Kunst wertneutral beurteilen?

Allgemeines zum Thema Tattoo

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Kann man Kunst und Künstler von einander trennen?

Ja, weil...
6
17%
Nein, da...
19
54%
Das kommt drauf an...
8
23%
Keine Meinung.
2
6%
 
Abstimmungen insgesamt : 35

Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon vanEkeris » 15.11.2012 17:35

Herger und ich hatten uns im Rahmen der Dan Diskussion darüber unterhalten und fanden die Frage, losgelöst von der emotionalen rechts/links Diskussion interessant.

Kann man Kunst, ohne Bezug auf die einem bekannten Wertvorstellungen des Künstlers betrachten und beurteilen, oder stehen Werk und Künstler immer miteinander in Bezug?

In unserem Fall, bezog sich die Ausgangsfrage auf Tätowierungen, aber ich würde das allgemeiner fassen. Oder ist gerade das nochmal ein Unterschied?
Zuletzt geändert von vanEkeris am 15.11.2012 17:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Staubwolke » 15.11.2012 17:43

Hah, erster! :wink: Ich finde, es kommt darauf an: Wenn er eine Einstellung hat, die für mich absolut unvertretbar ist (wie eben Nazi, Tierquäler, Frauenprügler, Kinderschänder und was weiß ich noch alles), dann würde ich mich NIE UND NIMMER von der Person tätowieren lassen, vorausgesetzt, ich weiß vor meinem Termin davon. Infolgedessen könnte ich auch nie eine Kunst ohne Zusammenhang mit dem Künstler betrachten. Ob das jetzt eine Tätowierung ist, ein Gemälde, eine Skulptur oder sonstwas. Alle Kunstwerke kriegen bei mir dann einen faden Beigeschmack. Ich hoffe, Tante Edith konnte das jetzt nochmal ausführlicher erklären. :D
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon zion » 15.11.2012 18:41

das kommt darauf an inwieweit die persönlichkeit des künstlers seine kunst beeinflusst. aber gibt sicher fälle wo ich das klar trennen könnte.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Buddha_Eyes » 15.11.2012 19:14

Boah, da habt Ihr Euch aber ne schwere Frage rausgesucht.. also erst beantworten, was Kunst ist und dann ne Beziehung zu Wertvorstellungen herstellen und dann mal gucken, wie ein mit oder ohne das andere funktioniert. Also, ich habe auf „Das kommt darauf an..“ geklickt. Hier ist, warum (Achtung, das wird länger):

Vorfrage: Was ist (für mich) Kunst? Ich glaube, daß es fast unmöglich sein wird, Kunst letztlich wirklich befriedigend zu definieren – Verfassungsjuristen versuchen sich schon ewig daran. Ich denke aber, daß als Arbeitshypothese die Kunstdefinition des BVergG in seinem sog. Mephisto-Beschluss ganz gut funktioniert:

Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung sei die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit sei ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirkten Intuition, Fantasie und Kunstverstand zusammen; es sei primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers.


Wenn also Kunst zunächst unmittelbarer Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers ist, dann ist es zwingend, daß man jedenfalls seine Persönlichkeit nicht von seinen Werken trennen kann Insoweit ist es nicht etwa so, daß man (primär - dazu unten mehr) zur Beurteilung der Kunst die Kenntnis der Persönlichkeit des Künstlers bräuchte, sondern daß vielmehr umgekehrt dessen Persönlichkeit aus dem jeweiligen Werk „fließt“ oder anders gesagt: Zur Beurteilung der Persönlichkeit kann (und muss) man die Kunst heranziehen.

Warum ist das wichtig? Die Persönlichkeit ist keine singuläre Sache, keine feststehende Größe oder auch nur EINE Sache überhaupt, sondern das Konglomerat sämtlicher gefestigter psychologischen Zustände einer Person, D.h. sowohl die moralischen als auch die logischen, spirituellen, sexuellen, kognitiven, empathischen, affektiven, selbstreflektiven usw. Potentiale und Fähigkeiten eines Menschen formen dessen Persönlichkeit. Nun weiss man aber heutzutage, daß alles diese Subaspekte sich nicht quasi aneinander entlang entwickeln oder bei einem Menschen immer gleich weit oder fortgeschritten entwickelt sind. Wir alle kennen Leute mit phänomenalen logischen Fähigkeiten aber ohne jegliche Beziehung zu ihrem Körper, Menschen mit einer durchaus hoch entwickelten sexuellen Identität, die aber dumm wie Weissbrot sind, spirituell erleuchtete Wesen, die trotzdem nicht die Finger von ihren Schülerinnen lassen können usw.

Nun wird aber kein Künstler bei jedem Werk alle Subaspekte seiner Persönlichkeit verarbeiten oder in Form giessen. Vielmehr wird er möglicherweise den sexuellen Aspekt sehr betonen (Jeff Coons), den spirituellen Aspekt sehr herausheben (Alex Grey, Mark Rottko), den logischen Aspekt betonen (Frank Stella) oder seine moarlisch-ethischen Empfindungen darstellen (Anselm Kiefer) usw.

Wenn man also Kunst betrachtet und sich die lustige Schulfrage stellt: „Was will uns der Künstler damit sagen?“ dann wird es nur sehr wenigen, intuitiv unendlich begabten Menschen ohne weiteres möglich sein, das jeweilige Werk zu verstehen ohne gleichzeitig zu begreifen, welchen Teil seiner Persönlichkeit (oder welche Teile) der Künstler hat nach Aussen fließen lassen. Manchmal wird das aus dem Werk selbst sehr deutlich (Jeff Coons, sakrale Kunst) manchmal braucht man dafür einfach bestimmte Hintergrundinformationen, weil man es sonst einfach nicht rafft (ohne die Kenntnis der Kriegserfahrungen eines Josef Beuys und damit dieses Teils seiner Persönlichkeit wird man nie – auch nicht mit noch so viel intuitivem Gespür – raffen, warum bei dem ständig Filz und Fett verwendet wird).
Wenn nun beispielsweise jemand Kunst produziert, die z.B. Teile seiner Persönlichkeit repräsentieren, die sich völlig weltanschaulich unabhängig entwickeln können, wie z.B. Sexualität, ästhetisches Empfinden, logische Fähigkeiten, Spiritualität (bis zu einem gewissen Grad.. irgendwann beissen sich gewisse Erfahrungen mit bestimmten Einstellungen – d.h. entweder das eine oder das andere tritt einfach nicht [mehr] auf. Man kann halt nicht 20 Jahre Meditieren und dabei Nazi bleiben) oder kognitives Potential, dann kann mir – wenn es nur um die Betrachtung der Kunst an sich geht – völlig Latte sein, wie z.B. der Künstler politisch tickt. Weder wird dessen Einstellung durch sein Werk nach Aussen treten noch brauche ich sie als eventuelle Hintergrundinfo um das entsprechende Kunstwerk zu verstehen.
Wenn aber ein Kunstwerk z.B. moralische Subaspekte der betreffenden Künstlerpersönlichkeit transportiert oder sogar genuin politisch ist, dann spielt die Weltanschauung des Künstlers ganz definitiv eine – eventuell sogar die entscheidende – Rolle. Entweder dringt sie ohnehin durch das Werk hindurch oder ich brauchte ihre Kenntnis um das Werk zu verstehen.

Eine ganz andere Frage ist für mich diejenige, ob ich persönlich in der Lage bin, noch Genuss an einem Werk zu finden, über dessen Erschaffer ich weiss, daß er ein Nazi oder ein glühender RAF Anhänger ist – aber das hat etwas mit mir und nicht mit der Kunst zu tun. Ich würde mir auch den erleuchtetsten Mediationslehrer nicht „nehmen“ wenn ich wüsste, daß der jede zweite seiner Schülerinnen durchnudelt oder ansonsten ne ausgesprochen dürftige Affektsteuerung hat – auch wenn das eine nicht zwingend was mit dem anderen zu tun hat.

Edith sagt: Bei Tätowierungen ist das für mich übrigens tatsächlich meist etwas anderes, weil nach meinem Verständis so gut wie kein Tätowierer (von wenigen prominenten Ausnahmen abgesehen) tatsächlich Kunst produziert (sorry, folks - das ist für mich weitgehend Kunsthandwerk) und daher für mich da eher der Aspekt persönlicher Sympathie und Antipathie bestimmter Weltanschauungen eine Rolle spielt.. kurz gesagt: Ich kaufe nicht bei Nazis
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon santazero » 15.11.2012 20:32

Puh.. da mag ich nicht abstimmen :) Finde ich nicht so einfach zu beurteilen.

In erster Linie schaue ich mir kunst / tätowierungen an ohne zu wissen von wem sie sind (sofern nicht sofort durch bestimmte Stile identifizierbar). Erst dann erkundige ich mich nach dem Künstler.

Wenn es dann von einem mir völlig inakzeptablem Künstler geschaffen wurde, wäre das für mich wohl ein no go es zu kaufen oder mich dort zu tätowieren lassen. Wobei das nicht heißt, dass ich sein Talent nicht anerkenne. Ich trenne da die Person von der Kunst, möchte aber von dieser Person dann nichts besitzen obwohl es mir gefällt.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Tim59 » 16.11.2012 1:23

Für mich ist Kunst nie wertfrei (oder wertneutral), und ist demzufolge auch nicht neutral zu beurteilen. Damit meine ich, das ein Kunstwerk in einem bestimmten Kontext entstanden ist, von eine(r) bestimmte(n) Kunstler(in).
Zum Beispiel würde ich hier ein anderes Topic von heute: der vermeite rassistische Ader von Pippi Langstrumpf. Man muss allerdings betrachten, das Pippi in Schweden der 40er (?) entstanden ist - und von daher in ein völlig anderes Umfeld zuhause ist, als unsere jetztige Gesellschaft. Sachen die jetzt selbstverständlich sind, waren vor gar noch nicht so lange Zeit noch fast ungedacht - und das Spiegelt sich im Kunst wieder.

So gilt es auch für Originalität: technisch gesehen ist es vielleicht nicht schwierig um ein Bild von Mondriaan zu kopieren. Aber es zu Bedenken gibt es eine besondere Aura. Wie Benjamin es schon (schön) beschrieb, das ein Kunstwerk drei wichtige Merkmale hat: Unnahbarkeit, Echtheit und Einmaligkeit. Kunst ist halt nicht objektivierbar, bei gute Kunst fühlt man etwas. Es bewegt dich auf irgendeine Art und Weise...
Und in diesem Sinne kann man der Kunstler nicht "wegrationalisieren" aus einem Kunstwerk. Seine Persönlicheit und Kontext beleben und formen die Einmaligkeit, die Einzigartigkeit des Werkes, und sind somit unmittelbar im Werk eingebunden. Man kann ein Van Gogh pittoresk observieren, und einfach die schönheit des Bildes sehen. Oder man sieht (in manche Bilder) die Verzweiflung einer Depressiven, eine psychotische, manische Absinthtrinker... Das stört mich teilweise an zu perfekte Bilder: es hat kein Leben, irgendwie. Aber das ist eigentlich eine ganz andere Debatte.

Es berreichert ein Kunstwerk ungemein, wenn man mehr vom Kontext weisst, da dieses immer (unterbewusst) im Kunstwerk wiedergespiegelt wird, und von daher kann ich dies nie wegdenken. Natürlich kann man nicht von jeden Künstler oder Kunstwerk alle biografische und kontextuelle Werte kennen. Aber Sie bewusst herausfiltern (weil es unbequem wäre so manches einzublenden), das funktioniert m.M.n. nicht. So wie manch ein Sänger ein Lied aufwertet weil es authentisch ist (oder rüberkommt), gilt dies auch für andere Kunstformen.
So berührt ein Gedicht von Paul Célan mich zum tiefsten, weil man spürt was er erlebt hat. Mehr, als wenn ich jetzt solch ein Leben interpretieren wurde und als aussenseiter zum gleichen Thema schreiben würde...

Ob Tattoos Kunst oder Kunsthandwerk sind, weiss ich nicht. Ich weiss auch nicht, ob ich die Frage überhaupt interessant finde. Fakt ist, das ich ein polynesisches Tattoo erst interessant finde, wenn es von jemandem ist, der sich intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt hat, als wenn es nur jemand ist, der es als Muster sieht. Ich werde (als Laie) nicht behaupten, unbedingt ein Unterschied zu sehen - aber es impliziet anwesend.

Ich weiss nicht, ob das ganze Sinn was ich geschrieben habe sinn macht, da meine Gedanken zu dem Thema ziemlich breitläufig sind (und in eine andere Sprache gedacht als geschrieben). Aber ich hab's geschafft, nicht einmal eine Nazi-Andeutung (oder implizieter Hinweis auf diesem Thematik) im Text aufzunehmen...
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Tommy_Lee » 16.11.2012 1:41

Ich fass mich ganz kurz:

Nein... kann man nicht trennen. Dafür kenne ich viel zu viele internationale Künstler persönlich. Außerdem ist Kunst ein Ausdrucksmittel der Persönlichkeit..
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Macavity » 16.11.2012 8:43

santazero hat geschrieben:Wenn es dann von einem mir völlig inakzeptablem Künstler geschaffen wurde, wäre das für mich wohl ein no go es zu kaufen oder mich dort zu tätowieren lassen. Wobei das nicht heißt, dass ich sein Talent nicht anerkenne. Ich trenne da die Person von der Kunst, möchte aber von dieser Person dann nichts besitzen obwohl es mir gefällt.


Das unterschreib ich mal so, da es das, was durch meinen Kopf schwirrte, als ich den Thread sah, ziemlich gut zusammenfasst!
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon rotbaer » 16.11.2012 13:23

Nein, der Künstler(in), die gewählte Kunstform und das letztlich entstandene Werk sind für mich untrennbar.
Ichgehe sogar so weit zu behaupten das jedes geschaffene Werk den Künstler beeinflusst und in eine bestimmte Richtung weiterentwickelt.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon santazero » 16.11.2012 15:29

Ist es euch noch nie passiert, dass ihr ein Kunstwerk (egal ob Tattoo oder Leinwand) gesehen habt und dachte "wow wie geil ist das denn?" und hinterher erfahren habt, dass euch der Künstler nicht passt (warum auch immer) ??
Also mir schon.

Und bitte jetzt nicht alles immer nur auf Den beziehen sondern mal allgemein sehen. Auch Leinwand Kunst, Filme usw.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Tim59 » 16.11.2012 16:55

Natürlich! Ich fand z.B. die Filme von Polanski sehr interessant - bevor ich wusste, das er eine Vorliebe für zu junge Mädchen hat. Aber, etwas (noch) nicht zu wissen, ist was anderes als wissentlich über etwas hinwegschauen. Um mich selber zu Zitieren:

Natürlich kann man nicht von jeden Künstler oder Kunstwerk alle biografische und kontextuelle Werte kennen. Aber Sie bewusst herausfiltern (weil es unbequem wäre so manches einzublenden), das funktioniert m.M.n. nicht.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon rotbaer » 16.11.2012 19:27

@santa: Mir geht das bei Warhol so. Ich mag seine Bilder, den Blondperückenträger selbst find ich eher schmierig.

IdR ist es aber so das ich wenn ich den Künstler und sein Arbeiten sehe, diese beiden Eindrücke schon in Deckung bringen kann.(Unabhängig von Sympathie)

Ich finde z.B das Leni Riefenstahl schon auch ihre Filme verkörpert hat.

Und um mal ein für mich absolut negatives Beispiel zu bringen: Udo Lindenberg.
Er kommt für mich arrogant und großkotzig rüber, passend dazu finde ich seine Gesangs und Tanzkünste eher beschränkt, von seiner Malerei will ich gar nicht erst reden. Einem Mick Jagger nehme ich den Rockstar ab :D


Bei Dali finde ich z.B. seine Exzentrizität in seinen Arbeiten, bei HR Giger seine leicht düsteren Phantasien. (Die Biografie von ihm ist echt spannend)
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Mooncraft » 17.11.2012 18:27

Ich hab ein magisches Denken, von daher: Für mich nicht trennbar.
Jene die tanzen werden von denen für verrückt erklärt,
die die Musik nicht hören .
+++
"You really don't have to tell me that you don't like my tattoos. Your opinion never crossed my mind when I chosed to get them."
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon colouredmanu » 19.11.2012 16:57

Ich finde die Frage ebenso interessant wie Ihr, Jan und Herger.
Aber ich glaube hier ist die Meinung schon zu eindeutig gesagt und zu gemeinschaftlich als die richtige angenommen worden.

Inwiefern macht es somit Sinn eine solche Umfrage in einem so von Doppelmoral durchzogenen Mikrokosmos zu starten? 8)

Manchmal ist kurz nicht kurz genug und weniger, respektive gar nichts, mehr.

Wenn man das Forum aus der Entfernung betrachtet, dann fällt einem schnell auf das jeder Rädelsführer sich hier seine Lobby sucht.
Nur um sich dann wieder artig zu gruppieren, irgendwen anzuprangern und sich gegenseitig nach dem Mund zu reden.

Und jeden Monat wird ne andere sprichwörtliche Sau durchs Dorf gejagt.

Eine Aussage zum Thema finde ich allerdings sehr interessant und wahr: Tätowieren ist ein Kunsthandwerk.
Und dem kann ich nur beipflichten.
Daher KANN ich natürlich die Gedanken und Persönlichkeit eines Tätowierers losgelöst von seinen Werken sehen. Für mich spiegelt sich in einem Portrait eines Schauspielers keine Gesinnung des ausführenden Tätowierers wieder. Somit hat diese Kunst nur in seltenen Fällen etwas mit der Persönlichkeit zu tun.

Bei mir hörts allerdings dort auf, wo Propaganda betrieben wird für eine mir unverständliche oder verhasste Sache bzw. Weltanschauung. Und dazu gehört das offensichtliche Tragen eines Hakenkreuzes an einer Kette oder ähnliche Dinge.
Auf mich wirkt es eh befremdlich, wenn man sich in der/einer Kunstszene/kunstgeprägten Szene bewegt und Andersartigkeit, etc. ablehnt und subtil oder brachial den Faschismus glorifiziert. Und sei es nur ein ekelhaftes Stilmittel oder gar sehr rabenschwarzer Humor.

Ferner jedoch stellt sich mir folgende Frage:
Macht es einen Unterschied jemanden dafür zu kritisieren was er denkt oder was er glaubt?
Ohne andersartiges denken und glauben hätte es ja den Holocaust laut Aussagen oberflächlicher Betrachtungen nicht gegeben.

Sollte sich also nun jemand dazu bekennen bei einem Nazi zu kaufen, wäre er dann quasi schon Sympathisant oder kann er vllt. nur eine ganz eigene Stellung dazu bezogen haben?

Ich finde es ist ein schwieriges Thema, welches nicht in eine Umfrage passt.
Denn jeder wird für sich eine Meinung dazu haben und diese ggf. nicht sagen oder sogar angepasst wiedergeben. Denn der Tattooscout-Tenor ist hinlänglich bekannt.

Zumal es leider immer latente Linksaktivisten gibt, die sofort "Nazi Nazi" schreien, sofern irgendwas auch nur eine leicht bräunliche Färbung annimmt. Das es aber ohne schwarz kein weiß gibt, (Klingt doof in dem Kontext, aber man mag es mir verzeihen) sollte man sich auch mal auf einen Blickwinkelwechsel einlassen. (Was jedoch nicht bedeuten soll faschistoide Handlungen oder Propaganda zu tolerieren oder gar zu unterstützen!)

Für linksradikales Volk:
Bitte vergesst nicht Eure Abos für Zeitschriften aus dem Axel Springer-Verlag, sowie Euer Konto bei der Deutschen Bank zu kündigen und Euren Volkswagen zu verschrotten!

:mrgreen:
Wenn die Sonne der Kultur tief steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.
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Re: Kunst wertneutral beurteilen?

Beitragvon Kontrakreativ » 20.11.2012 19:09

Mit den großen Gedanken halte ich mich mal vorerst zurück. Um mein eigenes Mosaik zu komplettieren hätte ich aber gerne eine Antwort auf die Frage, inwieweit sich der Begriff "Kunsthandwerk" in diesem Kontext positiv bestimmen lässt. So wie ich das sehe entwickelt beispielsweise Buddha aus Begriff und Definition von Kunst bestimmte Konzepte, die dann gegenüber Tätowierungen einfach nicht mehr gelten sollen. Der Begriff Kunsthandwerk ist hier also nicht positiv, sondern funktional bestimmt: Er soll lediglich bestimmte Sachen (Tattoos) ausschließen.

Das verstehe ich schon gegenüber des uferlosen Kunstbegriffes nicht. Also - ich kann verstehen, wenn man zum Beispiel der Rechtswissenschaft die Wissenschaftlichkeit abspricht. Dann muss man Begriffe wie Kunsthandwerk (G. Schröder) bemühen, um assoziativ vermitteln zu können, dass Juristen eben handwerklich arbeiten, ohne dabei die Hände zu benutzen. Die Klempner unter den Geisteswissenschaftlern sozusagen.

Aber dem was die hier diskutierten Leute unter die Haut bringen? Und vorher auf Papier? Bei dem Niveau im Flashbereich? Nur weil sie Tätowierer sind?

Ansonsten ist die Frage schon perplex gestellt. Man kann überhaupt nicht wertneutral urteilen, weil ein Urteil per se normativ ist. Und natürlich kann man auch Werk und Person nicht "trennen"; außer man kennt den Namen des Urhebers nicht. Man schaue nur in den Copycat/Außergewöhnliche-Thread. Stilrichtungen sind unverwechselbar, Namen spielen eine Rolle; jede_r hier erkennt ein TLW-Tattoo. Die Frage ist daher nicht, ob man trennen kann (kann man nicht, so lange man Namen und Werk zusammendenkt), sondern schlicht ob einem egal ist, wer was wann wie macht. Ob man - metaphorisch gesprochen- Hand- bzw. Kunstwerk nur mit den Augen einer mechanischen Justitia sehen will - und alle damit verbundenen Konsequenzen ziehen; z.B. russische Neonazis unterstützen. Zur Problematik einer technischen Vernunft gibt es genug Text.
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