Gesellschaft / Umgang / Normale Gewalt?

"Phoenix roxx the house" - Offtopicgerödel

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Beitragvon upsidedown » 03.02.2009 22:47

colouredmanu hat geschrieben:Wenn Gewalt Gegengewalt erzeugt, in welche Richtung und mit welchem Ergebnis bewegt sich dann son Zyklus?

Soziale Umstände sind auch Gewalt. Mir ist die Betrachtung zu isoliert. Der Hebel sitzt nicht bei der physischen Gewaltfrage und ich kriege Akne nicht in den Griff indem ich Pickel ausdrücke. In meinen Augen hat jedes Phänomen einer Gesellschaft einen natürlichen, akzeptierbaren Level. Wenn Phänomene sich aber in bestimmten oder mehreren Schichten ausbreiten, mache ich die Lage und die gesellschaftliche Situation keinen Deut besser indem ich Gewalt stigmatisiere oder verbiete. Bzw. ich denke sogar, dass man das Gegenteil erreicht.
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Beitragvon FrauSchlurger » 04.02.2009 10:08

Hierzu kann ich folgenden Film empfehlen:

Alles für meinen Vater

Er zeigt auch verschiedene Aspekte von Gewalt, die nicht so einfach einzuordnen sind, wie man zunächst denkt.
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Beitragvon tattoogermane » 04.02.2009 11:12

ich bin als kind mit gewalt aufgewachsen. schläge im elternhaus waren an der tagesordnung. meine mutter bevorzugte die "sippenhaft". heisst nichts anderes, als dass mein zwei jahre älterer bruder in einigen situationen auch schläge einstecken musste, wenn ich irgendwelchen mist nicht gestand. da er mir körperlich überlegen war, gab´s logischer weise hinterher für mich noch eine abreibung im gemeinsamen kinderzimmer.
durch diese abläufe hasste ich prügel. aber wie das leben so spielt, hatte ich genau dadurch keine angst davor, denn irgendwann verliert man diese. das ging so weit, dass es ein kick wurde. adrenalin. so suchte ich mir als junger mensch mit ca.14 kahren ein umfeld, in dem gewaltbereitschaft das normalste der welt war. zu DDR-zeiten war das der fussball. zumindest das, was in der "dritten halbzeit" abging. hört sich für einige vielleicht hirnrissig an (aus meiner heutigen sicht allerdings auch), aber ich freute mich die ganze woche wie auf weihnachten, wenn es samstags zum auswärtsspiel ging. das ging so weit, dass ich für die gesamte zone stadionverbot erhielt. kümmerte mich allerdings weniger, denn es ging mir ja nicht um´s spiel als solches.
nach der wende gab´s hier bei uns durch den wechsel der gesetze und der polizei eine zeit der gesetzlichen grauzone. da war gewalt das einzige mittel, seine konflikte zu lösen. waffengewalt gehörte ebenso dazu, wie prügel und dergleichen. einen baseballschläger hatte jeder im auto. die meisten sogar schusswaffen aller kaliber.
zu dieser zeit stand ich an türen von grossdiscos und veranstaltung jeglicher art. allein dadurch hatte man stündlich mit körperlicher gewalt zu tun. in dieser szene rutschte man auch mal ganz schnell in sachen rein, die teilweise unkontrollierbar wurden, denn nachts treffen sich die leute, die von arbeit am tage so gar nichts halten.
irgendwann bemerkte ich allerdings, dass ich nicht jünger werde und die mühlen des gesetzes zwar langsam, aber stetig mahlen. da gab´s vor etwa elf jahren für mich nur eins - taktischer rückzug. seit dem lebe ich quasi gewaltfrei. naja, fast. impulsiv bin ich in der ein, oder anderen situation immer noch. allerdings kontrolliere ich mich heute, bis auf sehr wenige kleinere ausnahmen. prügeln musste ich mich allerdings schon jahre nicht mehr und gehe, soweit das möglich ist, diesen situationen aus dem weg.

wäre ich in einem anderen umfeld aufgewachsen, hätte mein leben auch anders laufen können. jeder, dem dies erspart blieb, sollte froh sein, jedoch sich nicht anmaßen, sich über die dinge zu stellen und sein eventuell gewaltfreies leben verallgemeinern, denn das wäre vermessen.

meine kinder habe ich noch nie geschlagen und werde dies auch niemals tun, denn durch meine eigene kindheit weiss ich, dass prügel bei der erziehung von kindern gar nichts bewirken, ausser trotz.
mein junge musste sich mit seinen fast 16 jahren noch nie prügeln. ein grund dafür ist die erziehung, die er durch mich und meine frau erfährt.

ich war nie der mensch, der wehrlose mitbürger, oder wahllos irgendwen verprügelt hat. die leute, mit denen ich damals zu tun hatte, waren von meinem schlag und wollten dies, wie ich. aus heutiger sicht würde ich vieles anders machen, aber nicht alles. ich lasse mich beispielsweise nicht blöd anmachen, denn wer dies tut weiss wie reaktionen darauf aussehen. falls nicht ist das halt ein lernprozess, der bewirkt, dass er sich das beim nächsten mal besser überlegen wird.
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Beitragvon Panda » 09.02.2009 13:25

gute Geschichte!
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Beitragvon well_done » 11.02.2009 18:05

ich hab jetzt nicht alle beiträge gelesen..
aber mir stösst alleine der titel schon auf.. "normale gewalt" .. auch wenn ein ? dahinter steht.

ich denke, es gibt umfelder in denen gewalt nicht immer unumgänglich ist. man kann sich eben nicht aussuchen, wo man hinein geboren wird!
allerdings bin ich der meinung, dass jeder es schaffen kann (wenn man will) sich gesunden menschenverstand anzueignen. dieser sollte einem, in meiner welt zumindest, sagen, dass gewalt zu vermeiden ist!

gewalt ist für mich definitiv KEINE problemlösungsstrategie.

ich sehe das wie manu.. daran denken und es auch wirklich tun sind 2 paar schuh!

generell sollte, in einer funktionierenden gesellschafft, gängig sein, seine angelegenheiten verbal zu regeln.

ich kann mich natürlich nicht davon freisprechen, dass ich mich wehre, wenn mich jemand angreift... aber auch das ist, bis jetzt, zum glück nie passiert!
zumindest nicht in meinem privatleben. im berufsleben ist das bei mir leider anders. ich arbeite mit psychisch kranken teilweise geistig behinderten erwachsenen. diese leiden teilweise unter impulsdurchbrüchen, haben eine geringe hemmschwelle (krankheitsbedingt) und neigen zu fremdaggressionen. allerdings weiss ich auch da mir anders zu helfen, als zurück zu schlagen! durch griffe und und abwehrtechniken weiss ich meinen angreifer möglichst schmerzfrei zu boden zu bringen.
auch da KANN mal was schief gehen, sicherlich. aber im privatleben würde ich es zunächst auch auf diesem weg versuchen, wenn ich in eine situation geraten würde, in der ich mich dazu gezwungen sähe. gewalt im sinne von zurückschlagen, treten, what ever, wäre sicherlich der allerletzte weg - bevor ich aufm bordstein verrecke.
bald startet der verkauf: https://www.facebook.com/treutaschen
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