Detritus hat geschrieben:KiGa-Gruppe mit 30 Kindern, Thema gemeinsames Mittagessen. (Der Elternabend muss echt unterhaltsam gewesen sein...).
1 Kind soll aus religiösen Gründen kein Fleisch einer bestimmten Tierart essen, 1 Kind soll auf Wunsch der Eltern überhaupt kein Fleisch oder Fisch essen und bei einem Kind soll auf Wunsch der Eltern komplett auf tierische Nahrungsmittel verzichtet werden.
Aber es soll auch bitte (Achtung unkorrektes Wortspiel) keine Extrawurst geben, denn schließlich sollen die Kinder mit den Sonderwünschen ja nicht von der Gruppe ausgeschlossen / diskriminiert werden weil sie was anderes essen als der Rest.
3 Kinder aus 30? Finde ich nicht tragisch.
Ersetzt man "soll XY nicht essen" durch "kann XY nicht essen, weil ne Unverträglichkeit besteht", wär es vermutlich kein Thema.
Die Extrawurst, die es nicht geben soll, kann man leicht durch ein Angebot von mehreren Snacks, bei denen es eben kein klares, als "normal" angepriesenes Hauptgericht mehr gibt, umgehen. In so ziemlich jeder Mensa/öffentlichen Einrichtung gibt's i.d.R. beim Mittagstisch eine Auswahl von verschiedenen Gerichten. Warum sollte es in der Kita nicht so sein?
Kosten als Argument anzubringen finde ich übrigens schwach. Ich kann nachvollziehen, dass Kitas mit einem gewissen Budget haushalten müssen, aber es besteht, wie übrigens auch schon bei der Toilettendebatte, ein Unterschied darin, Strukturkritik zu üben, oder das Problem Betroffenen zuzuschieben.
Ein Unterhaltung darüber, Kitas und anderen Einrichtungen ein Budget zur Verfügung zu stellen, die es ihnen ermöglicht, flexibel auf die Bedürfnisse derer zu reagieren, die sie besuchen/von ihnen abhängig sind, ist meiner Ansicht nach viel eher die Diskussion, die geführt werden sollte (und nicht: sollen wir jetzt extra wegen dir ne neue Toilette bauen/ein spezielles Essen anbieten? Denn das sind Fragen, die marginalisieren!)
Detritus hat geschrieben:So und wer soll / muss da jetzt wem gegenüber Toleranz zeigen?[emoji6]
Keiner. Toleranz geschieht von oben herab und in den Glauben, dass die eigene Sicht besser als die des Gegenübers ist (man findet etwas nicht toll; kann es aber leider nicht verhindern und entscheidet sich letztendlich dafür, es zu tolerieren). Um sich auf Augenhöhe zu begegnen, wär eher Akzeptanz angesagt (die aus der Erkenntnis geboren wird, dass es eine Vielzahl von möglichen Lebensentwürfen gibt & Diversität/Vielfalt etwas ist, von der alle letztendlich alle profitieren können!)
Toleranz und Akzeptanz sind, einmal nur ihrer sprachlichen Gehalte nach, nicht das Gleiche: Betrachten wir beide Begriffe einmal mit der Lupe: Akzeptanz kommt vom lateinischen „accipere“, was so viel bedeutet wie „gutheißen“ oder „annehmen“. Der deutsche Germanist Günther Drosdowski definierte die Akzeptanz als die Bereitschaft, etwas oder jemanden zu akzeptieren, ein fremdes Gedankengut also im reinen Wortsinne „gutzuheißen“. Toleranz stammt ebenfalls aus dem Lateinischen. Das Verb „tolerare“ bedeutet soviel wie „erdulden“ oder „ertragen“. Hier tut sich bereits ein Unterschied der Bedeutungen auf: Während etwas „gutzuheißen“ ein aktiver Vorgang ist, erscheint das „erdulden“ eher passiv, so als könne man sich ohnehin nicht dagegen wehren, was da auf einen zukommt.
QuelleDotsOnMySkin hat geschrieben:Muss denn immer jedes Statement, jeder Witz, jede Konversation unter Kumpels immer 100% politisch Korrekt sein?
!
Der unterschied ist imho, dass deine kumpels dich und deine einstellung kenn und wissen dass es ein witz ist. wenn jemand in einem forum wo ihn niemand kennt dasselbe sagt, könnte es auch für bare münze genommen werden. du sagst ja selbst, du würdest hier im forum diese formulierung nicht verwenden, eben weil du weißt dass es falsch ankommen könnte.
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DotsOnMySkin hat geschrieben:Oder kann man nicht auch einmal Fünfe gerade sein lassen, wie man hier in Bayern so schön sagt?
Für mich ist das alles schon ein Anzeichen, dass es uns eigentlich allen viel zu gut in unser wohlhabenden, sicheren Gesellschaft geht. [...] Aber heutzutage muss ja alles glattgebügelt sein und Political Correctness steht ganz oben auf der Agenda. Eine Grundeinstellung, die mich persönlich ankotzt!
Am liebsten sind mir Typen mit Ecken und Kanten, mit denen man auch mal ne gepflegte "Stammtischdiskussion" haben kann (und die fallen in Bayern von Haus aus gerne mal etwas ruppiger aus), ohne andauernd überlegen zu müssen, wen man denn jetzt evtl. schon wieder beleidigt haben könnte.
Männlich, weiß, vermutlich heterosexuell... ja, uns geht es in dieser Gesellschaft definitiv viel zu gut (Hegemoniale Männlichkeit und patriachale Dividende sind in diesem Kontext passende Stichworte)
Die Krux liegt bei der Geschichte meiner Ansicht nach jedoch gerade darin, zu erkennen, dass es eben nicht allen gut geht. Es geht dabei nicht um dich oder mich, sondern um die, die keine Stimme haben, die, die nicht gehört werden. Es geht darum, als Teil derer, denen es gut geht, für die einzustehen, die benachteiligt und ausgegrenzt werden/denen de facto im alltäglichen Miteinander, aus welchen Gründen auch immer, schlicht nicht die gleichen Rechte zugestanden werden.
DotsOnMySkin hat geschrieben:Aus dem Grund sagte ich ja, dass ich es nicht so geschrieben hätte. In einem "anonymen" Forum, wo eben nur das geschriebene Wort zu lesen ist, kann sowas schnell falsch rüberkommen.
Aber selbst bei Fitch hab ich da jetzt absolut nichts Bösartiges oder schrecklich Negatives rausgelesen. Und ich persönlich hätte deswegen dann auch kein Faß aufgemacht...
Aber, wie gesagt, ich verstehe eure Sichtweise durchaus.
Das glaube ich dir. Deinen post als Aufhänger für den Thread zu nehmen, war auch nicht dazu gedacht, um dich an den Pranger zu stellen. Aber ganz ehrlich... warum sollte ich still sein und schlucken, wenn es mich nervt? Nur um sicherzustellen, dass ich möglicherweise nicht die nerve, die unbedacht verletztende Äußerungen von sich geben? Nope, glaub nicht.
The year is 2083. Gender no longer exists. We all identify as different flavors of Doritos. I am Cool Ranch and this is my story.