von 4g48pg4l » 10.04.2018 19:03
Instagram & Co sind zunächst mal neue Marketingplattformen und als solche weder gut noch schlecht. Die Denkleistung des sich bewusst Informierens, wozu auch der Wissenserwerb gehört (Was ist eigentlich ein gutes Tattoo, woran erkenne ich Qualität, welche Tattoostile und Möglichkeiten gibt es ...) und das Schulen des eigenen Auges für gute Tattoos nimmt einem weder das Internet noch eine App ab.
Der Unterschied zu früher ist vielleicht der, dass Tätowierer vor 20 Jahren eine analoge Spiegelreflex zur Dokumentation ihrer Werke besaßen und digitale Bildbearbeitung noch etwas für (hoch)professionelle Grafikstudios war. Heute ist Nachbearbeitung vermutlich ziemlich häufig.
Mit der Klientel der "heute alle Tattoos für 40€" Tätowierer habe ich wenig Mitleid. You'll get what you pay for.
Dass ein gutes Tattoo seinen Preis hat ist triviale Kostenrechnung für Anfänger, weil der Tätowierer neben dem Studiobetrieb auch seinen berechtigten Anspruch auf einen leistungsgerechten Lebensstandard einkalkuliert, wozu bei Selbständigen auch der ganze Rattenschwanz von Altersvorsorge bis Absicherung von krankheitsbedingtem Verdienstausfall dazugehört. . Was aber - und hier ist das Problem gehypter Studios - sehr wohl möglich ist, das ist Mittelmäßiges zu Spitzenpreisen zu liefern, was man sich leisten kann, solange der Hype anhält. Das hat wenig mit Tattoostudios zu tun. Auch ein Paar qualitativ wie vom Design mittelmäßige Sneaker oder ein 08/15 T-Shirt lässt sich - wie der Zauber des Markts leicht zeigt - für ein Heidengeld verkaufen, wenn nur das gerade angesagte Label draufklebt.
Hier gilt das oben gesagte: Informieren - Informieren - Informieren, Wissen um Tattoos erwerben und das Auge für Qualität schulen. Will ich ein Tattoo von HipsterInk weil da gerade alle hinrennen, oder weil das meinen Geschmack, meinen Stil und vor allem meinen Anspruch an Qualität trifft? Weil ich nach gründlicher Recherche überzeugt bin, dass Qualität und nicht nur "Hype" geboten wird. Dass eine informierte Entscheidung nicht mehr zu Gunsten von "heute alle Tattoos für 40€" fällt, das sollte (hoffentlich) trivial sein. Dafür ist eigentlich noch nicht mal die Vorbereitung und die Studiohygiene drin.
Copycats - da sehe ich leider keine Lösung. Die Wertschätzung geistigen Eigentums scheint mit dem Internet, illegalen und semilegalen Downloadplattformen sowie legalen Streamingdiensten (Musik- und Filmflatrates) vor die Hunde gegangen zu sein. Hier würde ich dem Internet mal tatsächlich die Schuld geben. Insoweit ist Instagram für Tätowierer tatsächlich ein zweischneidiges Schwert: Das digitale Schaufenster ist gleichzeitig eine werbewirksame Ausstellung der Werke und eine extrem niederschwellige Einladung zum Diebstahl.