von dobermann » 30.01.2003 17:08
Zwar taten die ersten Weissen, die in Kontakt mit tätowierten Völkern kamen, diese Art von Körperschmuck als Wildheit der Unzivilisierten ab, wirklich in Verruf kam das Tätowieren aber erst im 19. und 20. Jahrhundert. Sobald der Brauch des Tätowierens in die Welt des weissen Mannes übergeschwappt war, Fuss fassen konnte und sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen weiterentwickelt hatte, wurde die uralte Kunstform - etwas krass gesagt - in den Schmutz gezogen und man drückte ihr ein Image auf, dass ihr bis heute anhaften geblieben ist. Ende des 19.Jahrhunderts und dann vorallem in den beiden Weltkriegen, liessen sich Matrosen und Soldaten meist sehr gewalttätige und obszöne Motive stechen. Viele Soldaten sahen mehr aus wie wandelnde Geschichtsbücher, da sie über und über mit patriotischen Kriegsparolen, Abbildungen ihrer Heeresführer und Auflistungen ihrer Besatzungsorte bedeckt waren. Genauso vertrieben sich Strafgefangene die Zeit, indem sie sich oder anderen Tätowierungen gestochen haben. Auch hier hatten die Tätowierungen kaum mehr den Zweck, den Körper zu schmücken. So war das spöttische "cut here” mit einer gestrichelten Linie auf dem Hals in vielen Gefängnissen verbreitet, trotz angedrohter, schwerer Disziplinarverfahren. Um die Jahrhundertende gehörten Tätowierungen zum guten Ton: Die Elite, jedes Fürstenhaus, vom Zaren und der Zarin bis zu den Fürstenburgs, Vanderbilts, von Kaiser Wilhelm II. bis zu Lady Churchill; sie alle waren tätowiert.