Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

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Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon Buddha_Eyes » 07.02.2013 14:01

So, nachdem ich in einem anderen Thread mal wieder so einen Satz gelesen habe,
Du brauchst niemand, der dir eine Vorlage erstellt. Das machen gute Tätowierer gleich selbst.

der ja in ähnlicher Form hier im Forum hundertfach zu lesen ist, muss ich – insbesondere nach einigen Gesprächen mit Tätowierern, die wohl niemand als schlecht oder auch nur durchschnittlich bezeichnen würde – mal zu diesem Thema etwas schreiben, was mir schon seit Monaten unter den Nägeln brennt: Ich halte diese Aussage in ihrer Absolutheit schlichtweg für falsch:

Gerade unter den „alten Hasen“ gibt es genügend hervorragende Tätowierer, die sogar von sich selbst behaupten, überhaupt nicht oder nur sehr eingeschränkt malen oder zeichnen zu können. Nicht wenige von denen tätowieren vornehmlich (bzw. ausschließlich) Portraits und/oder Flashvorlagen oder entwickeln ihre Arbeiten durch die Kombination von Vorlagen, welche sie mitgebracht bekommen, aus dem Netz ziehen oder aus Büchern entnehmen. Die Sachen werden dann durchgepaust und so ein Stencil entwickelt. Zeichnerische Eigenleistung ist dabei kaum vorhanden. Sind solche Leute dann schlechte Tätowierer? Doch wohl nur dann, wenn tätowiertechnische Umsetzung defizitär ist.

Wir haben unter den Tätowierern eine Vielzahl von Leuten, die eben nicht in ihrer Jugend großartig zeichnen gelernt haben, die als „Anfänger“ im Tätowieren nicht einmal im Ansatz über die heute allgemein verfügbaren Informationen zu den Themen Tätowiertechnik, Farben, Maschinen usw. verfügten und sich all diese Dinge in mühevoller Kleinarbeit selbst draufschaffen mussten. Man rede mal mit Leuten wie Fredl (Heute Triple T) oder „unserem“ Uwe Güldner darüber, wie man damals an Infos und/oder Equipment kam (ohne Internet und so..). Das war alles andere als mühelos.. und das in einer Szene, in der – zumindest hier in Deutschland – vieles auch gerne als „Geheimwissen“ angesehen wurde.

Daß man heute Leute findet, die nach 3 Jahren Tätowierpraxis Sachen raushauen wie ein Daniel Gensch, Flo Karg usw. wäre seinerzeit schlichtweg unmöglich gewesen – man war viel zuviel damit beschäftigt, sich ganz grundsätzliches mühsam erarbeiten zu müssen. Zu der Zeit war Tätowieren fast ausschließlich die Wiedergabe von bereits vorhandenen Motiven. Großartige kreative Eigenleistung war weder gewünscht noch wurde sie (auf breiter Front) geleistet. Wenn heute jemand seit 20 Jahren oder länger tätowiert, dann ist die Chance groß, daß diese Person keine Kunsthochschule oder derartiges besucht hat. Die Produktion von Kunst war und ist nicht das Selbstverständnis.

Aber macht sie das zu schlechten Tätowierern? Was ist mit den sicher 70% aller Tätowierungen, die in der Weltgeschichte rumlaufen, die keine aufwändigen Customarbeiten sind. Blumen mit Schnörkeln, Umsetzungen klassischer Oldschoolflashs, „abtätowierte“ Fotos oder Filmplakate usw. All so etwas erfordert null (oder wenige) kreative oder zeichnerische Skills – sonder „nur“ die Fähigkeit, abzupausen und eine gute Tätowiertechnik.
Ich glaube, man diskreditiert hier oft zu Unrecht all die Leute, auf deren Leistungen und Kenntnissen viele derjenigen Leute aufbauen, die heute auch oder überwiegend Customarbeiten erstellen. All die von diesen heute selbstverständlich verwendeten Techniken mussten entwickelt und weitergegeben werden – und das wird für mich oft übersehen.

Davon abgesehen, sind viele von diesen „Alten Herren“ unter den Tätowierern nach meiner bescheidenen Auffassung noch heute für die „Szene“ von erheblicher Bedeutung – nicht zuletzt weil sie tolle Arbeiten raushauen.
Mir tut es in der Seele weh, wenn ich dann hören muss, daß sich von diesen Einige „abgehängt“ oder unbedeutend vorkommen, weil sie hier regelmäßig sinngemäß lesen dürfen „Ein guter Tätowierer kann auch gut zeichnen“. Ich denke, manchmal würde ein wenig Bewusstsein dafür, daß ein weit überwiegender Teil aller – und wahrscheinlich auch aller guten – Tätowierungen keine hochkreativen Customarbeiten sondern – vom zeichnerischen her – „Brot-und-Butter-Tätowierungen“ sind, durchaus hilfreich sein.

Deshalb schmerzt es mich persönlich auch immer, wenn bei Tätowierern hier oft von „Künstlern“ gesprochen wird. In weiten Teilen diskreditiert das nicht nur den Kunstbegriff (um den es mir hier – so von wegen Topic – nicht geht) sondern würdigt auch all diejenigen Personen ab, die sich selbst nicht als solche begreifen sondern sich als gute Handwerker verstehen – und als solche hervorragende Arbeit leisten (und das nicht selten ohne die Allüren, die man zuweilen bei solchen Leuten beobachten „darf“, die sich auch selbst primär als Künstler begreifen und ihre „Kunden“ als Leinwand ihrer Selbstentäusserung).
Das musste ich einfach mal schreiben. Sorry für’s stören.

Ach so: Bevor sich jemand hier zu Unrecht kritsiert fühlt: Ich habe das obige Zitat lediglich als Anlass genommen und mir ist auch bewusst, daß dieses nicht einmal von einer zeichnerischen Erstellung der Vorlage spricht. Insoweit bereits meine Entschuldigung an den User georgrockt! Bitte nicht persönlich kritisiert fühlen - Du hast meinen obigen Beitrag lediglich kausal aber nicht schuldhaft (um es mal juristisch auszudrücken) verursacht.

Peace!
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon VäterchenFrost » 07.02.2013 14:26

Bin prinzipiell bei dir was Kunst und Handwerk und die kreative Eigenleistung betrifft. Zum Titel des Threads muss man halt auch fragen was "zeichnen können" denn genau bedeutet... Tätowierer müssen in der Lage sein eine Vorlage zu entwerfen bzw. abzuwandeln wenn sie nicht den Kriterien entspricht die der Kunde oder die Tätowierung verlangt, dazu braucht es sicherlich auch zeichnerisches Geschick oder wenigstens die visuellen Skills die man für kompetentes Zeichnen braucht. Tätowierer müssen aus meiner Sicht aber nicht in der Lage sein aus dem Kopf und ohne Vorlage einen anatomisch korrekten Schädel mit der richtigen Beleuchtung oder einen Eisvogel im Mangastil zu zeichnen. Was aber nichts daran ändert dass die Leute die handwerkliches Geschick und eigenen Ausdruck vereinen oft die sind die Neuland erkunden. Eben oft die Stars der Szene. Es gab sicher früher auch viele Portraitmaler aber im Gedächtnis geblieben sind die, die neben den bekannten Techniken auch ihre eigene Kreativität eingebracht haben. Das geht auch innerhalb enger Grenzen (wie zb bei der japanischen Tradition) und muss nicht immer heißen dass man etwas völlig neues erfindet. Ich finde es immer am tollsten wenn sich Leute an einer Tradition abarbeiten und schließlich ihre eigene Note reinbringen, das gehört für mich zum Kunsthandwerk dazu. Die tausend anderen die sich dann kompetent an der Bildsprache orientieren die ein solcher Pionier geschaffen hat sind auch keine schlechten Menschen, aber innovativ ist es halt nicht.
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon Bad*Kitty » 07.02.2013 14:37

Nur ein paar lose Gedanken dazu:
Zeichnen können darf nicht mit Kreativität verwechselt werden! Es gibt bombige Zeichner unter den Tätowierern, die aber nie ein einziges kreativ auffälliges Tattoo stechen.
Es gibt sehr kreative Köpfe, die ihre fehlenden bzw. unterentwickelten (wenn man das überhaupt so sagen kann) Zeichenskills kompensieren indem sie frische Ideen, tolle Deigns und auf ihre Fähigkeiten perfekt abgestimmte Arbeiten raushauen.
Es gibt, ganz genau, die Handwerker (besonders unter den Realisten anzutreffen - das kann eigentlich wirklich jeder lernen, der gucken kann...bedarf allerdings intensiver Erarbeitung und fliegt niemandem einfach so zu) und die Künstler, die eben eine eigene Welt und Bildsprache entwickeln. Was aufwändiger, zeitintensiver, kreativer Arbeit bedarf und manch einem entgleitet dabei gern mal der feste Boden unter den Füßen - findest du aber auch bei Handwerkern gerne mal. Kann man so also nicht pauschalisieren.
Ein gewisses Grundgerüst an Zeichenskills, Sehvermögen, Umsetzungsgabe und Farbverständnis ist absolut unabdingbar. Das haben auch die, die sich gerne damit hervortun, dass sie angeblich üüüberhaupt nicht zeichnen können - das stimmt so, bei näherer Betrachtung, nämlich nicht!
Und Tätowieren von damals mit heute zu vergleichen funktioniert aus den von dir genannten Gründen ebenfalls nur schlecht. Heute ist der Druck ein ganz anderer, die Voraussetzungen ganz anders und auch die Leute.
Wie jemand arbeitet (ob er mitgebrachte Vorlagenfragmente braucht oder nicht) hat nichts damit zu tun, ob er zeichnerisch begabt ist oder nicht.
Aber ich muss mich auf Änderungen, gewünschte Stile, Motive, die ich noch nie gezeichnet habe einstellen können - das geht nicht, wenn mir jegliches handwerkliche Rüstzeug fehlt.
Die meisten Tätowierer, die ich kenne, KÖNNEN zeichnen. Auch die, die behaupten, es nicht zu können. Ein Überflieger muss man wie gesagt nicht sein, wenn man fehlendes Können zu kompensieren weiß.
Der Verstand ist das einzig gerecht verteilte Gut auf Erden: Einjeder ist der Ansicht, dass er genug davon besitze.
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon LÖö » 07.02.2013 14:43

Öhm, sagen wir doch mal so: Es kommt auf den Wunsch der jeweiligen Person an, welche(r) Tätowierer(in) gut passt. Unabhängig davon sollte meiner Meinung nach ein guter Tätowierer in der Lage sein, mitgebrachte Vorlagen und Ideen, die so nicht umzusetzen wären, entsprechend anzupassen. Es geht ja nicht nur um Zeichenkünste, sondern auch um Aspekte der Anpassung an die Körperstelle etc. Daher sehe ich in der zitierten Aussage keine Diskreditierung anderer TätowiererInnen. Mich irritiert dein Pamphlet etwas, da hier angehende Lehrlinge oftmals sehr hart angegangen werden, was ihre zeichnerischen Fähigkeiten angeht. Ich denke, dass sich der Anspruch in Sachen Tattoos eben geändert hat und Custom-Arbeiten zumindest hier im Forum als Standard angesehen werden.
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon VäterchenFrost » 07.02.2013 14:46

Bad*Kitty hat geschrieben:Ein gewisses Grundgerüst an Zeichenskills, Sehvermögen, Umsetzungsgabe und Farbverständnis ist absolut unabdingbar. Das haben auch die, die sich gerne damit hervortun, dass sie angeblich üüüberhaupt nicht zeichnen können - das stimmt so, bei näherer Betrachtung, nämlich nicht!


+1
außerdem ist es ja nun nicht nur ein Gerücht dass am Anfang der Ausbildung eine Mappe mit Zeichnungen steht mit der man sich bewirbt, oder?
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon Buddha_Eyes » 07.02.2013 14:52

@LÖö: Also, ein Pamphlet - also eine Schmähschrift - vermag ich ich in meinem Beitrag nicht zu erkennen..

Edith sagt:
Ein gewisses Grundgerüst an Zeichenskills, Sehvermögen, Umsetzungsgabe und Farbverständnis ist absolut unabdingbar.

Das wollte ich übrigens auch an keiner Stelle in Abrede stellen. Sollte mein Posting insoweit missverständlich gewesen sein, liegt das an dem - bewusst - etwas überspitzt formulierten Text.
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon LÖö » 07.02.2013 14:54

:roll: Blöde und falsche Wortwahl... Ändert nix an meinen Aussagen.
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon Buddha_Eyes » 07.02.2013 14:55

Nee - nur am Tonfall...
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon LÖö » 07.02.2013 14:56

Der vollkommen neutral gemeint war. Ich habe einfach irrtümlich ein unpassendes Wort gewählt, wie bereits angemerkt.
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon hillbill » 07.02.2013 18:18

Ist es denn nicht so dass sich mit den Wünschen der Kundschaft halt auch die Skils der Anbieter erweitern sollen!? Wenn es früher gereicht hat mit dem Finger auf die Wand zu zeigen und sich ein Flash abzuholen sind heute halt vielmehr custom work gefragt. Somit ist es ja auch für einen Tätowierer (meine laienhafte Meinung) einfacher wenn er sich und dem Kunden das Tattoo visualisieren kann. Ich muss auch ehrlich sagen dass mir das lieber ist wennich ein quasi fertiges Bild von meinem Tat sehe als wenn mir da jemand 2-3 Schablonen zusammenhält.
Damit will ich das Können älterer Tätowierer keinesfalls in Abrede stellen, es entspricht einfach nicht meinem Wunsch wie mein Tattoo geplant und umgesetzt werden soll. Wobei ich auch sagen muss dass Realismus davon ausgenommen ist.
Ich trage ja schliesslich auch zwei google Bilder rum! :lol:
In dem Fall ist der Satz einfach falsch formuliert! Man sollte vielleicht eher sagen; Geh zu einem Tätowierer der Zeichnen kann. Der macht das dann für dich. ( Sofern du halt nicht selber in der Lage bist das selber zu zeichnen,kopieren..whatever)
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon cymbolic » 07.02.2013 18:37

Hmmmm... Ich gebe Buddha in einigen Dingen recht. Es gibt sicher einige (vielleicht sogar viele) Tätowierer, die es nicht zu großen Zeichnern oder Malern gebracht hätten. Aber allen gemeinsam ist sicher ein gutes Verständnis was Farben, Formen und die Umsetzung eines Motivs auf den Körper angeht. Auch eine ordentliche Portion Kreativität ist sicherlich dabei. Und mit nicht vorhandenen zeichnerischen Fähigkeiten lässt sich auch prima kokettieren. :wink:

Mein Eindruck ist aber, dass du (Buddha) hier von Tätowierern sprichst, die ihr Handwerk zum Teil seit Jahrzehnten ausüben und einen völlig anderen Werdegang hinter sich haben, als die "jüngere Generation". Dass ihre Arbeiten überragend sein mögen, will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber mein Eindruck ist, dass sie zu einer aussterbenden Art von Tätowierern gehören.

Das erscheint mir auch nicht wirklich schlimm zu sein. Im Gegenteil - ich halte das für völlig normal. Du selber hast den Begriff des "Handwerkers" genannt. Lernt ein Tischler heute noch das Gleiche, wie vor 25 Jahren? Ich denke nicht. Wahrscheinlich geht es heute um Werkstoffkunde, Design und Gestaltung, Fertigungsprozesse oder sogar Abrechnungswesen. Vor 25 Jahren lief das wohl eher unter der Überschrift "Heute drechseln wir ein Tischbein aus Hartholz, das nicht mehr als 10 Mark kosten darf". Von beiden Tischlern (heißt das heute eigentlich noch so?) werde ich ein super Tischbein bekommen aber die Herangehensweise ist unterschiedlich und ich gehe davon aus, dass es bald keine Tischler mehr geben wird, die mit einer guten alten Drechselbank umgehen können. Schade, aber das scheint wohl der sogenannte Lauf der Dinge zu sein...

Zurück zur Frage, ob ein Tätowierer zeichnen können sollte.
Ich denke, er/sie sollte es können, weil sich "die Zeiten" geändert haben. Die Kundschaft ist anspruchsvoller geworden - man möchte sehen, was man bekommt. Die bloße Aussage "ich weiß, was du meinst und ich kann das stechen" reicht nicht mehr. Man verlangt einen Entwurf als "Beweis" für die Fähigkeiten des Tätowierers. Es wird mehr Wert auf individuell auf den Einzelnen zugeschnittene Motive gelegt (Stichwort custom). Durch das Internet habe ich als Kunde mehr Vergleichsmöglichkeiten und der Markt ist härter umkämpft. Und, und, und...

Ob diese Entwicklung gut ist, möchte ich nicht beurteilen, aber das Berufsbild "Tätowierer" hat sich in vergangenen Jahren sicher sehr gewandelt und ich gebe zu, dass ich auch gerne einen gut gezeichneten Entwurf sehen möchte, bevor die Farbe unter die Haut getackert wird.
Und in diesem Zusammenhang stellt sich mir auch die Frage, wer das Tätowierhandwerk weiter voran bringt und für mehr Vielfalt sorgt. Die Zeichner oder die Nichtzeichner...? Ich könnte mir vorstellen, dass die Fähigkeit, eine Idee zu visualisieren, dabei hilfreich ist.

Noch etwas... Im Zweifel ist mir der zeichnende Handwerker immer lieber als der Künstler. :wink:

(Hoffentlich habe ich mich einigermaßen verständlich ausdrücken können...)

Grüße in's Forum, Uli
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon hillbill » 07.02.2013 18:54

@ cymbolic: Meine Rede! :D
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon rotbaer » 07.02.2013 18:59

Was da hilft ist vielleicht eine Definition des Begriffs Zeichnen.

Man unterschied früher (soweit ich das jetzt noch weiß, die Begrifflichkeiten gehen auf die Renaissance zurück) Skizzenhafte Annäherung, Ausformulierung, Entwurf, und Fertigstellung. Zeichnen galt klassisch nämlich nicht als eigene Kunst sondern als Hilfstechnik zur Vorbereitung und Erstellung von Bildnissen.

Im Sinne von: Linien ziehen, ausschattieren, Lücken schließen und handwerklich guter Ausführung ist sicher jeder Tätowierer ein guter Zeichner weil es anders ja gar nicht geht. Eine Freiheit in Form und Gedanken und diese dann zu Papier zu bringen ist eine andere Baustelle. Da glaube ich gerne das es da Leute gibt die da eher weniger stark aufgestellt sind.
Ich würde die Begriffe reproduktives und kreatives Zeichnen einführen wollen. Reproduktives Zeichnen muß ein Tätowierer zwingend beherrschen, kreatives Zeichnen wäre toll.
Das ist aber keine Frage des generellen Könnens sondern eine Frage der Persönlichkeit.
Bei mir ist es so das ich zb. i.d.R. kein Interesse am Anfertigen von "fertigen" Illustrationen habe, da mir das keinen emotionalen Gewinn bringt. Das Interesse hört nach dem Erforschen der grafischen Zusammenhänge meistens auf. Wenn man mich zwingt, kann ich sicher das andere auch, aber es wird halt nicht so richtig gut. Von daher sollte man schauen wo man Spass dran hat, stundenlanges Ausmiezeln von Farbflächen muß man wollen. (Über das Zeichnenkönnen hinaus.)
Ich ironiere so lange bis ich einen Sarkasmus bekomme!
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon cymbolic » 07.02.2013 19:08

@hillbill: Stimmt! Bist mir zuvor gekommen. Weil ich aber schon so viel geschrieben hatte, wollte ich meinen Beitrag nicht löschen, sondern euch an meinen geistigen Ergüssen teilhaben lassen. :wink: Schön, dass wir uns so einig sind. :D
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Re: Muss ein guter Tätowierer zeichnen können?

Beitragvon sk8mafiaflip » 07.02.2013 19:24

cymbolic hat geschrieben:Aber mein Eindruck ist, dass sie zu einer aussterbenden Art von Tätowierern gehören.

halte ich doch eher für ein Gerücht der Bereich "Realismus" boomt doch im Moment wie fast nie zuvor? Und für die meisten Sachen in dieser Kategorie muss man nicht "kreativ Zeichnen" können!

cymbolic hat geschrieben:man möchte sehen, was man bekommt. Die bloße Aussage "ich weiß, was du meinst und ich kann das stechen" reicht nicht mehr. Man verlangt einen Entwurf als "Beweis" für die Fähigkeiten des Tätowierers. Es wird mehr Wert auf individuell auf den Einzelnen zugeschnittene Motive gelegt (Stichwort custom).

Für was gibt's Photoshop? In manchen Stilrichtungen wird doch sowieso nur wenig "gezeichnet" da kann man den Entwurf doch einfach am PC erstellen...

Ansonsten bin ich zu 100% bei rotbaer, der das Ganze einfach super "skizziert" hat :wink:

Ich persönlich würde um noch ein bisschen Öl ins Feuer zu gießen behaupten, dass diese Diskussion eigentlich nicht wirklich sinnvoll ist, denn man muss nur die Werke eines Tätowierers anschauen, dann sieht man doch was man bekommt?! Wenn mir die Arbeiten gefallen, dann kann es mir doch auch völlig egal sein ob der Tätowierer "zeichnen" kann oder nicht!(ich glaub ich muss hier nicht dazu schreiben welche Variante ich persönlich bevorzuge...)


Cheers, Flip


Edit: Sollen wir jetzt in Zukunft hier im Forum schreiben: "Dein Tätowierer erstellt dir dann eine Vorlage" (Denn "erstellen" ist nicht "zeichnen" und zu ersterem sollte meiner Meinung nach jeder Tätowierer in der Lage sein :wink: )
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