von kiesgrube » 17.03.2013 15:04
Danke, Kontrakreativ, dass du den Thread hier angestoßen hast. Finde das Thema auch sehr spannend.
Für mich persönlich geht eine Tätowierung über reinen Körperschmuck hinaus. Ein Bezug oder Interesse an entsprechenden Kulturen ist für mich wichtig, genauso wie ein damit einhergehender Respekt. Jedes Tattoo drückt für mich einen Teil meiner Persönlichkeit, meines Umfeldes, meiner Neigungen, Vorlieben und Überzeugungen aus. Es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn ich nicht nur auf ein gutes Stück Handwerkskunst blicke. Vergleichbar sind vielleicht auch alte Fotos oder Erinnerungsstücke. Ein Foto steckt vielleicht in einem Fotoalbum, wenn es mir wichtig ist, dann hängt es vielleicht gerahmt in meiner Wohnung. Eine Tätowierung begleitet mich hingegen 24 Stunden am Tag bis ich irgendwann in der Kiste liege. Das ist für mich schon ein ganzer Batzen Leidenschaft, der da mitschwingt.
Was "berufsspezifische" Tätowierungen angeht, finde ich maritime Motive und ihre Hintergründe total schön. Ich werde richtig nostalgisch, wenn ich mir vorstelle, wie vor vielleicht 150 Jahren irgendwelche Seebären ihre Geschichten ausgetauscht haben und man den Werdegang auf der Haut ablesen konnte (zum Beispiel welche Position sie inne hatten, auf welcher Art von Schiff sie unterwegs waren und wohin sie gereist sind). Wenn ich heute ein "Seemannstattoo" sehe, dann denkt vielleicht ein winziger Teil von mir, dass es schade ist, wenn Tätowierungen, die man sich seinerzeit hart erarbeiten musste, nun von Leuten ohne einen entsprechenden Bezug getragen werden. Ich sehe das teilweise sogar als eine gewisse Entwertung.
Andererseits denke ich überwiegend, dass diese Vorstellung heutzutage nicht mehr zeitgemäß ist. Im europäischen und amerikanischen Kulturkreis mag es vielleicht in der Marine noch Seeleute geben, die diese Traditionen fortführen, in der Handelsmarine könnte ich mir aber vorstellen, dass dort Arbeitnehmer aus dem asiatischen Raum überwiegen, die ihre eigenen Traditionen an Bord bringen.
Darüber hinaus finde ich, dass sich die Bedeutungen der maritimen Tätowierungen zum Teil wunderbar in den Alltag übertragen lassen. Heimweh, Fernweh oder Schutz vor Unglück sind Themen, die, insbesondere in unserer mobilen Zeit, eben nicht nur Seeleute beschäftigen.
Desweiteren gibt es sicher noch andere Motive, die ich zwar schön finde, die ich mir, mangels Bezug, nicht stechen lassen würde. Familienwappen oder Zunftzeichen, zu denen ich zum Beispiel auch im weitesten Sinne die Tätowiermaschine zählen würde.
