wo beginnt/endet die verantwortung?

[rockkat]

der fred mit der spinne am hals bringt mich grad wieder drauf.
ich arbeite in einer einrichtung für menschen mit behinderung (wohnen und arbeiten). in der werkstatt ist ein junger mann tätig der sehr offensichtlich tätowiert und gepierct ist. u.a. hat er schriftzüge an beiden unterarmen und eben seit letztem jahr auch so eine spinne am hals.
seit er gesehen hat das ich auch farbe mit mir rumtrage quatschen wir öfter, er hat auch erzählt das er die spinne machen läßt. mehrere wochen hab ich es drauf angelegt ihm zu begegnenund hab versucht ihn abzubringen, keine chance, irgendwie hatte ich dann auf den tätowierer gehofft das der sagt, nö mach ich nicht.
einerseits find ich gut das er sein ding macht und einfach ganz "normale sachen" macht, andererseits bin ich mir nicht sicher ob er sich wirklich der möglichen folgen bewußt ist. wobei ich mir da auch bei "normalen" leuten nicht immer sicher bin
sollte ein inker bei einem mensch mit geistiger behinderung (sehr leicht aber halt doch zu bemerken) nochmal andere maßstäbe anlegen?

[well_done]

ich arbeite ja ebenfalls mit menschen mit gb oder/und psych. erkrankungen und ich denke,
da er in einer sicheren/behüteten einrichtung wohnt und ja auch arbeitet und sich seine gesellschaftlichen kontakte entsprechend auf die freizeit beschränken und er ja eben nicht z.b. auf dem ersten arbeitsmarkt auf jobsuche gehen muss,
soll er machen.

ich stelle eh fest, das viele menschen mit gb oft sehr locker damit umgehen, was der rest der welt denkt, das fängt doch schon bei den wildesten kleidungskombis an. mir war es anfags oft unangenehm, jenachdem wo ich hinmusste und jenachdem was meine zu betreuenden anhatten... ich musste mich ehrlich schon mehrfach zusammenreissen um nicht zu betonen, das wir aus ner behinderteneinrichtung kommen. wir haben z.b. einen mann da, der auf grund früher traumata sich ein teil des "ichs" als frau abgespalten hat und er trägt dann eben häufig wildkombinierte herren und frauen kleider, pinke pömps zur armee hose, weiße kurze lederjacke zur motorradhose, miniröcke zu hawaii-hemden und ähnliches. ihn stört das nie, wenn andere gucken, sprüche ablassen oder ihn auch auslachen. und er ist auch nur leicht gb und bekommt schon durchaus mit, was passiert.

und, auch wenn es hart klingt: menschen, denen man (auch erst auch den zweiten oder dritten blick) anmerkt, dass sie eine gb haben oder anderwertig beeinträchtigt sind, verzeiht die gesellschaft echt mehr und oft haben sie diesen freibrief a la "die armen behinderten, die haben doch sonst nix, sollen se doch zumindest machen was sie wollen".
das ist aber nur meine persönliche erfahrung im laufe meiner berufsjahre und gilt zum glück ja nicht für alle... ich finde nämlich auch positive diskriminierung scheisse.


edith: achja, ich bin noch neugierig, von welchen thread du sprichst?

[rockkat]

von dem hier preis-fur-dieses-tatto-t26261.html

ja das mit den klamotten kenn ich auch
das argument mit der arbeit hab ich mir selber auch gedacht, ich glaub am meisten schreckt es mich ab weil es einfach ne spinne ist, die find ich so schon richtig grausig

[ichfindimmernochkeinnick]

ich arbeite an einer GB Schule in der Berufspraxisstufe. Eine Schülerin wollte schon seit ewigen Zeiten ein Tattoo. Davon abzubringen war sie nicht, ich hab dann versucht sie zu beraten was Stelle und Motiv angeht und konnte wenigstens erreichen, dass sie sich nicht den Namen ihres Freundes auf den Unterarm tackern lässt. Sie hat dann zum Glück auch noch etwas gespart und ist nicht zu dem Tattoowierer in der nächsten Bahnhofsklitsche gegangen.
Da ich selber eine Gurke mit mir rumtrage konnte ich sie ganz gut beraten
Ich find das Thema auch echt schwierig, wie viel Freiheiten sollten sie haben was ist vertretbar.... ich probiere es mit sanftem Überreden, wenn man zu viel Druck macht läufts ja leider oft ins Gegenteil...

[santazero]

ich seh das ähnlich wie well_done.

Menschen mit GB verzeiht / tolleriert man mehr als bei "normalen" Menschen.
Und das GB Menschen es lockerer sehen, wie sie rumlaufen etc finde ich ganz nett. Die kümmerts halt überhaupt nicht was der Rest der Welt über sie denkt.

Bzgl des Tätowierers finde ich es schwer. Wenn der Mensch stark GB ist, muss doch bestimmt sowieso ein Betreuer o.ä. einwilligen wenn der der GB nicht geschäftsfähig ist oder? und wenn er nur leicht GB ist, dann würde ich vermuten dass der Tätowierer genauso berät wie bei "normalen" Leuten und wenn man es dann trotzdem machen will erbringt der Tätowierer seine Dienstleistung.

[Buddha_Eyes]

Bzgl des Tätowierers finde ich es schwer. Wenn der Mensch stark GB ist, muss doch bestimmt sowieso ein Betreuer o.ä. einwilligen wenn der der GB nicht geschäftsfähig ist oder?

Das kann gut sein. Wenn das bestehende Betreuungsverhältnis so weit geht weil der Kunde / die Kundin nicht mehr geschäftsfähig ist, dann ist das absolut zutreffend. Wobei sich dann die Frage dorthin verlagert: Sollte der Betreuer zustimmen?