Ich denke, ich muss an dieser Stelle doch mal weiter ausholen ...
Ich weiß, dass nicht jeder hier etwas mit psychischen Krankheiten oder einer solchen Erklärung anfangen kann, ich bitte Euch aber um den angebrachten Respekt dafür, dass ich das an dieser Stelle so offen erkläre. Und ich bitte nachdrücklich um einen fairen Umgang mit den folgenden Aussagen.Was, glaube ich, entweder nicht ankam oder nicht verstanden wird:
Für mich ist das nicht einfach eine Tätowierung als (ohne abwertend gemeint zu sein!) Bild auf dem Körper.
Für mich ist diese Tätowierung, über die ich mir seit Jahren (!) Gedanken mache, ein psychisch unheimlich wichtiger Schritt, um endgültig von der traumatischen Vergangenheit loszulassen und Gegenwart und Zukunft zu umarmen. Ein wichtiger Schritt für meine psychische Gesundheit (und ja, das habe ich so mit meinen Therapeuten besprochen!), die ich in den letzten Jahren immer mehr stabilisieren konnte. Das Ergebnis von acht Jahren Therapie, die mir die Kraft gaben, meine Vergangenheit loszulassen, was sehr viele Schritte beinhaltete, die ich hier nicht näher beschreiben will.Natürlich reicht ein Tattoo nicht, um mit Traumata zu brechen und loszulassen, das ist mir klar. Es ist auch unheimlich schwer, das jemandem zu erklären, der psychisch nicht belastet ist, der sich nicht in einer so traumatischen Zeit tätowieren ließ.
Ich sage nur so viel: Der Tätowierer, das Studio, wussten das. Sie wussten, warum ich das Cover will und warum es mir genau so so wichtig ist, mit allen Symbolen, Farben und Bedeutungen. Ich habe ihnen das erklärt, weil es mir wichtig war, weil der ganze Prozess des Tätowierens für mich ein viel emotionalerer war als sonst.
Und ich bin froh und glücklich, dass sie das mitgemacht und meine Vorstellungen so gut umgesetzt haben.
Ich hatte seitdem zwei Stunden mit meiner Therapeutin, in denen wir das natürlich besprochen haben. Und sie sieht jetzt schon, mein Mann und meine Wahlfamilie sauch, dass dieser Schritt, über den wir sooo lange gesprochen haben, richtig war. Dass es der richtige Zeitpunkt war, dass ich viel lieber in den Spiegel sehe als noch vor einer Woche, als ich meinen linken Oberarm und seine damalige Bedeutung verabscheute und ihn weder im Spiegel sehen noch auf Bildern haben wollte.
Ich will ganz deutlich sagen:
Und dies führte dazu, dass Dinge gemacht wurden, die man mit etwas mehr Abstand und weniger emotional involviert, einfach nicht so hätte umsetzen sollen....
Dinge brauchen Platz, um umgesetzt zu werden. Und nicht alles muss mit Macht zusammen passen und gepresst werden.
Ich habe mir wochenlang Gedanken um dieses Motiv gemacht und es wäre mit Motiven und Farben - eventuell bis auf die Spirale - genau so geworden, wenn ich noch länger überlegt oder das Tattoo später hätte stechen lassen.
Es war keine spontane, unüberlegte Entscheidung, das so machen zu lassen.
Ich bin mit genau diesen Ideen da hin gegangen, nachdem ich sie, die Idee dahinter und die Bedeutung über Wochen mit den Menschen, die mich am besten kennen und auch Menschen, die einen persönlichen Abstand dazu haben, besprochen habe.
Und es gab vor dem Termin bei Triple T einigen Austausch über Mails, Telefon, FB ... Zwar nicht mit diesem Tätowierer, aber mit dem Chef und dem Zeichner dort.
Du fragst, warum man ihn nicht dazu machen sollte - ich frage dich, warum lässt du ihn dir nicht woanders stechen? Hast du keinen Platz mehr auf deinem Körper? Soll dies bis zum Ende deines Lebens die letzte tätowierte Stelle bleiben? Hat der Delfin mit den Tränen für deine Herzensmenschen dann weniger Bedeutung, wenn er nicht an das Insel-Tattoo angekoppelt ist? Und wenn ja, warum?
Ich will ihn am Tattoo, ob nun unter oder über der Insel oder am Schulterblatt, weil dieses eine, bestimmte Motiv meine letzte Tätowierung sein wird. Definitiv. Ich hätte mich nach dem alten und dem Schmetterling auf der Brust nicht nochmal tätowieren lassen, wenn ich entweder mit dem alten Tattoo hätte leben können oder Lasern eine wirkliche Alternative gewesen wäre.
Vielleicht deshalb auch so, wie Ihr es empfindet, bedeutungsschwer. Für mich ist es nicht bedeutungsschwer, sondern ein Ausdruck meines Seelenlebens. Und ich will meine Seele nicht so zerfleddert, kaputt und zerstört wie früher, jetzt, wo sie endlich ihr Zuhause an einem Ort, in meinem Mann und in meiner Wahlfamilie gefunden hat. Meine Seele soll eins sein, da, wo sie hingehört.
Deswegen bleibe ich dabei: nimm dir Zeit! Mit allem! Schlaf drei Monate drüber. Oder ein Jahr. Das Tattoo läuft nicht weg. Deine Idee auch nicht. Und finally: in ein paar Monaten sieht man auch endgültig, wie sich die Farbe in deiner Haut abgesetzt hat. Wie hell ist es geworden oder wie dunkel geblieben.
Ich weiß nicht, ob das verständlicher macht, warum ich nicht warten will?!
Ich mag die Spirale eigentlich schon, weil sie eine Bedeutung hat, die mir auch gut tut, kann aber die krude Assoziation nicht ignorieren. Natürlich stört mich die - und ich schwanke seit knapp einer Woche zwischen verschiedenen Überlegungen, wie sich das bearbeiten lässt. Daher geht das eben nicht Stunden, sondern Tage.
Das ist aber
nicht (!) der Grund, bald daran weiter arbeiten zu wollen!
Es blitzt an einigen Stellen (ich hab das ja eingezeichnet) sehr viel unter dem Cover durch, das gefällt mir nicht. Ich will nicht ewig warten, um das weg zu haben.
Stellt Euch mal vor, Ihr habt eine heftige Trennung durchgemacht und Euch jetzt endlich entschieden, Euch von den Erinnerungen zu trennen. Würdet Ihr ein, zwei Jahre warten wollen, bis alles weg ist, das Euch erinnert und weh tut? Oder würdet Ihr das, nachdem Ihr Euch ja schon lange Gedanken gemacht habt, Euch nur nicht fürs Entfernen entscheiden konntet, auch wirklich aus der Wohnung haben wollen - und zwar alles?
Eben.
Nochmal: Das Motiv entstand in einem wochenlangen Prozess aus Ideen, Überlegungen, Gesprächen, Therapiesitzungen ... Es ist für mich mehr als ein Tattoo normalerweise bedeutet.
Danke fürs Lesen.