wie das linke Bein von Lionel Messi, aber doch relativ gross und schwarz.

Während ich früher, Alter 18 – 26, wirklich stolzer Tattooträger war und auch bei jeder Gelegenheit kurze Hosen trug um sie zu zeigen, hat sich meine Sicht der Dinge in den letzten Jahren doch verändert. Mittlerweile bin ich 31, habe eine Familie gegründet und einen festen Job im Aussendienst. Ihr ahnt sicher schon wo das hinführt. Mittlerweile bin ich nicht mehr so stolz auf meine Tätowierungen. Im Gegenteil, ich schäme mich sogar richtig dafür. Im Winter denke ich fast nie dran, ausser wenn es mal in die Sauna geht. Aber dann kann man ja einen langen Bademantel tragen. Im Sommer aber, so wie jetzt, wenn die heissen Tage beginnen, verfalle ich immer in eine Art Depression. Während sich die halbe Welt in die Sonne stürzt oder am See hängt, traue ich mich fast nur mit langen Hosen aus dem Haus. Was natürlich ab 30C eine Qual ist. Dann habe ich auch richtig schlechte Laune, was die Sommerstimmung noch mehr trübt. Ich will nicht sagen, dass es eine handfeste Depression ist, aber ich denke dann doch wirklich viel und häufig dran. Die Gründe für diese Gedanken sind vielfältig:

Einerseits natürlich ästhetische Gründe. Meine Tattoos sind sicher nicht mehr die coolsten. Ausserdem habe ich auch nicht nur einen Stil, sondern wirklich querbeet und bunt (wie gesagt schwarz, aber auch rot, grün und violett). Und das grosse, schwarze Tattoo ist natürlich schon aus 100m Entfernung zu erkennen. Wenn ich eine kurze Hose trage, ist es mir richtig unangenehm wenn jemand hinter mir läuft. Klar, dass derjenige dann auf meine Beine schaut. Es gibt ja wirklich schöne Tattoos da draussen. Und auch Leute die sie mit Stolz tragen und zeigen. Ich gehöre leider nicht dazu. Dann bin ich neidisch. Wieso kann ich mich nicht so präsentieren? Ich bin auch sonst nicht gerade der selbstbewusste Typ. Aber wenn ich mit kurzen Hosen rumlaufe, dann möchte ich mich am liebsten unsichtbar machen.

Zweitens sind auch persönliche, charakterliche Gründe Ursache meiner negativen Stimmung. Ich bin einfach nicht mehr der aufmüpfige Rebell oder Querulant, will ich auch gar nicht mehr sein. Früher wollte ich um jeden Preis auffallen. Gefärbte Haare, lautes Auftreten und buntes Outfit, vorlaut noch dazu, ich war einfach da. Heute will ich überhaupt nicht mehr auffallen und von den Leuten angekuckt werden. Das bin gar nicht mehr ich, ich will lieber unauffällig in der Masse verschwinden. Aber natürlich schauen die Leute doch immer, wer der Typ mit den bunten Beinen ist. Auch in meinem direkten Umfeld fühle ich mich manchmal unwohl. Meine Schwiegereltern sind zwar sehr nett und ich verstehe mich super mit Ihnen, aber sie sind doch sehr altmodisch. Seitdem wir mal zusammen Fussball geschaut haben und sich das Gespräch plötzlich um die tätowierten Spieler drehte und wie schrecklich die doch aussehen, traue ich mich sowieso nur noch mit langen Hosen zu meinen Schwiegereltern. Früher war es mir sowas von egal, was die Leute von mir dachten. Was interessiert mich deren Meinung? Heute ist das anders. Ich glaube, ich bin doch sowas wie „erwachsen“ geworden. Auf der Sommerparty der Firma in kurzer Hose auftauchen? Völlig undenkbar für mich. Lieber schwitz ich mich kaputt. Komisch ist, dass ich in der Vergangenheit zwar Fan von Tattoos war, aber Anderen immer davon abgeraten habe, sich selber tätowieren zu lassen. Meine beste Freundin und meine Schwester wollten sich auch tätowieren lassen, ich habe es beiden aber ausgeredet. Sogar mit derselben Begründung die jetzt bei mir zutrifft: „Später wirst du es sicher irgendwann bereuen!“. Wieso habe ich es dann selber gemacht? Das ist doch bizarr und aus heutiger Sicht für mich absolut unverständlich. Meinen Eltern mache ich sogar insgeheim Vorwürfe, dass sie mich nicht davon abgehalten haben. Sie wussten sogar von meinen Plänen, hatten aber eher die Einstellung „soll er doch, er ist ja jetzt erwachsen“. Wahrscheinlich hätten sie mich sowieso nicht stoppen können, aber sie haben es auch erst gar nicht versucht. Ist natürlich unfair von mir, denn ich habe mich ja auch noch mit 25 tätowieren lassen. Aber irgendwie glaube ich, dass wenn ich das erste schon nicht hätte stechen lassen, auch kein zweites, kein drittes, (…) dazugekommen wären.

Drittens sind da auch gesundheitliche Gründe. Es wird ja viel geschrieben über die Tattoofarben, über mögliche medizinische Folgen etc. Seit ich einen wissenschaftlichen Artikel gelesen habe, der Tattooträgern generell davon abriet, sich in der Sonne aufzuhalten (weil UV-Licht die Farbe spaltet und sich die Teile dann in den Lymphknoten ablagern und diese verstopfen, was zu Krebs führen kann), habe ich fast Paranoia. Dann schmiere ich mir die stärkste Sonnencreme an die Beine, was natürlich auch wieder blöd aussieht. Ich bin jetzt Familienvater und muss doch möglichst lange für meine Liebsten da sein. Nicht auszudenken, wenn ich wirklich mal krank werden würde wegen meinen Tattoos. Als ich vor einigen Jahren mein Tribal wirklich nicht mehr ertragen konnte und es schliesslich habe überstechen lassen, habe ich vorher auch lange überlegt es weglasern oder sogar abrasiv entfernen zu lassen. Schlussendlich erschien mir aber ein Cover-Up als einfachere Lösung. Als ich dann danach immer mehr über die Inhaltstoffe der Farben las, habe ich natürlich auch das Cover-Up bereut. Wieso habe ich mir jetzt ausgerechnet noch mehr Farbe unter die Haut gejagt? Und muss ich es in 10 Jahren schon wieder machen lassen? Manchmal ertappe ich mich auch bei Gedanken à la „Jetzt ist es auch schon egal“. Wenn ich zum Beispiel überlege ob ich was ungesundes essen, oder noch ein Bier mehr trinken soll oder sogar wenn es um’s Rauchen geht. Dann denke ich mir Dinge wie „Ach du hast eh schon das Maximum an potenziellen Krebserregern intus, darauf kommt’s jetzt auch nicht mehr an“.

Ich weiss nicht, ob alle meine Ängste oder Überlegungen wirklich rational sind. Gut möglich dass ich auch einfach ein Dummkopf bin, der zu viel über Dinge nachdenkt. Auf jeden Fall beschäftigt mich diese Sache und tut mir nicht gut. Ich schreibe das hier Alles als eine Art Katharsis, einfach um es mir mal von der Seele zu schreiben. Wirklich niemand aus meinem Bekannten- oder Freundeskreis ist tätowiert und würde mich verstehen. Ich erwarte keinen Trost von euch, auch keine Lösung für meine Situation, aber vielleicht geht es ja dem einen oder anderen ähnlich. Dann würde es mich freuen sich ein wenig auszutauschen.

Falls das hier jemand liest, der selber überlegt sich tätowieren zu lassen, dann kann ich nur folgendes mit auf den Weg geben: Ich denke, dass Alles im Leben seine richtige Zeit und seinen richtigen Platz hat. Aber irgendwann ist die Zeit und der Platz möglicherweise nicht mehr richtig, passend oder aktuell. Das trifft für fast alle Dinge zu: eine blöde Frisur, die Vorliebe für eine Musikrichtung oder Band oder eine Beziehung mit einer Ex-Freundin, über die man Jahre später nur denkt „Was habe ich mir dabei nur gedacht?“. Der Unterschied zwischen diesen Dingen und einer Tätowierung ist nur, dass man die Frisur ändern kann, die CDs der Band und die Fotos der Ex-Freundin wegschmeissen kann. Ein Tattoo hingegen bleibt. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole oder pseudo-philosophisch wirke, kann ich es nur nochmal sagen: Alles hat im Leben seine richtige Zeit und seinen richtigen Ort. Aber zum Ballast können Dinge werden, deren man sich nicht entledigen kann und die man, wohl oder übel, mit sich rumtragen muss, ein Leben lang. Mein 18jähriges Ich hätte mein 31jähriges Ich sicher nur ausgelacht und für spiessig befunden, „Nie im Leben werde ich mal so denken!“. Aber früher oder später wird wohl jeder irgendwie erwachsen. Und mein 31jähriges Ich bereut es heute sehr, dass mein 18jähriges Ich so naiv und stur war.

In diesem Sinne. Ich danke im Voraus für jegliche Art von Kommentaren.

Liebe Grüsse,
Marti
MartiMarti
 
Beiträge: 32
Registriert: 29.05.2017 11:50

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon Unknown7 » 29.05.2017 13:46

Hallo,

wenn ich mir einige Tattoos - auch hier im Forum - anschaue, denke ich schon etwas wie: "Wie kann man sich nur so verschandeln". Viele scheinen die Langzeitentwicklung nicht zu bedenken. Die Teile werden nun mal irgendwann "matschig", teilweise verschwinden Linien und Claudia Schiffer auf dem Bauch sieht nach 10 Jahren Dosenbier aus wie Cindy aus Marzahn.

Allerdings halte ich mich mit Kommentaren natürlich "in der Regel" zurück - Geschmäcker sind verschieden, man kann drüber streiten und letztendlich hat es ja auch etwas mit Wertschätzung dem Träger gegenüber zu tun.

Allerdings denke ich auch, dass ein Tattoo nichts ist, wofür man sich "schämen" muss - wenn es nicht gerade ein Hakenkreuz oder irgendeine andere Nazischeiße ist.

Oder, sagen wir mal so: Ich würde keinen Wert auf Menschen legen, bei denen ich das Gefühl habe, dass ich mich ihnen gegenüber wegen meines Äußeren schämen muss.

Es gibt übrigens ausgesprochen leichte Baumwollhosen.

Gerade bei großflächigen farbigen Tattoos, die "über ein paar Linien" hinausgehen, sehe ich übrigens auch exorbitante Risiken. Zumal niemand genau weiß, was in der Tinte drin ist.

Ich habe lange überlegt, "wie weit" ich maximal gehe und wo mein persönlicher Kompromiss liegt.

Gruß,
J.
Unknown7
 
Beiträge: 675
Registriert: 01.04.2017 21:39

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon Draago » 29.05.2017 22:48

Das ist auf jeden Fall ein sehr rares, aber auch interessantes Thema!

Du wirst warscheinlich nur wenige finden die dazu was schreiben, einfach weil das hier quasi ein "Tattoo-Fan-Forum" ist, dennoch gut auch mal so nen Thread zu finden.

Wie Du das beschreibst kann ich nachvollziehen!

Mich betrifft das zwar so nicht, kann aber mehr verstehen dass es vielen so geht, bin sicher Du bist bei weitem nicht der EInzige.

Auch wenn ich nicht bei der Polizei z. B. arbeite, bin heute 35 und sehr froh meinen einstigen Vorsatz nie gebrochen zu haben:
- Kopf
- Hals
- Genick
- Unterarm
- Hand
- Wade
- Fuß
ist alles 100% tabu. Ich will - egal so ich bin - die Inks mit nem normalen T-shirt und ner normalen, knielangen Hose verdecken können.

Vermute wenn das bei Dir der Fall wäre (mit normalen Sommer-Klamotten verdeckbar) würde es Dich weniger stören, oder?


Mich stört nicht meine Motivwahl sondern den großen Umweg den ich ging um das zu haben was ich wollte.
Kam 2006 als totaler Grünschnabel an und lies mir insgesamt drei Tattoos stechen die später dem Laser zum Opfer fielen...einfach weil sie nur mittelmäßig bis schlecht waren.
Ich habe allein für schlechte Inks + die Lasertherapien + Cover Up gut und gerne 3-4 Tausend Euro geblecht, könnte sogar noch bisschen mehr gewesen sein.

Während die schlechten Teile da waren ging s mir ähnlich wie Dir, im Sommer ja nicht ärmellos rumlaufen damit jeder s sehen kann.

Das man von falschen Tattoos tatsächlich depressiv werden kann glaub ich direkt!


Ich kenn Leute die heute um die 60 sind und die Tattoos die so in den 70ern und 80ern gestochen wurden waren schon krass, hier mal die Inks vom Gladbeck Bankräuber Hans-Jürgen Rösner:

Bild

Bild



Da hätten heute sicher manche Depris...wobei es doch auch geil ist zu seinen Inks zu stehen! Sie machen Dich irgendwie einmalig, nicht primär rebellsich/querulantig etc. :wink:


Und was das Thema mit den Farben und Krebs etc. angeht:

Würde locker sagen einer der am Tag 30-50 Kippen raucht ist krebsgefährdeter als ein geinkter.
Oder einer der täglich Schnaps sauft.

Die Farben sind heute kontrollierter denn je, und es gab früher so viele geinkte die heute noch leben und nie Krebs bekamen.
Gäbe es eine EINDEUTIGE wissenschaftliche Studie, die ZWEIFELSFREI belgen würde dass Tattoo-Farben sehr krebserregend sind, bin ich sicher Inken würde verboten werden...und zwar durch die Politik.
Benutzeravatar
Draago
 
Beiträge: 23
Registriert: 16.08.2015 22:00

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon n8ght » 29.05.2017 23:36

Ich habe gerade nur wenig Zeit, aber ich möchte zumindest kurz etwas zu den Gedanken "Tattoofarbe - Krebs" sagen, die dir vielleicht zumindest diese Angst nehmen könn(t)en:
Wenn Tattoofarben Krebs verursachen würden, gäbe es schon längst eine medizinische Dokumentation darüber - auch ohne explizite Studien. Bei ca. 7 Millionen tätowierten Menschen wäre es schon längst aufgefallen und dokumentiert, wenn es da Zusammenhänge gäbe. D.h. natürlich nicht, dass dies nicht trotzdem ein Verursacher sein kann. Aber wenn dem so ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit wirklich gering. Grundsätzlich ist es aber natürlich so, dass immer Vorsicht geboten ist, wenn man sich mutwillig Fremdstoffe in den Körper einbringen lässt.

Auch wenn ich nicht unter einer solchen Tattoo-Depression leide, so kann ich den Gedanken grundsätzlich schon verstehen und finde, dass ein solches Thema auch in einem Forum für Tattoo-Liebhaber diskutiert werden kann und soll.

Ich hoffe für dich, dass du deine eigene Unsicherheit (so wirkt es nämlich hauptsächlich auf mich) ablegen kannst. Nur weil z.B. deine Schwiegereltern mal etwas Negatives über tätowierte Fußballer gesagt haben, heißt das im Umkehrschluss ja nicht, dass sie dich nicht mehr mögen und schätzen. Das wäre eine sehr extreme schwarz/weiß-Sicht. Und Menschen, die hinter dir hergehen, registrieren deine Tätowierung auf dem Bein vielleicht nicht einmal. Oder nur für eine Nanosekunde - in etwa so, wie wenn z.B. vor einem ein rothaariger Mensch geht - sieht man heutzutage ja auch nicht mehr so oft - man nimmt das wahr, aber einer weiteren genauen Be(ob)achtung Bedarf es nicht.
K-ink-Man hat geschrieben:Alle Informationen sind (versteckt in einer immensen Menge von Quark) jederzeit verfügbar!
Benutzeravatar
n8ght
 
Beiträge: 9025
Registriert: 26.05.2007 19:03
Wohnort: Köln

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon Herger » 30.05.2017 4:28

MartiMarti hat geschrieben:Es gibt ja wirklich schöne Tattoos da draussen. Und auch Leute die sie mit Stolz tragen und zeigen. Ich gehöre leider nicht dazu. Dann bin ich neidisch. Wieso kann ich mich nicht so präsentieren?


Ist mit einem neuen Konzept, welches deine bestehenden Tätowierungen großflächig abdeckt, evtl. noch immer möglich (sofern du mit schwarzer Tinte etwas anfangen kannst).

Als Beispiel:
Dateianhänge
Gerd Wiesbeck bodysuit.jpg
Gerd Wiesbeck bodysuit.jpg (33.94 KiB) 23077-mal betrachtet
The year is 2083. Gender no longer exists. We all identify as different flavors of Doritos. I am Cool Ranch and this is my story.
Benutzeravatar
Herger
 
Beiträge: 4198
Registriert: 21.02.2006 0:56

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon DotsOnMySkin » 30.05.2017 15:03

Erst mal Hut ab für diesen ehrlichen Beitrag, der mal die andere Seite der Medaille thematisiert! Finde es sehr hilfreich, auch mal von jemandem zu lesen, der es offensichtlich bereut, sich im jüngeren Alter unter die Nadel gelegt zu haben.

Da ich grad ein bisschen Zeit hab, auch ein paar, hoffentlich aufmunternde, Worte von mir:

Zunächst mal würde ich an deiner Stelle versuchen, mir nicht ständig Gedanken darüber zu machen, wie andere dich aufgrund deiner Tattoos wahrnehmen. Oftmals nimmt man das selbst viel dramatischer war, als es im Endeffekt ist.

Dass du selbst mit deinen Tattoos nicht (mehr) zufrieden bist, ist eine Sache. Aber daraus direkt zu schließen, dass dich alle anderen auch komisch ansehen, oder dich aufgrund deiner Tattoos abwerten ist schmarrn. Sicher wird's in der Öffentlichkeit einige geben, die dich aufgrund deines äußerlichen Erscheinungsbilds komisch ansehen, und dich deswegen evtl. direkt in eine Schublade stecken. Auf solche oberflächlichen Leute würde ich aber an deiner Stelle s*******. Mit solchen Leuten willst du vermutlich dann eh nichts zu tun haben. Viel wichtiger ist, dass du ein bisschen mehr Selbstvertrauen zeigst und dich auch nicht für deine Fehler in der Vergangenheit schämst. Nobody is perfect!

Und dein Familienkreis wird dich wegen deiner Tattoos sicher nicht weniger mögen. Mein Dad zB hasst Tattoos wie die Pest. Für ihn war es ein regelrechter Schock, als ich ihm meins das erste mal gezeigt hab. Und ich sehe es jedesmal in seinen Augen, wie bescheuert er es findet. Aber das heißt noch lange nicht, dass er mich deswegen weniger mögen würde als davor.

Dass du findest, dass die Tattoos nun nicht mehr zu dir selbst passen, ist natürlich schade. Im Endeffekt ist davor auch niemand, der sich tätowieren lässt (gerade in jungem Alter), gefeit. Auch ich weiß nicht mit hundertprozentiger SIcherheit, ob mir meine Tattoos in 20 Jahren noch genauso gut gefallen werden wie jetzt. Das ist nun einmal das Risiko, das man eingeht, wenn man sich tätowieren lässt.

Ich würde deine Tattoos einfach als Teil von dir, deiner Entwicklung und deiner Persönlichkeit sehen, auch wenn sie dir heute nicht mehr so gefallen wie damals. Sie gehören einfach zu dir und deiner rebellischen Phase damals, die dich auch zu dem gemacht hat, was du heute bist!

Und mach dich bitte nicht verrückt, wegen der Krebs-Geschichte! Da hat n8ght absolut recht. Es gibt einfach keinen, wissenschaftlich erwiesenen, Zusammenhang zwischen Tattoofarben und irgendwelchen schweren gesundheitlichen Komplikationen (Krebs). Kann sein, dass sie nicht das gesündeste sind, aber ebenso verhält es sich mit vielen anderen Dingen im Leben (Alkohol, Abgase in Städten, etc.). Also nochmal, rational betrachtet musst du dir da keine großen Sorgen machen.

So, und wenn du wirklich total unglücklich mit einigen Tattoos bist, gibt es evtl. wirklich Möglichkeiten, dass modern und schön covern zu lassen. Herger hat ja ein Beispielbild gepostet. Muss ja nicht gleich komplett Blackout sein. Da wird es möglicherweise ja noch andere Optionen geben.

Mich persönlich würde es durchaus auch freuen, wenn du hier noch Bilder deiner Tattoos posten würdest. Dann könnte man dich evtl. auch wegen Cover-Up-Möglichkeiten besser beraten, falls das für dich eine Option wäre. Gedanken darüber würde ich mir auf alle Fälle machen.

Aber wenn du sie nicht posten willst, weil du sie nicht herzeigen willst, ist das natürlich auch ok. :wink:
"Manche Leute halten sich für mehr Künstler, als sie letzten Endes sind und den Tätowierer für mehr Dienstleister, als er letztendlich sein möchte." (Bad*Kitty)
Benutzeravatar
DotsOnMySkin
 
Beiträge: 782
Registriert: 03.05.2016 13:08

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon hotknife » 31.05.2017 10:25

Sehr interessanter Analyse von Dir und Deinen Gefühlen, Einstellung, Entwicklung @MartiMarti.

Ich selbst habe genau die andere „Richtung“ durchlebt.

Mit 18 Jahren ausgezogen. Bis 30 Jahre nur für Job und Ausbildung gelebt (2 x Berufsausbildung, Hochschulreife, Meisterbrief, Studium BWL, Jura, Maschinenbau). Ab 30-48 Jahre dann nur noch Job (verheiratet keine Kinder). Ich war ein angepasster Anzugträger, in der Freizeit 0/8/15-Klamotten, absoluter Spießer, der Traum jeder Schwiegermutter. Habe gedacht, dass ich es mit „Blut, Schweiß, Tränen“ bis ganz nach oben schaffen kann. Dann mit 48 Jahren der burn out. In meinem Job habe ich dann am 2 Tag in der Kurklinik den freundlich Anruf erhalten, dass man nur Führungskräfte braucht, die funktionieren. Wenn ich dieses Jahr die 50 Jahre vollmache, sind beide Arme kompletter Sleeve u. die Brust ist voll, habe lange Haare. In meiner Außendarstellung mit Verhalten, Kleidung, Auto lege ich es darauf an um jeden Preis aufzufallen. Wohl meine Antwort an mein Umfeld u. Beruf, dass ich die Faxen dicke habe. Alles „Normale u. Angepasste“ ist mir zutiefst zuwider.

--
hotknife
 
Beiträge: 354
Registriert: 13.11.2016 11:50

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon MartiMarti » 31.05.2017 11:16

Zuerst einmal Vielen Dank an alle, die geantwortet haben und für jede Art von Feedback! Erst im Nachhinein habe ich realisiert, wie viel ich doch tatsächlich geschrieben hab :shock:... Wenn man sich so seine Gedanken von der Seele schreibt, dann fliessts halt einfach irgendwie... Also auch noch Vielen Dank dafür dass Ihr das überhaupt alles gelesen habt :D...

@the_force: Ja, du hast schon Recht. Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Genauso wie ich bei manchem Tattoo, was man so bei den Leuten sieht, schon gedacht habe "Oh, wow, das ist echt cool!", habe ich mich bei anderen auch schon bei Gedanken ertappt à la "Oh Mann, da kann ich ja echt froh sein, dass ich nicht so eins habe". Manchmal wundere ich mich über mich selber, dann weiss ich nicht ob mich jetzt nur meine Tattoo-Auswahl stört oder ob ich generell das Tätowiert-Sein unangenehm finde. Natürlich nur an mir selber, bei anderen würde ich mir das nicht anmassen. Das mit den leichten Baumwollhosen ist sicher ein guter Tipp. Ich habe auch schon 2 oder 3. Aber Freiheit ist das leider auch nicht. Was ist denn dein persönlicher Kompromiss gewesen von dem du schreibst?

@Draago: Danke für das Feedback betreffend der Thematik. Es ist ein Tattoo-Fan-Forum, aber nichtsdestotrotz muss man wohl auch über solche Erfahrungen schreiben. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen, sich dementsprechend zu orientieren. Grundsätzlich bin ich auch wirklich nicht per se gegen Tattoos. Es ist eher so, dass es irgendwie für mich nicht mehr passt. Ich selber würde nie auf jemanden herabschauen oder ihm gegenüber despektierlich auftreten nur weil er tätowiert ist. Habe aber oft das Gefühl, dass genau das mir widerfahren könnte. Irgendwie paradox. Finde ich gut, dass du deine Vorsätze eingehalten hast und die von dir beschriebenen Körperteile freigeblieben sind. Ich hatte eben damals mit 18 bewusst die Wade gewählt, damit man es im Sommer wenigstens zeigen kann. Unterarme hatte ich auch damals schon kategorisch ausgeschlossen mit Hinblick auf eventuelle zukünftige Jobs. So rebellisch war ich dann doch nicht :)… Wenn ich meine Tattoos, so wie du deine, mit normalen Sommerklamotten verstecken könnte, dann würde es mich weniger stören. Da bin ich überzeugt davon. Dann wäre es nicht mehr so „In your face!“, so auffällig, so präsent, so klar sichtbar, einfach da. Dein Hintergrund ist vielleicht gar nicht so unterschiedlich von meinem. Auch ich war ein völliger Grünschnabel, 18 Jahre alt, wilde Phase, weg von zu Hause und habe mich tätowieren lassen ohne mich wirklich gründlich damit auseinanderzusetzen. Ausserdem scheinst du auch viel nachgedacht zu haben, innere Konflikte inklusive, stimmt das? Sonst hättest du dich wohl nicht zum Lasern entschieden? Bei mir war Lasern lange Zeit auch ein Thema, ich hatte sogar schon Ärzte angeschrieben und viel rumtelefoniert. Schlussendlich entschied ich mich aber für’s Covern. Auch verschiedenen Gründen (Führt die Behandlung zum Erfolg?, Doch lieber Tattoo als bleibende Narbe, Farbe bleibt ja eh im Körper, etc.). Die Bilder von Hans-Jürgen Rösner kenne ich. So ein Zufall, dass du die erwähnst, die hatte ich wirklich auch schon mal unter dem Blickpunkt Tattoos betrachtet! Der Rösner stammt vielleicht wirklich noch aus der Zeit als Tattoos nur für Outlaws waren. Bei ihm aber waren sicher nicht seine Tattoos die schlimmste Entscheidung seines Lebens. Du hast Recht, Tattoos machen jede Person sicher einmalig. Wenn ich gerade gut gelaunt bin, dann denke ich wirklich auch manchmal „Eigentlich schon cool, diese Tattoos. Wirklich was besonderes“. Wenn ich schlecht drauf bin aber eher „Man kann sich ja auch mit Kleidung, Frisur, etc. abheben oder hervorstechen“. Das klingt jetzt als wäre ich wirklich depressiv, was sicher nicht stimmt. Ich bin ein sehr lebens-bejahender, lebensfroher Mensch. Nur in Bezug auf meine Tats halt werde ich unsicher und nachdenklich oder im Ansatz so etwas wie depressiv. Ich habe aber heute eher weniger den Drang mich aus der Masse hervorzuheben oder aufzufallen als früher. Was du betreffend Gesundheit und Tattoofarben schreibst ist hoffentlich richtig. Aber genauso viele wie mit „Wenn es wirklich schlimm wäre, dann würde es verboten sein“ argumentieren, sagen sicher auch das Gegenteil. Da ist wahrscheinlich jedem Einzelnen überlassen, was er jetzt glauben will. Wenn man aber nur schon „Tattoofarben“ googelt, dann kommen schon die Wörter „gefährlich“ oder „giftig“ direkt als erstes. Ich bin wahrscheinlich sicher zu leicht beeinflussbar, aber sowas schockiert mich dann auch immer ein bisschen.

@n8ght: Danke auch dir, trotz wenig Zeit, für deine Kommentare. Wahrscheinlich stimmt das schon, dass wenn es wirklich einen kausalen Zusammenhang zwischen Tattoos und Krebs geben würde, es dann konkrete Studien dazu gäbe. Auf der anderen Seite spricht nur das Fehlen von Studien ja nicht dafür, dass es nicht tatsächlich so ist. Es gibt sicher etliche Studien über Alkohol oder Koffein, aber das würde ja nie im Leben verboten werden. Aber sicher sollte sich die Wissenschaft mal damit befassen. Das Thema wird bestimmt immer mehr in den Fokus rücken. Die Krebserkennung wird immer besser, immer mehr Menschen sind tätowiert, die Sonne wird immer stärker. Manchmal wenn gerade wieder Sommer ist und ich verstärkt an die Thematik denke, dann google ich das Thema und wenn ich dann Artikel dazu finde dann bereue ich sofort dass ich es gegoogelt habe (http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/erster-internationaler-kongress-zur-sicherheit-von-tattoos-a-904379.html). Sicher hast du Recht, wenn du vermutest, dass ich in erster Linie einfach unsicher bin. Das kann ich so absolut unterschreiben. Ich platze generell nicht vor Selbstbewusstsein und bin wohl eher das komplette Gegenteil eines Narzissten. Dass meine Familie (Schwiegereltern inklusive) mich weniger schätzt, gern hat oder liebt, nur weil ich tätowiert bin, ist natürlich nicht so. Da würde auch ein Mike Tyson-Gesichtstattoo nichts dran ändern. Aber tut es nicht gerade dann besonders weh, wenn Personen die einem nahe stehen, sich kritisch oder negativ zu Sachen äussern, die man selber macht/gemacht hat oder die einen selber betreffen? Wenn sich mein Bäcker plötzlich über Tattoos auslässt, dann würde mir das bestimmt auch nicht sehr nahe gehen. Aber meine eigene Familie? Nicht aus dem Gesichtspunkt, dass sie mich weniger mögen. Sondern eher aus der Überlegung heraus, dass ich das Gefühl bekomme, sie enttäuscht zu haben.

@Herger: Das wäre sicher eine Möglichkeit. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass ich mir das bei mir überhaupt nicht vorstellen könnte. Erstens wäre das wie Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Zweitens würde ein Bodysuit oder Blackout sicher noch mehr auffallen. Ich kann nicht sagen, dass ich es nicht ästhetisch finde, dieses Spiel mit Schwarz und Weiss, mit Formen und Linien. Ich war grosser RATM-Fan und deren Bassist hatte auch so ein ähnliches Tattoo, was ich schon auch cool fand. Bei mir selber könnte ich mir das aber absolut überhaupt nicht vorstellen.

@DotsOnMySkin: Danke auch dir für deine hilfreichen Kommentare. Sicher ist es so, dass ich nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotze. Dann würde Alles an mir abprallen und solche Gedanken sowieso gar nicht erst aufkommen. Wie ich weiter oben an n8ght geschrieben habe, sind es aber besonders die Menschen die mir nahe stehen, deren (manchmal unbedachten und gar nicht bös gemeinten) Kommentare bei mir solche Gedankengänge auslösen. Auf andere Menschen kann man sicher sch******, das stimmt absolut. Von denen fühle ich mich einfach nur beobachtet oder begutachtet, wenn sie mich anschauen. Nahe gehen würden mir allfällige Kommentare von Aussenstehenden aber wohl eher nicht. Dafür bin ich doch Manns genug, dass mir das nicht wehtun würde. Wie gehst du persönlich damit um, wenn sich dein Dad negativ über Tätowierungen äussert? Diskutierst du mit ihm oder nimmst du es gar nicht sonderlich ernst? Mein Vater hat das auch schon mehrmals gemacht. Direkt in der Zeit nach dem Stechenlassen, prallte das auch einfach an mir ab. Heute leider nicht mehr so. Obwohl wir jetzt nicht übermässig oft darüber reden, kommt es doch hin und wieder zur Sprache. Und dann prallt es leider nicht mehr so einfach an mir ab wie früher. In einem anderen Punkt hast du absolut Recht, man sollte sich nicht für seine eigene Vergangenheit schämen, denn die war der Grundstein zu dem was man heute ist. Das ist wohl wahr. Niemand ist, wie du sagst, davor gefeit seine Entscheidung sich tätowieren zu lassen, nicht irgendwann zu bereuen. Ich ärgere mich nur über mich selber, dass ich damals mit 18 Jahren diese Erkenntnis noch nicht hatte und wirklich absolut davon überzeugt war, dass ich es niemals bereuen werde. Dummer, naiver Junge. Wie schon Rod Stewart sang „I wish that I knew what I know now, when I was younger”. Ich weiss, dass meine Gedanken und Ängste nicht immer rational sind, trotzdem ist es schwer sie abzuschütteln. Rationale Ängste und Probleme kann man besser einordnen und lösen. Das beschreibt ja sogar das Wort „wegrationalisieren“. Bei irrationalen ist das tendenziell schwerer. Betreffend Cover-Up: Das grosse schwarze Tribal, mein erstes Tattoo mit 18 Jahren, habe ich vor knapp 3 Jahren überstechen lassen. Was schwarz war, bleibt schwarz, das ist klar. Nochmal überstechen ginge wohl wirklich nur mit Blackout à la Lionel Messi. Das würde ich aber nicht wollen. Ich werde in meinem nächsten Post mal ein Bild zeigen, ein Tattoo-Selfie vorm Spiegel daheim. Würde mich auch interessieren, was Du/Ihr davon haltet.

@hotknife: Dein Background ist auch sehr interessant. Es freut mich zu hören, dass du jetzt zufriedener bist als früher. Aber du hast deine Entscheidung, dich tätowieren zu lassen, glaube ich, sicher mehr durchdacht und entschlossener gefällt, als ich damals mit 18 Jahren. Ich will nicht sagen, dass das nur am Alter liegt, aber man ist mit 50 logischerweise viel erwachsener und reifer ist als mit 18. Du hast dich bewusster zu diesem Schritt entschieden, als ich damals. Stimmt das? Was wir gemeinsam haben (oder hatten), ist aber wohl der Drang aufzufallen, in gewisser Weise zu rebellieren. Ich mit 18 und du heute. Bei mir ist dieser Drang mittlerweile verflogen, bei dir gerade erst aufgekommen. Hoffentlich bleibt er! Vielleicht kommt dieses Gefühl ja auch bei mir zurück. Ich bin jetzt fast 32. Und genauso wie sich mein Denken von 18 bis 32 gedreht hat, kann es sich ja auch von 32 bis 50 wieder ändern. Das würde ich mir vielleicht sogar wünschen...

Beste Grüsse an alle und danke für Euer Feedback!
Marti
MartiMarti
 
Beiträge: 32
Registriert: 29.05.2017 11:50

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon Unknown7 » 31.05.2017 12:04

Hallo,

mein persönlicher Kompromiss liegt bei wenig Farbe und einer Strichzeichnung.

Also möglichst wenig tätowierte Fläche. Auch wenn das Tattoo "an sich" ca. 30cm hoch und 20cm breit ist.

Gruß,
J.
Unknown7
 
Beiträge: 675
Registriert: 01.04.2017 21:39

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon redphantom » 31.05.2017 13:28

Wegen der Gesundheitsgefährdung würde ich mir wirklich keine Gedanken machen. Wie n8ight schon geschrieben hat, es gibt keine Studie, die so etwas belegt, und bei so einem doch sehr kontrovers diskutierten Thema wie Tattoos würde eine entsprechende Studie auch sofort bekannt. Im Gegenteil, es gibt sogar eine recht gut belegte amerikanische Studie - habe ich vor einiger Zeit mal verlinkt, find ich aber momentan nicht - die eine positive :D Wirkung von Mehrfachtattoos auf die Funktion des Immunsystems belegt. Natürlich gibt es eine Menge temporärer Reaktionen in Zusammenhang mit Tattoos, aber insgesamt dürfte das neutral sein.

Und Hinschauen: Der Mensch nimmt in jeder Sekunde dutzende optische Eindrücke wahr, das Gehirn sortiert sehr schnell in relevant (früher hungriger Säbelzahntiger .. heute anrasendes Auto) und nicht relevant,sonst würde es den Info - Overflow geben, und schlechte Tattoos gehören nun mal nicht zu den wirklich wichtigen Dingen. Da guckt niemand dauernd drauf - ich denke dann halt "Gurke" und schon ist es vergessen, wirklich gute Tattoos könnten schon eher meine Aufmerksamkeit binden. Aber der durchschnittliche Mensch, der an dieser Thematik nicht interessiert ist, wird das gar nicht wahr nehmen - müsste er doch zudem den Blick vom Handydisplay lösen :roll: .
Ich kann es nachvollziehen, wenn Du die aus Deiner Sicht unschönen Tattoos im beruflichen Umfeld nicht zeigen willst, ansonsten würde ich aber deswegen nicht ständig lange Hosen tragen - die Menschen schauen da nicht drauf - denen ist das völlig egal.

Ja, und wenn Du gar nicht damit leben kannst/willst, dann eben Lasern, gibt hier nen gutenThread mit Erfahrungen. :idea:
Große Gedanken brauchen nicht nur Flügel, sondern auch ein Fahrgestell zum Landen (Neil Armstrong)
Benutzeravatar
redphantom
 
Beiträge: 963
Registriert: 06.05.2013 21:41

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon Ani Ta » 31.05.2017 14:13

redphantom hat geschrieben:Aber der durchschnittliche Mensch, der an dieser Thematik nicht interessiert ist, wird das gar nicht wahr nehmen - müsste er doch zudem den Blick vom Handydisplay lösen :roll: .


*sign*

Kleines Beispiel: letzten Sommer beim Baden Kommentar gekriegt fürs Tattoo an der Wade und auch ein paar Fragen beantwortet. Vor ein paar Wochen als das Tattoo kurz hervorblitzte fragte dieselbe Person: huch, Du hast da ja n Tattoo, das ist neu, oder? Auf meine Anmerkung, dass das bereits letzten Sommer da war, wurden die Augen riesig und die Person war sich sicher, dass dem nicht so war.

Joa, jetzt plan ich dann beim Badeweekend in zwei Monaten die Erweiterung auf Oberschenkel/Hüfte als "war doch letzten Sommer schon da" zu verkaufen - bin gespannt obs funktioniert :lol:

Der langen Rede kurzer Sinn: Tattoo-"Muggels" schauen viel weniger genau hin und erinnern sich noch viel weniger, als man vermutet.
Benutzeravatar
Ani Ta
 
Beiträge: 887
Registriert: 30.03.2015 6:53
Wohnort: Schweiz

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon BassSultan » 31.05.2017 16:11

kann ich auch bestätigen.. Ich bin im Februar mit meinen Pfadfinder "kindern" (junge Erwachsene wäre wohl korrekter) die ich leite, im Schwimmbad gewesen und vor einer Woche war ich zum ersten Mal dieses Jahr mit kurzer Hose unterwegs. Da ist dann auch gleich von den selben Leuten die Frage gekommen "seit wann hast du das denn?"

Sent from my Wileyfox Swift using Tapatalk
"GNU Terry Pratchett"
BassSultan
Moderator
 
Beiträge: 3539
Registriert: 07.01.2016 5:14
Wohnort: Wien

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon DotsOnMySkin » 31.05.2017 16:17

MartiMarti hat geschrieben:Wie gehst du persönlich damit um, wenn sich dein Dad negativ über Tätowierungen äussert? Diskutierst du mit ihm oder nimmst du es gar nicht sonderlich ernst?


Also am Anfang haben wir schon direkt drüber geredet, klar. Mein O-Ton war, dass es mir gefällt und ich schon lange alt genug bin (geh jetzt auch auf Mitte 30 zu), um das zu machen, was mir gefällt und nicht immer auf die Bedenken meiner Eltern hören muss. Es ist mein Körper, nicht seiner!

Vielleicht war es sogar so etwas wie ein bewusster, weiterer Schritt Richtung kompletter Selbständigkeit, Erwachsensein, nenn es wie du willst.

Ich denke das hat er dann auch irgendwann eingesehen und mittlerweile kommt da nicht mehr viel zur Sprache, wenn wir uns sehen, außer einem gelegentlichen Kommentar a la "Ich hoffe, dass sich das nicht weiter über deinen Körper ausbreitet". Als wäre es irgendeine schlimme Krankheit. :lol:

Auf solche Kommentare gehe ich mittlerweile gar nicht mehr groß ein und dann ist das Thema auch schnell wieder vergessen.

Ich denke, dass auch irgendwann der initiale "Schock" bei ihm nachlässt, und es normaler wird. Mal abwarten. Ein Fan davon, wird er sicher nicht mehr in diesem Leben. :mrgreen:

Ich kann dich aber schon verstehen, dass du dieses Gefühl hast, deine Familie zu enttäuschen. Das hatte ich am Anfang teilweise auch. Aber man kann sich nicht immer danach richten, was andere von einem erwarten, sondern sollte seinen eigenen Weg gehen. Und du bist ja jetzt nicht drogenabhängig oder kriminell geworden oder sowas. Es sind lediglich bunte Bilder auf der Haut.

Und zum Thema "Googeln": Lass es! :wink: Du findest, gerade was Gesundheitsthemen angeht, zum Großteil negative Berichte und Panikmache im Netz. Leute schreiben nun mal eher über ihre Ängste und negativen Erfahrungen als positive Berichte. Insofern ist Google da völlig unausgewogen.

Auch die Medien schreiben lieber große, schockierende Negativschlagzeilen, als über positive Dinge. Das mit der positiven Wirkung fürs Immunsystem ist ein gutes Beispiel. Schau mal, wieviel Artikel du dazu findest und vergleiche es mit den Artikeln, die du findest, wenn du nach "Tattoo krebserregend" suchst. Dann siehst du, was ich meine. :wink:

Also, weniger googeln! Das fördert irrationale Ängste mehr, als das es hilft. Die Erfahrung musste ich selbst auch schon bei einem ähnlichen Thema machen.
"Manche Leute halten sich für mehr Künstler, als sie letzten Endes sind und den Tätowierer für mehr Dienstleister, als er letztendlich sein möchte." (Bad*Kitty)
Benutzeravatar
DotsOnMySkin
 
Beiträge: 782
Registriert: 03.05.2016 13:08

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon El_Hoschto » 02.06.2017 8:12

Hab jetzt ne Weile überlegt ob ich noch etwas dazu schreiben soll...denn irgendwie wurde ja schon alles wunderbar angesprochen/erklärt. Aber irgendwie hab ich grad Lust dazu...also sorry falls sich Sachen wiederholen :mrgreen: Ich kann deine Situation unheimlich gut verstehen weil es mir Phasenweise genauso geht...nur aus einem anderen Blickwinkel. Es ist nicht so das ich mir beobachtet und "verurteilt" vorkomme weil ich Tattoos habe...nein es ist eher die Phase wenn ich mit Baustellen rumlaufe. Warme Jahreszeit und ich lass mir nen Unterarm machen. Die ganze Zeit als dieser noch nicht fertig gestellt war hab ich darüber nachgedacht was andere darüber denken wie mein Arm aussieht. Das ist völlig hirnrissig weil ich davon ausgehe das die Menschen "hinschauen" ... aber so ist es eben nicht. Ich glaube 95% sehen nur "tätowiert" ... völlig gleichgültig was und in welcher Qualität. Also ist es vollkommen egal wie dein Tattoo aussieht (ohne es gesehen zu haben)...denn auch der Großteil an tätowierten Menschen...zumindest denen ich so in der Öffentlichkeit begegne... haben teils Tattoos in unterirdischster Qualität. Du darfst einfach nicht davon ausgehen das jeder so hinschaut wie ich es z.B. tue...und solche wie ich...die sich Tattoos auch gern mal genauer anschauen...sind in einem einstelligen %-Bereich möchte ich jetzt mal behaupten. Und selbst wenn Leute schlechte Tattoos haben kommt es für mich immer noch darauf an wie Sie sich sonst so geben und benehmen. Es kann jemand noch so geile Tattoos haben und kann trotzdem ein Mega Arsch sein ... ich hoffe Du verstehst auf was ich hinaus will.

Noch ne kurze Anekdote von gestern um zu verdeutlichen was ich mit sehen und SEHEN meine. T-Shirt an wo die Ärmel auch etwas kürzer sind als gewohnt. Man sieht also auch einen Teil vom Oberarm. Ich sitz in der Bahn 4-Platz Areal. Ich muss dazu sagen das ich meine Umgebung in solchen Situationen unheimlich gern beobachte. Also sehe ich auch die Blicke und Reaktionen wenn Leute einsteigen...auf einen von den freien Plätzen neben mir steuern...mich sehen und sich nahezu panisch (etwas übertrieben) umschauen ob nicht noch was anderes frei wäre...und ich sehe nun wahrlich nicht wie ein Verbrecher aus...das kann ein Teil der Community hoffentlich bestätigen :mrgreen: Die Bahn war nun voll und der Platz gegenüber von mir wurde durch eine Frau mittleren Alters belegt die not amused aussah und sofort den Blick aus dem Fenster warf. Und jetzt kommts...es war Zeit...und Menschen sind nunmal neugierig. Sie musste sich quasi mit dem beschäftigen was gegenüber saß. Und ja sie hatte auf einmal ein leichtes Lächeln im Gesicht als sie sich meine Arme ansah. Menschen sind komisch...Deal with it

Viel geschrieben und doch nix gesagt :p

Ich bin auch neugierig und würde gerne dein Tattoo sehen... :wink: Glaube fast das es gar nicht sooo tragisch ist wie Du es dir einbildest :)
Benutzeravatar
El_Hoschto
 
Beiträge: 1927
Registriert: 20.02.2010 21:43
Wohnort: Berlin

Re: Tattoo-Depression

Beitragvon lesnurmit » 03.06.2017 0:28

hm hm hm
wie sage ich es, ohne dass Du Dich angegriffen fühlst ...
naja hast ja um Meinungen gebeten :wink:

ohne psychologischer Vorbildung noch mit großen Berührungspunkten, kam mir beim lesen Deines Textes umgehend ein Gedanke:

mein Eindruck ist Du machst Dir zu viele Gedanken, manchmal ists besser locker zu bleiben ... gerade heutzutage in unserer informationsüberfluteten Gesellschaft halten erste Eindrücke nicht lange an ... was ja auch sein gutes hat, oder anderes ausgedrückt:

die Welt dreht sich nicht nur um Dich (bzw. Dein Äußeres), richte Deinen Blick nicht so sehr auf Dich selbst und wie Du auf andere wirkst.

Möchte nicht sagen mir ist egal was andere von mir denken, aber bisschen "mir egal" ist angebracht und schützt. :wink:
Das Leben ist halt Rock´n Roll, für jede/n

Ein von mir geschätzer Kollege hat mir als Azubi folgendes gesagt:
everybodys Darling = everybodys Arschloch

Ob Dir meine paar Zeilen helfen können oder nicht, ich wünsche Dir alles Gute!
Benutzeravatar
lesnurmit
 
Beiträge: 924
Registriert: 16.11.2015 22:13

Nächste

Zurück zu Tattoo

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste