Ist Fotorealismus sinnvoll?

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Ist Fotorealismus sinnvoll?

Beitragvon Bürste » 06.05.2010 12:46

Hallo,

ich hätte da mal eine Frage. Wenn ich fotorealistische Tattoos sehe, die wirklich gut gestochen sind bin ich jedes Mal begeistert. Allerdings sind die Bilder solcher Tattoos meist kurz nach dem Stechen aufgenommen. Doch wie sieht das mit den feinen Schattierungen und Linien nach Jahren aus? Ein Tattoo verändert sich ja im Laufe der Jahre. Besteht da nicht die Gefahr, dass aus dem einstigen fotorealistischen Tattoo nur noch ein"Farbenwirrwar" übrig bleibt?

hat jemand vielleicht ein Bild von einem einige Jahre alten fotorealistischen Tattoo?
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Beitragvon holisch » 07.05.2010 8:21

Denk nicht, dass allzu viele Leute mit einem qualitativ hochwertigen fotorealistischen Tattoo rumlaufen, welches ~10Jahre aufn Buckel hat. Das ganze hat erst richtig die letzten paar Jahre an Fahrt aufgenommen und die üblichen Verdaechtigen, die solche Werke fast in Perfektion stechen, sind oftmals noch keine 30. Natuerlich gibds hier Ausnahmen, wie Sonny, Heiko, Shane Oneil, Renshaw, Carlton... und wie sie alle heisse, die das schon etwas laenger machen. Aber so richtig alte Tattoos von denen findest auch kaum im Netz...

Bin selbst so n Fall, der der Sache sehr angetan ist und hab mich mit der Frage natuerlich auch schon ausseinandergesetzt, mit Leuten und meinen Taetowierern darueber gesprochen... Bin der Meinung, dass n Tattoo mit richtig fetten Outlines, traditonelle oldschool, Blackwork oder auch stellenweise Asiateile n laengeres 1 Sitting Halbtbarkeitsdatum haben, als Realistiktattoos auf sehr hohem Niveau. Liegt einfach in der Natur der Dinge.

Es kommt imho auch viel drauf an, wie die Grundlage des Tattoos ist, ist viel schwarz als Basis verwendet worden? Hat der Taetowierer ausschliesslich Farbe only verwendet? Man kann, zwar nicht so wie die klassischen Tattoos, dennoch staerkere Outlines/Grenzen drinnen haben... Wie spielen die Kontraste gegeneinander? Ist es full color oder n graywash Tattoo? Bob Tyrell z.b. sticht Hammertattoos fueres Foto danach. Er hat eine sehr sehr "weiche" Technik um seine Werke aufzubauen und macht sehr viel mit minimal Kontrasten. Kommt stellenweise sogar drauf an wie tief er die Farbe reingemacht hat. Hab schon einige Werke, ganze Sleeves und gross angelegt Portraits, von ihm live gesehen die einige Jahre aufn Buckel hatten... Und rate mal!? Die Dinger hatte maechtig an der plastischen Ausstrahlung und Lebendigkeit verloren und das passierte nicht erst ab dem 5 Jahr, sondern es war schon einiges direkt nach der Abheilphase nicht mehr vorhanden.

Desweiteren denk ich aber auch, dass das nicht nur ein Problem fotorealistische Tattoos ist, sondern dass jedes Tattoo dieses hat, welches nicht oldschoolmaessig mit 3mm outlines "gesegnet" ist und Kontraerfarben only verwendet wurden. Tattoos, egal welchen Stils, veraendern sich mit dem Traeger und jedes einzelne davon wird halt nunmal aelter. N paar Altuser hier laufen mit Dingern rum, die so um die 20+ Jahre aufn Buckel haben und die sehen alle nichtmehr taufrisch aus. Fotorealistik wirkt dem Phaenomen weissgott nicht entgegen! Es sollte jedem klar sein, dass solche Tattoos evtl das ein oder ander mal an Nacharbeit verlangen und es nicht bis zum Lebensende ein Onesitter bleiben wird.

Ne Anlaufstelle um sich nen Eindruck zu verschaffen ist wirklich auf GUTE Conventions zu fahren und hoffen ein paar Dinger live anschauen zu koennen. Keine Scheu an den Tag legen und die Leute einfach anquatschen. Beissen selten und sind oftmals sogar ganz nett ;)
Hier kannst dir dann n Eindruck verschaffen, der halt echt ist und dann wirst auch sehen, dass es viel Veranlagung und Lebensweise des jeweiligen Traegers ist.
Der eine ist z.b. Surflehrer oder Strassenarbeiter und verbringt Backhaehnchengebrannterweise ca 6 Monate im Jahr min 8 Studen in der knallenden Sonne und der andere ist Bürohengst der sein Teil sogar noch nach 5 Jahren 3x am Tag mit Bodylotion behandelt...

Spielen immer vielerlei Faktoren hier mit... Aber ein kleiner Trost ist auch, dass du mit +-60 wahrscheinlich auch nicht mehr so frisch und knackig sein wirst wie du es jetzt bist. Ausserdem kann man jedes Tattoo auffrischen lassen.
Zuletzt geändert von holisch am 11.05.2010 23:29, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Alois » 07.05.2010 10:25

Da schließ ich mich vorbehaltlos an.
Vor allem der Sonnenschutz danach (auch nach der Abheilphase!!!) ist sehr wichtig. Ich kenne inzwischen doch schon einige Leutchen, die mit ihren (von namhaften Inkern!) sehr gut gearbeiteten Portraits nach 2, 3 Jahren gar nicht mehr glücklich waren. Eines hatten sie alle gemeinsam: sie konnten sich weder ausgiebige Sonnenbäder wie auch den Assitoaster nicht verkneifen.
Man hat schon auch selbst in der Hand, wie lange man Freude an den Teilen hat...
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Beitragvon Smokeee » 09.05.2010 22:47

Respekt holisch wieviel Zeit du dir hier oftmals für deine Antworten nimmst. Ich hoffe du hast nicht vergessen den Beitrag vorm Absenden zu kopieren (du weisst schon "Kein Eintrag Modus") :lol:

Ich vermute auch das Fotorealismus zwar nachm stechen Überragend aussieht. Aber ich habe ein paar Sachen gesehen die bereits nach 1 Jahr sehr deutlich an dem anfänglichen glanz verloren haben.

Der User mit dem Künstler Portrait-Bein (weiß leider nicht mehr wie er heißt) sagte ja auch das seine Sachen, nach nicht so langer Zeit, schon sehr an Wow verloren haben. Das ist auch mit der Grund warum ich bisher davon abgesehehn habe mir sowas stechen zu lassen, auch wenn ichs sehr sehr schön finde.

Na ja mal gucken wies in ein paar Jahren aussieht wenn Langzeiterfahrungen da sind. Habe noch genug freie Haut :wink:
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Beitragvon holisch » 09.05.2010 23:11

Smokeee hat geschrieben:Respekt holisch wieviel Zeit du dir hier oftmals für deine Antworten nimmst.

Liegt wohl an meiner Affinitaet am Thema =)

Ich hoffe du hast nicht vergessen den Beitrag vorm Absenden zu kopieren (du weisst schon "Kein Eintrag Modus") :lol:

strg+a - strg+c ist schon in Fleisch und Blut uebergegangen...

Der User mit dem Künstler Portrait-Bein (weiß leider nicht mehr wie er heißt) sagte ja auch das seine Sachen, nach nicht so langer Zeit, schon sehr an Wow verloren haben.

:lol: Bezog sich meines Insderwissens nach nur auf den Picasso bei dem Ihm vorher schon gesagt wurde, dass man da nochmal nen 2ten Pass machen muss. Die 2 daneben hingegen sind technisch anders aufgezogen worden und dort siehts anders aus... Der Dali ist auf dem Bild ca 1.5 Jahre alt btw.
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Beitragvon Bürste » 10.05.2010 8:46

Dank euch allen und insbesondere holisch!

Dann habt ihr meine Vermutung ja bestätigt. Ich bin zwar wie gesagt auch immer begeistert bei fotorealistischen Tattoos aber stechen lassen wollte ich mir bisher keines - eben weil ich befürchtete, dass das Tattoo nach Jahren nicht mehr so gut ausschaut. Nachstechen ist zwar sicher möglich, doch denke ich auch da, dass man das Ausgangsprodukt an Qualität nicht mehr erreichen kann.
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Beitragvon holisch » 10.05.2010 10:53

Bürste hat geschrieben:Nachstechen ist zwar sicher möglich, doch denke ich auch da, dass man das Ausgangsprodukt an Qualität nicht mehr erreichen kann.


Falsch gedacht. Ein Realistik Tattoo wird nicht selten ueber mehrere Sitzungen und multiple Layers aufgezogen (vorallem full color) und das hebt die Qualitaet des Stuecks meist gewaltig, weil eben in einer Sitzung die Haut nicht so sehr traumatisiert wird und Abheilphasen zwischen den einzelnen Sitzungen liegen...
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Beitragvon Masinka » 16.10.2010 14:33

ich hänge mich mal hier ran, um nicht extra was neues aufzumachen.

aus persönlichem interesse würde ich doch gerne mal ein paar professionelle meinungen hören, inwieweit die werke von katerina mikky haltbar sind. bei einigen ihrer sachen hätte ich da nämlich leise zweifel. ihr stil spricht mich allerdings unheimlich an und sie ist eine meiner favoriten für ein recht großes projekt.
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Beitragvon Herger » 16.10.2010 18:28

zwar keine professionelle- aber trotzdem ne meinung:

wenn ich mir z.b. diese arbeit oder auch das tattoo von ihr angucke, ich würd mal schwer vermuten, daß der träger auch in vielen jahren noch spaß dran haben wird... schlichtweg, weil die kontraste, die sie setzt, einfach passen.
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Beitragvon magicofart » 16.10.2010 19:56

@Masinka
ich kenne die arbeit von Mikky seit ein paar jahren, und habe auch meine zweifel was die haltbarkeit angeht.
hatte sie auch mal drauf angesprochen... viele, ihren kollegen, versiechern aber, die werke nach monaten oder jahren gesehen zu haben...und die sahen top aus.
die künstlerin ist sehr jung, und wird sich mit diesem problem garantiert auseinander setzen müssen.

respeckt an holisch, für den beitrag!

ein (nicht jedes) realistic tattoo kann auf jeden fall nicht weniger haltbar sein als oldschool, müssten aber viele voraussetzungen erfüllt werden.
aber genau so wie bei oldschool... sehe fast täglich 10,20,30 jährige traditionelle tattoos... :cry:
http://www.tattoo-osnabrueck.de
Den Künstler muß nach jedem vollendeten Werk die Angst überfallen, er könne sich nicht mehr übertreffen.
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Beitragvon Masinka » 17.10.2010 11:30

@herger jo, bei den zwei werken hab ich auch keine bedenken. aber ein paar ihrer sachen weisen eben nicht diese kontraststärke auf. aber gut, liegt ja eventuell auch bei mir, etwas kontrastreiches zu wünschen..

@magicofart da bei mir ja perfekte tattoobedingungen herrschen (also sehr blasse haut und so gut wie nie sonne) hoffe ich einfach mal, dass ich lange freude daran habe. sollte ich mich für sie entscheiden. steht ja noch nicht fest.

danke euch beiden, für eure antworten!
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