von dobermann » 10.02.2006 15:39
Mal was informatives!!!!
BRANDING "Kiss of Fire" von Fakir Musafar
Das ABC des Branding
Branding Sehr wenige Handlungen des Menschen fesseln die Vorstellungskraft oder schüren Emotionen wie dieser ?Kuß des Feuers?. Heißes Metall versengt und bruzzelt lebendiges Fleisch. Rauch, Schreie, Schock und Schmerz. Das Zeichen bleibt eingebrannt das Zeichen eines Sklaven, eines Stück Eigentums. Das Zeichen eines Objektes, eines unerwünschten Außenseiters, einer Entwicklung von einer Lebensphase zur nächsten, der individuellen Courage und Selbsteinschätzung oder einfach ein Zeichen künstlerischer Ausdrucksmöglichkeit und Schönheit.
Aus mancherlei Gründen scheint der Brauch des Brandmalens der menschlichen Kultur erhalten zu bleiben. Im Computer und SpaceZeitalter scheint es aber paradox, daß derart ?barbarische? Praktiken für irgendjemand von Bedeutung sein sollten.
Aber für eine stetig wachsende Anzahl von Modern Primitives? scheint es eine fast heilige Handlung. Nachdem ich einige Erfahrungen mit dieser antiken Kunst sammeln konnte, wurde ich 1975 das erste Mal von Fremden um eine Demonstration meiner Brandingkünste gebeten. Seitdem habe ich die Magie dieses Handwerks mit Gruppen wie der JanusGesellschaft in San Francisco (siehe Foto) geteilt. Heutzutage scheint nun ein weitgefächertes Interesse am Branden zu bestehen ein wahres Revival der körperbezogenenRituale.
Aber es gibt bis heute verdammt wenig Hintergrundwissen über den Akt des Brandens an sich. Hier also mein Beitrag zur Transparenz.
Menschen sind keine Tiere
Die landläufigen Bilder zum Thema Branding stammen meist aus alten Hollywood-Filmen (Western oder Piratenmovies), antiken Holzschnitten oder der ?Mighty Dog? Werbung aus dem amerikanischen Fernsehen der 80er Jahre. Dort kann man beobachten, wie eine große, dicke Eisenstange erst über offenem Feuer zum Glühen gebracht wird und dann gegen das Fleisch (oder eben Hundefutter) gepreßt wird. Der Effekt: Ein höllisches Zischen, viel Qualm und nach ein paar Sekunden eine saubere Wunde.
In der Realität ist ein am menschlichen Körper durchgeführtes Branding natürlich weniger dramatisch. Aus folgenden Gründen würde es in dieser Weise auch garnicht funktionieren:
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1. Menschen sind keine Tiere. Zum Branden geeignete Körperteile sind am menschlichen Körper wesentlich kleiner und weisen deutlich mehr Rundungen auf als zum Beispiel die Flanke einer Kuh. Das Brandzeichen muß also dementsprechend kleiner gehalten werden, um auch sicher von einem Ende zum anderen eine gleichbleibende Tiefe zu gewährleisten. Ein gut gemachte Brandinglinie ist normalerweise höchstens 2,5 cm lang, wenn nicht sogar kürzer.
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2. Während die Wunde abheilt, weitet sich das verbrannte Gewebe noch um das Ein bis Zweifache. Die Brandformen sollten also mit Berücksichtigung auf diese Ausweitung designt werden. Tut man das nicht, wird über kurz oder lang das Brandmuster an manchen Stellen einfach verschmieren und zum unschönen Blob? werden.
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3. Sowohl Brandzeit wie auch Preßstärke werden in Filmen selten realistisch dargestellt. Auf Zelluloid wird das Branding aus dramaturgischen Gründen viel länger und aggressiver durchgeführt als eigentlich notwendig.
Frühe Experimente
1950, mit ganzen 19 Jahren, begann ich mit ersten Brandexperimenten. An einem sonnigen Nachmittag ich war ganz allein Zuhause dachte ich, es wäre an der Zeit für ein persönliches Ritual. Mir stand der Sinn nach Risiko. Inspiriert durch Filme und meine eigene, blühende Fantasie, faszinierte mich der Gedanke an ein eigenes Brandmal mit all seiner Erotik. Stundenlang puzzelte ich mit Draht und Metallteilchen, die ich immer wieder in neue Formen bog und über der Herdplatte zum Glühen brachte. Dann entschied ich mich für Metallteile vom Rand meiner Kaffeekanne. Ich formte ein kleines ?V? (ein auf dem Kopf stehendes Alpha) und ein griechisches Omega. Meine Erregung stieg deutlich, als die heißen Formen, gegen Papier und Kartoffeln gepreßt, zischend verglühten.
Ich war bereit für den Kuß des Feuers! Ich erhitzte das ?V? noch einmal und preßte es blitzschnell gegen meinen Bauch. Mit einem Zischen schoß mir eine Überdosis Adrenalin in die Adern. Doch es blieb lediglich ein blasses Mal zurück. Ich hatte nicht lang und stark genug gepreßt.
Nochmal drückte ich auf die gleiche Stelle. Dieses Mal blieb eine deutlich sichtbare Brandwunde zurück. Achtmal versenkte ich die Form in meiner Bauchdecke. Das war`s, lebenslänglich gebrandmarkt.
Seit jenem Tag bin ich süchtig nach der Magie des Feuers. In all den folgenden Jahren wurden die Brandings, die ich an mir und anderen vollführte, stetig komplizierter und gewagter. Und jedesmal lerne ich ein bißchen mehr über Möglichkeiten, Techniken und die Faszination dieses Rituals. Hier fasse ich nun die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Geeignete Körperstellen und Muster
Anders als Tätowierungen, Cuttings oder ähnlich primitive Körperzeichnungen, muß ein Brandmal immer auf die möglichst flachste Körperstelle gesetzt werden. Wird dies nicht beachtet, kann es passieren, daß sich das Mal auf Erhebungen ungleichmäßig in die Haut brennt. Primitive? Völker, die Brandings als Schmuck oder auch rituell verwenden, nutzen meist folgende Körperstellen : Brustkorb, Oberrücken, Schultern, Oberarme, Schenkel, flache Bäuche und Waden. Hier ein Branding zu setzten, vermindert deutlich das Risiko. Die Male werden meist klar und gleichmäßig. Der andere Unterschied gegenüber Tattoos und Cuttings ist die unabdingbar klare Linienführung. Schnörkel oder hochkomplizierte Designs sind beim Branden unmöglich. So werden nur Striche, Punkte und Bögen gebrannt. Es können jedoch beliebig viele Striche neben und ineinander gesetzt werden, so daß letztendlich doch ein komplexes Muster entsteht. Das Prinzip ist ähnlich dem der Nubier für komplizierte Scarifications Punkte und Striche bilden eine Art Patchwork-Muster.
Einzel oder Mehrfachstrike?
Normalerweise besteht ein Branding aus einem einzelnen Eisen, daß singular erhitzt und eingebrannt wird. Der menschliche Körper läßt bei der Wahl von Größe und Form des Metallteils wenig Spielraum offen. Vor allem wenn man die maximale MalGröße bedenkt und in Betracht zieht, daß sich Teildesigns im Heilungsprozeß ausweiten oder verwischen können. Sogar einfache Initialen oder Monogramme gestalten sich schwierig.
Große Initialen und komplexe Figuren können durch Mehrfachstrikes (d.h. eine einfache Eisenform wie der Strich wird mehrmals hintereinander angesetzt) in Form gebracht werden.
Die Möglichkeiten für extravagantere Brandings sind so ziemlich endlos, sollte der Brander die Kunst des Mehrfachstrikens beherrschen. Meine allerneuesten Branddesigns erfordern viele verschiedene, teilweise kompliziert gebogene Eisen, die bis zu 30 mal an verschiedene Stellen gesetzt werden.
Werkzeuge und Techniken
EinzelstrikeBrandings und glühende Holzkohle sichern zwar den hochdramatischen Effekt, sind aber äußerst unpraktisch, wenn es gilt, komplexe, gleichförmige und attraktie Figuren zu kreieren. Das gilt auch für eine Menge anderer Brandtechniken und werkzeuge wie beispielsweise Lötkolben, glühende Büroklammern oder Draht.
Im Laufe der Jahre habe ich fast jedes Brennmaterial ausprobiert. Selbst einige der untauglichen Gegenstände, die oben erwähnt wurden. Lötkolben, so stellte sich heraus, sind einfach zu stumpf, zu kühl und sie hinterlassen keine klare, scharfe Linie auf der Haut. Draht kann die Hitze mangels Masse nicht lange genug halten. Nach dem Erglühen kühlt er in weniger als einer Sekunde ab und ist somit nie heiß genug, einen klaren Strich zu brennen. Schwerer Draht, wie er beispielsweise für Stacheldraht verwendet wird, brennt die Linien um ein Vielfaches zu breit und tief in die Haut. Aus filigranen Designs werden dann während des Heilens matschige ?Blobs?.
Und was funktioniert nun wirklich?
Wenn man sich für ein Brandmotiv entschieden hat und ein professionelles Studio aufsucht, sollte man darauf achten: Der Brander verwendet nur ein bis 0,6 Millimeter dicke Metallstreifen. Ich selbst verwende am liebsten 0,2 Millimeter dicke Streifen. Die Länge sollte 60 Millimeter nicht überschreiten. Derart beschaffenes Metall hält die glühende Hitze für ungefähr acht Sekunden konstant, gerade lange genug um die Figur von der Glut zur gewünschten Brandstelle zu bewegen und einen klaren, sauberen Strich einzubrennen. Ich habe auch Kupfer und Messing ausprobiert. Diese Materialien sind aber in der Regel zu weich, so daß sich die Form rasend schnell verzerrt, sobald die Streifen glühen. Für Punkte verwende ich generell nur Stahlschrauben und nägel.
Eins ist neben diesen ganzen technischen Details sicher: Ob man nun ein Branding setzt oder selbst gebrannt wird, auf emotionaler Ebene, im Kopf und Körper, spielen sich immer seltsame Dinge ab. Für den Brander wird es immer schwierig sein, gleichmäßig, akkurat und nebenbei noch klar im Kopf zu bleiben. Beim Empfänger führt der Akt normalerweise zu einem extrem hohen Endorphinausstoß, der ihn in hochgradige Euphorie versetzt. Die meisten meiner Multi-Strike Kunden waren während der 30 bis 60 Minuten, die ein komplexes Design erfordert, jedoch erstaunlich ruhig und schienen völlig in sich gekehrt.