Ich bin bekennender Konservativer. Tattoos sollten so plaziert sein, dass man die Entscheidungsfreiheit behält, sie abhängig vom sozialen Kontext zu zeigen oder eben nicht.
Das schließt Hände, Hals und erst recht Gesicht aus.
Natürlich ist das die freie Entscheidung eines jeden, es ist seine Haut, nicht meine.
Tattoos sind heute so weit verbreitet, dass das Berufsumfeld erheblich toleranter ist als früher, die Toleranz bezieht sich aber auf übliche Körperstellen wie z.B. Arme und vor allem, das sollte
niemand unterschätzen, "sozial kompatible" Motive. Das Blumenmotiv mit Schmetterlingen wird anders wahrgenommen als der grinsende Totenschädel, fragwürdige Sprüche oder heute als sexistisch wahrgenommene Motive. Gesicht/Hals ist im Berufsleben bei anspruchsvollen (meint: ansprechend bezahlten

) Berufen durchweg ein no go, Hände werden vielleicht noch eher akzeptiert, motivabhängig.
Wer herumlaufen will wie Queequeg (der Harpunier aus Moby Dick), möge
vorher bedenken, dass das Jobangebot für Harpuniere auf Walfangschiffen begrenzt ist.
Mit Sprüchen der Art "Ich will sowieso nicht Banker werden" sollte jeder vorsichtig sein, besonders die Jüngeren. Das Berufsleben wird in Zukunft eher dynamischer als statischer werden, lebenslange Weiterbildung, Weiterqualifizierung, Branchenwechsel der Standard. Spätestens mit Partner*in und Nachwuchs könnte die jugendliche Lässigkeit konservativen Idealen von beruflichem Aufstieg und Eigenheim weichen

Da stört ein tätowierter Hals nur und die Laserkliniken bekommen einen Kunden.
Als Bürger des
global village sollte man auch Berufstätigkeit im Ausland berücksichtigen. Für einige Jahre im Ausland leben und arbeiten ist in vielen Berufen, gerade den ansprechend bezahlten, inzwischen üblich. Hier gilt: Andere Länder, andere Sitten. Da muss man nicht nach Japan gehen, im UK, wo Tattoos durch alle sozialen Schichten noch verbreiteter sind als bei uns, ist ein tätowierter Hals (Gesicht erst recht) ein absolutes Unterschichtmerkmal und wird so gesehen und gewertet. Der Betriebswirt aus dem Londoner Bankenviertel Canary Wharf dürfte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit das eine oder andere Tattoo besitzen, besonders wenn unter 30, aber das verschwindet eben unter berufstypischer Kleidung und wird bestenfalls am casual friday im Innendienst (und nur dort) sichtbar. Auch die scheinbar lässigen US-Amerikaner haben im Vergleich zu EU eher konservativere Standards, wie ein
professional aussieht und auftritt.
Im übrigen stimme ich shovelhead zu. Hipster haben es in unserer Gesellschaft nicht leicht, seit Hipstertum gutbürgerlicher Mainstream geworden ist.

Wenn
(Nearly) anything goes gilt, dann fällt Auffallen immer schwerer. Tattoo ist Mainstream geworden, da muss es schon das Tattoo an möglichst prominenter Stelle sein.