Der Hinweis auf die Tätowiermittelverordnung ist ja ganz hübsch. Und die ist an und für sich auch ein großer Fortschritt. Alleine schon die [url=de.wikipedia.org/wiki/Good_Manufacturing_Practice]Gute Herstellungspraxis[/url] ist ein bedeutender Schritt für die gesundheitliche Unversehrtheit aller Kunden. Dass das genauso wie in der Lebensmittel- und Pharmatechnik auch mal schief gehen kann, bedenkt man den grossen Output an Farben, ist verständlich. Insofern sollte man auch nicht verwechseln, dass es bei vielen Rückrufen der letzten Zeit meistens nicht um verbotene Inhaltsstoffe ging, sondern um Fehler in der Herstellungspraxis die sich in Kontaminationen niedergeschlagen haben. Man möge bitte ohne Fachkenntnis die Kirche im Dorf lassen. Wenn eine Farbe aufgrund von Produktionsfehlern zurückgezogen wird, heisst das nicht, dass deswegen ein griftiges oder gefährliches Produkt auf dem Markt war - sondern eines, dass über einen Grenzwert hinaus verunreinigt war. Jeder kann sich sicher sein, dass er als Kunde von einem seriösen Tätowierstudio mit Sicherheit darüber informiert wird, wenn der Farbenhersteller wirklichen Bockmist gebaut hat. Die Haftungsverantwortung für so einen Fall liegt beim Farbhersteller - warum also schweigen?
Ebenso war der Ausschluss farbgebender Schwermetalle sowie krebserregender aromatischer Amine, sowie jener nach Aufspaltung kritischen Amine folgerichtig und ein grosser Schritt in Richtung Verbrauchersicherheit.
Festzuhalten bleibt aber, dass die Verordnung eine Negativliste ist. Klar ist nur, was nicht mehr erlaubt ist. Demnach ist alles erlaubt was nicht verboten ist. Und das ist eine ganze Menge.
Die Presse hat sich nicht zu unrecht am "ci 56110" festgehalten, dem Pigment Red 254. Das damit auch wieder die nervige Gelegenheit genutzt wurde, das Wort Autolack (Ferrarirot) in den Mund zu nehmen, ändert nichts daran, dass über die Verträglichkeit diesen Pigmentes leider nichts bekannt ist.
Allerdings sollte sich jeder aber auch mal bewusst machen, dass da draussen Mackers rumlaufen, die seit 20 und 30 Jahren schwerst tätowiert sind mit all jenem Zeug das heute verboten ist, und dennoch weder allergische Wracks noch als Ganzkörpertumor umherlaufen.
In den zugelassenen schwarzen Farben ist übrigens ci77226 ein Kohlenstoff, der wen er aus der richtigen Herstellung stammt, unkritisch ist. Und damit geht es dann wieder nahtlos in die gute Herstellungspraxis.
Wenn ein Farbhersteller es dann schafft, dass polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe von 6.6mg/kg enthalten sind, obgleich der Grenzwert 0,5mg/kg beträgt, ist das mE nach auf den Lieferanten des Pigments zurückzuführen.
Allerdings sollte man trotzdem genau hinschauen.
Der tatsächliche Gehalt des krebserregenden Benzo-a-pyren innerhalb der PAK betrug "nur" 0.0046 mg/kg. Der Grenzwert dafür liegt bei 0.005 mg/kg (und wurde an der technologisch möglichen Reinheit orientiert).
Obgleich die Farbe an und für sich wahrscheinlich als eher unkritisch unzustufen war, hat man sie zurückgerufen. Jeder seriöse Tätowierer wird von seinem Supplier sehr schnell informiert. Wer es genau mag, sieht sich regelmässig die Rapex oder andere Quellen an.
Meiner Meinung nach sollte der Endkunde ein wenig Vertrauen in das Studio seiner Wahl setzen. Was wollt Ihr denn bitte machen? Bei der Terminbesprechung schon mal die Farben diskutieren, die Pigmentnummern aufschreiben und Google anschieben? Mit welcher Fachkenntnis wollt Ihr das beurteilen? Und dann? Langsam scheint auch eine gewisse Allergiehysterie auszubrechen, was sich dann in Pseudoallergietests niederschlägt, die ganz und gar keine Sicherheit bieten (das Thema hatten wir ja letztens schon).
Ein kleines Beispiel zu welchen Stilblüten das führt. Da erscheint eine Figur in Studio XYZ und erklärt vollmundig, dass sie nur mit der tollen (veganen) Farbe XYZ tätowiert werden möchte, weil diese erklärtermaßen die sicherste, reinste und tollste Farbe ist. Witzigerweise verwendet Studio XYZ eine ähnlich trendigen Farbhersteller, der gerad in aller Munde ist und genau den gleichen Ruf hat.