transplant und tattoo

Allgemeines zum Thema Tattoo

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Beitragvon upsidedown » 01.02.2009 20:45

Tja - das mal ne interessante und gewagte Diskussion. Also wage ich es mal.

Lilly, ich hab von Deiner Krankheit gerad mal ehrlich keine Ahnung. Wie stehen Deine Chancen tatsächlich? Ich mein... zwischen dem eigenen Empfinden, man hat ja Hochs und Tiefs und manchmal hat man einfach Schiss, dass man es nicht packt, gibt es ja auch ne reelle medizinische Sicht. Was ich bei Dir allerdings sehe ist, dass Du ja mit aller Kraft leben willst und dass es Chancen gibt, von daher teile ich die Sicht von von Chris und Joerg.

Auf der anderen Seite, mal ehrlich. Wenn jemand in Euer Studio kommt, der sagt, dass er noch zwei Jahre zu leben hat und Euch sagt, dass er für sein Leben dieses Projekt haben will, dass er nicht nackig in die Kiste will. Und Ihr aber auch er auf der anderen Seite wisst, dass das das Risiko birgt, dass der jenige ein halbes oder ganzes Jahr früher geht, was würdet Ihr machen?
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Beitragvon yesterday_hero » 01.02.2009 20:57

ich weiß sehr wohl, dass das ein sehr gewagtes thema ist und ich kann auch verstehen, wenn der ein oder andere sich darüber sehr echauffiert. ich dachte mir schon, dass diese frage die gemüter in wallung bringt und ich hab auch damit gerechnet, dass der ein oder andere böse dinge an den kopf haut. damit kann ich umgehen.

ich weiß nicht ob einer die krankheit mukoviszidose kennt. vielelicht kann der ein oder andere damit was anfangen.

die reelle einschätzung ist, dass ich ohne eine erneute lungetransplantation nicht länger als zwei jahre leben werde. grob geschätzt. nach der tx allerdings gibt es keinen grund, warum ich nicht weiter 30 jahre leben sollte. ob ich die op schaffe oder nicht, steht allerdings in den sternen.

und wie ist das...ok ich bin krank, aber ich hab es immer sehr vermieden dieses wissen mein leben bestimmen zu lassen. gut, manche dinge waren unvernünftig aber ich habe andere sachen gemacht, die selbst gesunde sich nicht trauen und ich werde keinen tag bereuen. ich habe angst davor eines tages die gewissheit zu haben, dass ich nun gehe und mir sagen muss....hätte ich doch nur...als ich noch konnte...

kann das jemand verstehen?

lilly
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Beitragvon upsidedown » 01.02.2009 21:04

Verstehen kann ich es - mit Sicherheit! Du solltest Dich mit Deinem Facharzt beraten. Besprecht die Möglichkeit, ob sich die Tätowierung über viele Sitzungen mit großen Abständen strecken lässt, während er zwischen den Sitzungen die Blutwerte nimmt und schaut und das zur Not eben doch erstmal Deiner Gesundheit zu Gunsten beendet.
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Beitragvon Chris Kay » 02.02.2009 2:10

Auf der anderen Seite, mal ehrlich. Wenn jemand in Euer Studio kommt, der sagt, dass er noch zwei Jahre zu leben hat und Euch sagt, dass er für sein Leben dieses Projekt haben will, dass er nicht nackig in die Kiste will. Und Ihr aber auch er auf der anderen Seite wisst, dass das das Risiko birgt, dass der jenige ein halbes oder ganzes Jahr früher geht, was würdet Ihr machen?

Boris, ein ganz klares Nein. Würde ich nicht tätowieren. Nicht bei einem Jahr, nicht bei einem halben oder einem Tag. Das Szenario, das Du beschreibst, ist in meinen Augen aktive Sterbehilfe ohne Grund. Ich bin für aktive Sterbehilfe. Bei unsäglichen Schmerzen und bei unheilbarer Krankeit. Aber nicht, weil jemand ein Stück bunte Haut haben will.

aber ist es denn auch recht, das jemand, dem es eh nicht gut geht, die letzten wünsche auch noch zu verwehren?

Ganz knallhart gesagt, Lilly. Mach das Tattoo und verzichte auf die zweite Transplantation. Es gibt vernünftigere Leute als Dich, die jede Minute zu schätzen wissen, die ihnen geschenkt wird.
Ich will Dich beileibe hier jetzt nicht doof angehen, ich betrachte das sogar sehr kühl. Für mich ist der Tod auch kein Thema, wo ich mich im emotionalen Chaos verirre. Der erste Tag unseres Lebens besiegelte unser Ableben. Bei einem früher, beim anderen später. Aber die Spanne dazwischen sollten wir nutzen. Du lebst nun mal leider schon auf Reserve. Geh sparsam mit dem Rest Kraftstoff um und rase nicht mit 190 den Abhang runter.
Du schreibst, Du willst so normal wie möglich leben. Versteh mich nicht falsch, Du bist nicht normal. Du bist krank. Versuche Dich doch damit abzufinden. Ein Tattoo wird Dir nicht mehr Lebensqualität und Lebensmut geben, wenn die Gefahr besteht, ernsthaft Schaden zu nehmen.
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Beitragvon upsidedown » 02.02.2009 3:07

Cee-Kay-Tattoo hat geschrieben:Boris, ein ganz klares Nein. Würde ich nicht tätowieren. Nicht bei einem Jahr, nicht bei einem halben oder einem Tag. Das Szenario, das Du beschreibst, ist in meinen Augen aktive Sterbehilfe ohne Grund. Ich bin für aktive Sterbehilfe. Bei unsäglichen Schmerzen und bei unheilbarer Krankeit. Aber nicht, weil jemand ein Stück bunte Haut haben will.

Bezieh das mal nicht auf Lilly, da sehe ich das genauso. Aber ist das immer nur ein Stück bunter Haut? Oft, und das hätten wir ja auch so gerne, verbirgt sich doch für einige mehr dahinter. Eine Entwicklung, eine "Entpuppung". Wofür leben wir? Wonach streben wir? Das Leben ist nur ein Träger auf dem wir eine Geschichte schreiben. Die Qualität der Geschichte ist für jeden meist hoch, egal ob er etwas macht, das wir wirklich als hochwertig erkennen (will mal auf den Himalaja etc. oder will einfach nur ein paar Konsumgüter erleben). Aber machen wir alle wirklich etwas besonderes aus unserem Leben. Es geht mir dabei nicht darum, ob es denn dann bei dem einen oder anderen egal ist, ob er früher oder später stirbt. Es geht mir nur darum, dass oft alle hohen Ansprüche mit einer Belastung einhergehen, die uns u.U. früher aus dem Leben nimmt. Wenn ich meinem Leben (in diesem speziellen Fall der zwei Jahre Rest) auf alle Belastungen verzichte, die mir diese Zeit verkürzen könnten; was bleibt unter Umständen wirklich? Nehmen wir mal an... ich soll nicht feiern, soll lange schlafen, kein Alkohol trinken, nicht rauchen, keine körperlichen Belastungen, kein Sport, kein Stress. Ist das dann wirklich noch Leben? Was bleibt übrig, wenn ich auf diesem Träger "Leben" nicht mehr meine Geschichte schreiben darf, sondern nur noch eine Version die gar nicht meine ist?

Auf der anderen Seite. Ich glaube nicht mal, dass ich es machen würde. Ich wüsste nicht, ob ich für mich mit dem Gedanken leben könnte, das Leben eines anderen bewusst verkürzt zu haben.
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