Tattoo-Motif 19. Jahrhundert, England: 3 Punkte auf Daumen

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Tattoo-Motif 19. Jahrhundert, England: 3 Punkte auf Daumen

Beitragvon doc-sam » 28.01.2011 12:37

Kann mir hier jemand helfen?

Eine Studentin von mir fragte mich über die Bedeutung eines Tattoos das eine Vorfahrin von ihr hatte. Vielleicht kann mir hier ja jemand helfen.

Die besagte Vorfahrin stammte aus England/Irland, wurde dort im 19. Jahrhundert wegen Einbruchs und Vandalismus verurteilt und nach Australien deportiert. Nun hatte sie auf ihrem Daumen ein aus drei Punkten bestehendes Tattoo (entweder Linie oder Dreieck). Kann mir irgendjemand sagen was es mit diesem Tattoo auf sich hat?

Danke :D
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Beitragvon Shamia » 28.01.2011 13:27

Das ist ein Tattoo als Zeichen das man im Gefängnis war. Aber eigentlich sind die zwischen Daumen und Zeigefinger

3punkte = nix hören sehn sagen
5punkte= ich 4 wände
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Beitragvon Branislav » 28.01.2011 14:45

so, hab jetzt schnell was geschrieben. ich kenne mich aber auch nicht so gut aus. ueber ergaenzungen werde ich mich freuen.

heute wird so eine taetowierung zu gefaengniss-taetowierungen eingeordnet.
meistens spricht man von nichts sehen, nichts hoeren, nichts sagen (gutes rezept fuer gefaengniss).
die frage ist jetzt, geht diese, oben genannte bedeutung der drei punkte taetowierung wirklich so weit in die geschichte zurueck? woher stammt das? motive der taetowierungen verlieren manchmal ihre ursprungliche und bekommen eine neue bedeutung. von ort zu ort, oder gruppe zu gruppe, und so weiter, werden sie anders interpretiert. es gibt identische taetowierungen in versschiedenen teilen der welt. punkte und linien sind grundstein und ursprung aller taetowierungen und koennen als universaelle zeichen betrachtet werde.

diese vorfahrin hat das im 19 jahrhundert getragen und sie war gefangen und deportiert. frueher hat man die leute in verschiedenen teilen der welt, zur straffe, mit diversen taetowierung markiert. so in china, japan, roemischen reich usw.. damit sie nicht entfliehen, damit man sie auf der strasse als verurteilte erkennt oder aus dem geselschaftlichen leben ausspert. so markierten die sklavenhaendler und besitzer ihre sklaven, die koenige ihre untergebenen. nuelich tat das auch der sadam husein; veruteilte menschen lies er mit stirntaetowierungen markieren, das war die groeste schande fuer einen iraqi. es koennte sich darum um eine alte englische straftaetowierung handeln:
"Häftlinge, die aus Großbritannien nach Australien in die Strafkolonien zwischen 1787 und 1867 wurden transportiert, wurden manchmal mit Zeichen die Schande tätowiert, zum Beispiel D für Deserteur. Allerdings Häftlinge haben diese Tätowierungen oft geändert um den ursprünglichen Entwurf zu verbergen oder ironische oder rebellische Botschaften auszudrücken." (quelle:wikipedia)

sont haben die drei punkte aber auch eine religoese bedeutung haben, wie heilige dreifalltigkeit.
vier punkte (in form des vierecks) stehen in dem kroatischen repertoir der traditionellen taetowierungen fuer ein kreuz.
es gibt viele interpretationen heute, wie zb.,
http://www.websters-online-dictionary.o ... Search#879

aborigini haben auch taetowiert. aber warum sollte eine weisse europeische frau im 19 jahrhundert aborigini taetowierungen tragen?
http://www.tattoodesigns.net/articles/t ... o-designs/

edit
die ueberdeckungen der alten straftaetowirungen, das haben die bestraften menschen auch woanders gemacht. also nicht nur die englischen gefangener. es heist, in china und japan hat dieses vestecken der schande durch neue bilder, beigetragen der entwicklung der motiven und kultur des taetowierens. aus einfachen zeichen wurden so grossere und komplexere taetowierungen entstanden. die mit straftaetowierungen stigmatisierten, haben sich in banden organisiert und gegenseitig taetowiert. sonst haben dort in der alten zeiten nur die reichen und wichtigen leute eine recht und moglichkeit auf grossflaechige taetowierungen gehabt.
"I bear upon me the mark of my people. Without my tattoos I am nothing. Can‘t you see where I belong? I am a member of my family, of my clan, of my religion, of my society! LOOK INTO MY FACE. Do not fear me. I am human, I am beautiful!“
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Beitragvon n8ght » 28.01.2011 15:12

Branislav, ich bin echt immer wieder beeindruckt, was du da "mal eben" an Wissen raushaust - bzw. mit welcher Leidenschaft du dann "eben schnell mal" was ergoogelst......!!!

Also, auch wenn es mich nicht betrifft: Danke!
K-ink-Man hat geschrieben:Alle Informationen sind (versteckt in einer immensen Menge von Quark) jederzeit verfügbar!
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Beitragvon Branislav » 28.01.2011 15:16

gern.
aber ich weiss auch sehr wenig. hab zwei buecher und einige artikel gelesen, das ist alles :)
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Beitragvon Branislav » 29.01.2011 3:49

@doc-sam
was unterichtest du so? geschichte oder kunst vieleicht? welche universitaet?
etwas frage ich mich, wieso weiss die studentin nichts ueber die bedeutung des tattoos?
ich meine, wenn sie schon ueber das tattoo weiss, dann hat ihr das warscheinlich jemand aus der familie erzaehlt. aber warum weiss ihre familie nichts ueber die bedeutung?
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Danke für die Hilfe, Leute

Beitragvon doc-sam » 30.01.2011 17:07

Wow, das geht ja richtig schnell hier :D

Auf jeden Fall erst einmal einen Riesendank an euch. Ich hatte auch schon daran gedacht, dass es sich um eine Gefängnistätowierung handeln könnte, bin mir da aber überhaupt nicht sicher. Die besagte Vorfahrin hatte wohl eine recht eingängige kriminelle Karriere hinter sich bevor sie deportiert wurde; kann also sein, dass sie bereits in England im Gefängniss war. Aber wie Du bereits meintest, Branislav, wie lange gehen solche Gefängnisstattoos zurück? Ist es dann immer noch dieselbe Bedeutung?

Ich unterrichte Anglistik (neudeutsch: British Studies) in Mainz an der Johannes-Gutenberg-Universität, unter anderem einen Crash-Kurs über britische Geschichte und Kultur. Leider kann ich da aufgrund des überbordenden Unterrichtsstoffes und der Studentenzahlen kaum auf die einzelnen Fragen und Interessen meiner Studis eingehen, aber was tut man nicht alles so als Gutmensch... :wink:

Ich weiss auch nicht genau warum die Studentin da nichts Näheres weiss. Sie hat wohl jetzt mit Ahnenforschung angefangen, hat wegen ihrer Vorfahrin auch schon in den National Archives nachgeforscht, aber halt zu der Tätowierung keine Antwort erhalten. Ich schätze mal, dass sie auf einer alten Photographie die Tätowierung gesehen hat und einfach davon ausgeht, dass ich als Dozent über alles Bescheid weiss. Zeitlich muss das Ganze in der ersten Hälfte 19. Jahrhunderts stattgefunden haben, bevor die Deportationen nach Australien eingestellt wurden. Von daher wundert es mich überhaupt, dass sie solche Kleinigkeiten herausgefunden hat. Und wenn sich ein Student schon einmal für etwas interessiert, dann lege ich ihm natürlich keine Steine in den Weg. Das Internet bietet einem da ja ganz einfach die Möglichkeit, Leute zu fragen die da mehr Ahnung haben als man selbst. Habe mich zusätzlich auch noch in einem englischen Tattoo-Froum angemeldet und die Frage gepostet; wer weiss, vielleicht finde ich ja noch den Typen der ihr das Tattoo verpasst hat. :p

So, euch allen noch einmal Danke,

sam
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Beitragvon Branislav » 30.01.2011 17:59

hi sam

es ist schwer. vieleicht gibts doch quellen aus der zeit. ein buch oder bild...
mir kommen jetzt in den sinn drei tattoo-forscher, die eventuel was konkreteres ueber diese taetowierung wissen koennten.

Lars Krutak
http://www.larskrutak.com/

Michael Laukien
(finde keine hp. vieleicht ueber huber verlag versuchen zu erreichen)

Maarten Hesselt van Dinter
http://www.hesseltvandinter.com/

gruss :)
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Beitragvon doc-sam » 30.01.2011 20:54

Hi Branislav,

Tätowierungen sind halt nicht mein Fachgebiet, deswegen habe ich es ja gepostet. Das Problem bei solchen Fragen ist halt immer der Arbeitsaufwand. Ich könnte anfangen, mich hineinzulesen, dann über Fernleihe usw. - gerade wenn man sich nicht auskennt, weiss man auch nicht, wer ein Fachmann auf diesem Gebiet ist, dann ist das Ganze recht langwierig. Im Bereich Universitäten gibt es leider zu viele die gar nichts draufhaben und einen dann lediglich nur Zeit kosten. Da wende ich mich doch lieber an Leute die sich aus purem Enthusiasmus mit einem Thema beschäftigen.

Die Briten kamen übrigens mit einer guten Idee. Eine als "hobo dots" (Landstreicherpunkte) bezeichnete Tätowierung die es bereits im 19. Jahrhundert gab und als Schutzsymbol bei Landstreichern, Strafgefangenen, aber auch Seeleuten sehr beliebt war. Hierbei waren drei Punkte als Dreieck zwischen Zeigefinger und Daumen tätowiert. Das deckt sich dann auch mit deiner Vermutung der Knasttätowierung und der Hintergrundgeschichte dieser umtriebigen Vorfahrin.

Finde ich dann auch recht interessant, dass zwei Posts in einschlägigen Foren mehr gebracht haben als der Versuch meiner Studentin, sich an das National Archive zu wenden.

1 zu 0 für die enthusiastischen Laien. :D

Wenn ich mal wieder eine Frage zu Tätowierungen haben sollte weiss ich ja wo ich mich hinwenden muss. Dis dann, :wink:
sam
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Beitragvon Branislav » 30.01.2011 23:26

doc-sam hat geschrieben:
1 zu 0 für die enthusiastischen Laien. :D


yeah 8)
also, moeglicherweise ein schutzsymbol.
siehst du, ueber diese "homo dots" habe ich auch schon gelesen (oben link) und....einfach ueberlesen, weil ich mich irgendwie auf straftaetowirungen fokusiert hatte. (und mein englisch ist schlecht)
"The three dots in a triangle are also used as a protective symbol for hobos, sailors, and convicts, known as "hobo dots." Among sailors it's a traditional tattoo to get on their first voyage. Among Danish sailors, the three dots are often taken to mean "faith, hope and love" and as such supposedly reflects the ideal life at sea."
"I bear upon me the mark of my people. Without my tattoos I am nothing. Can‘t you see where I belong? I am a member of my family, of my clan, of my religion, of my society! LOOK INTO MY FACE. Do not fear me. I am human, I am beautiful!“
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