Gefahr von links?

"Phoenix roxx the house" - Offtopicgerödel

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Beitragvon well_done » 20.08.2010 15:13

nach wie vor eine spannende diskussion,
aber muss man gegenseitig über den anderen urteilen, um seine meinung darzulegen?!
bald startet der verkauf: https://www.facebook.com/treutaschen
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well_done
 
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Beitragvon Buddha_Eyes » 20.08.2010 17:22

@ upsidedown
Vorab: Zynismus vermag ich aus meinen Worten wirklich nicht zu entnehmen.. ich hoffe Du erwartest allerdings nicht, daß ich meinen Ausdruck an Deinen Gefallensvorstellungen orientiere – gegen Derartiges hast Du Dich (völlig zu Recht) an anderer Stelle auch bereits verwehrt.

Zur Sache:

1. Studien sind mit Vorsicht zu genießen – aber gerade dieser Teil der Rechtssoziologie ist ein recht breit beackertes Feld. Ich bediene mich hier sicher keiner Einzelauffassungen. Außerdem ist jede Studie sicher noch besser als das bloße Vertrauen auf gemachte eigene Erfahrungen. Das Negieren von wissenschaftlichen Erkenntnissen produziert nichts anderes als die scheinbare Legitimation der eigenen Meinung

2. Eigentlich alles an diesem Punkt unterschreibe ich. Wie man m.E. damit umgehen sollte, kommt später

3. Ich habe keine Ahnung, ob Du und viele andere ein Auslaufmodell seid – vielleicht bin ich es auch. Ich kann ja nur sagen, wie ich das empfinde. Fast alles, was Du weiterhin scheibst, scheint mir richtig. Insbesondere folgender Satz:
Der Mensch ist einfach so gestrickt. Er braucht gemeinsame Werte an denen er sich festhalten kann. Die Diaspora (bitte kein Begriffsklambüsel anzetteln) ist ein gutes Beispiel dafür, dass dieser Wille vorhanden ist.


Auch Deine Analyse einiger Verhaltensprobleme junger Ausländer als Folge eines Identitätsverlustes halte ich für absolut zutreffend.

Die Frage, die doch beantwortet werden muß, ist diejenige: Welche gemeinsamen Werte lassen sich finden, die derart universell sind, daß sie einen Identifikationspunkt für möglichst viele Menschen bilden und die Integration möglichst vieler Menschen zulassen. Nur wenn es gelingt, diese zu finden und zu vermitteln, hat eine Gesellschaft eine Chance, in der – und auch da gebe ich Dir völlig Recht – viel zu lange mit Scheuklappen und ideologisch begründeten Scheinargumenten eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem migrationsbetroffenen Gesellschaftsentwurf vermieden wurde. Klar, die „rechte“ hat entweder (in ihrer gemäßigten Form) das Problem einfach ignoriert („Deutschland ist kein Einwanderungsland“ oder (in der radikalen Form) einfach verkloppt und die „linke“ hat auf ganzer Linie deshalb versagt, weil sie der Auffassung war, daß (Variante a) eine „multikulturelle Gesellschaft“ auf jeden Fall super ist oder (Variante b) der Hinweis auf real existierende Probleme per se rassistisch motiviert ist. Passiert ist daher auch einfach nix. Alles weitere dazu auch gleich unten bei meinen Lösungsideen.
Was Du dann weiter beschreibst ist ja nun nichts, was ich unter Nationalstolz begreifen würde sondern als soziale Prägung (ist wohl wieder ein begriffliches Problem), die ist natürlich immer vorhanden und gut und richtig (nur eben auch wandelbar. Meine Schwester, die seit zig Jahren in England lebt, empfindet sich mittlerweile viel mehr als Britin denn als Deutsche).
Natürlich empfinde ich mich als Deutscher und habe ein Zugehörigkeitsgefühl zu anderen Deutschen (qua kultureller und sprachlicher Verbundenheit), aber ich empfinde keinen Stolz darüber – in dem Sinne, daß ich daraus für mein eigenes Selbstverständnis etwas erhebendes fühle.
Insoweit ist es auch sicher Richtig, daß ein Sozialwesen verbindender Elemente bedarf um zu funktionieren und dabei natürlich auch die Ängste, Ressentiments und verschiedenen Erlebnishorizonte aller Beteiligter würdigen und integrieren muß.

Jetzt zu der Preisfrage „wo ist die Lösung“. Mann, wenn ich das Patentrezept hätte, würde ich ein Buch schreiben und alle würden es lesen und die Welt würde eine bessere. Ich werde mich hüten, meine Ideen als auch nur ansatzweise ausgegoren zu bezeichnen, aber ich versuch mich mal an meinen Grundgedanken:
Ausgehend von Deiner (m.E. zutreffenden These), daß eine Gesellschaft nur dann funktioniert, wenn sie auf Identifikationspunkten aufbaut, wird man festhalten können, daß es schädlich ist, wenn die verschiedenen Identifikationspunkte der jeweiligen „Subgesellschaften“ allzu verschieden sind (ich denke, darin sind wir uns einig). Die eine Möglichkeit wäre nun, einfach alle „Subgesellschaften“ loszuwerden, deren Identifikationspunkte zu weit von denjenigen entfernt sind, die hier sozusagen kulturhistorischer common sense sind. Also: So wenig Ausländer im Land wie möglich – zumindest soweit sie aus einem Umfeld kommen, welches mit unserem Wertesystem recht wenig konform geht. Kriminelle so lange wie möglich wegsperren und den allgemeinen interkulturellen Austausch so weit blockieren, daß keine „schädlichen Einflüsse“ eindringen. Auch wenn das jetzt natürlich grob vereinfachend ist, nenne ich das mal den „rechten Weg“.
Der „linke Weg“ war übrigens, einen Scheiß auf das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Identifikation zu geben, es für Bullshit zu halten und zu hoffen, daß irgendwann alle das erkennen.
Beides läuft nicht. Der linke Weg ist offensichtlich phänomenal gescheitert und der rechte schon praktisch in einer sich globalisierenden Welt undurchführbar – davon abgesehen hat er eine blöde Tendenz zur Gewalt… (was man ja nicht zuletzt an dem rechten Weg des Islam, dem Islamismus sehen kann).

Es bleibt also nur ein drittes Konzept – und das kann m.E. nur darin liegen, den Menschen Identifikationspunkte an die Hand zu geben, die universell genug sind, eine breite Stütze für alle Menschen zu bieten und die einen gemeinsamen kulturhistorischen Grund haben. Was das für welche sein können… oh je..

Nur mal als Vorschläge: Die gemeinsamen Kernaussagen aller Weltreligionen, die sich, wenn man sie mal ihrer „esoterischen“ Inhalte entkleidet zumindest alle auf die selben ethisch-moralischen Grundaussagen kommen (ja, ich habe mich mit denen lang genug auseinandergesetzt, um das so behaupten zu können). Der Gedanke der Universalität der Menschenrechte wäre vielleicht noch ein Ansatz. Die sonst nötigen Identifikationssymbole werden sich m.E. ohnehin deutlich regionalisieren. Dann bin ich eben Düsseldofer oder Kölner, Bayer oder Franke – aus diesen Unterscheidungen tritt interessanter Weise viel weniger Ausgrenzung hervor – eben weil sich alle immer noch als Deutsche empfinden.

Das Problem ist, daß die Verinnerlichung eines solch universellen Wertekanons weder angeordnet werden noch einfach durch Übung internalisiert werden kann. Das ist m.E. ein extrem langandauernder Prozeß der vor allem erst einmal ein erhebliches Maß an Bildung voraussetzt – weshalb m.E. gleichrangige Teilhabe an Bildung einer der wichtigsten Punkte ist (ja – nötigenfalls auch zwangsweise durchgesetzt, wenn die Eltern ihre Kinder von Bildung abschirmen, weil sie Angst haben die lernen in der Schule unsittliches Zeugs). Logisch – wo ich fast ausschließlich in dem Umfeld eines islamistischen Elternhauses meine Bildung erfahre, werde ich sicher das gemeinsam Verbindende von Christentum und Islam nicht lernen.
Das bedeutet aber eben auch, daß man genau so den Deutschen Kindern vermitteln muß, daß eine andere Muttersprache, die andere Farbe einer Flagge oder andere Klamotten der gemeinsamen Verbindung nicht widersprechen.

Letztlich werden alle auf ihre gewohnten Zusammengehörigkeitssymbole verzichten und diese „eine Etage höher“ suchen müssen. das ist m.E. die einzige – zugegebener Maßen extrem lang dauernde Lösung. Zu glauben, man kriegte die sicher vorhandenen Probleme in einer Generation aus der Welt, halte ich für naiv – bis dahin wird es wohl bei der „Notstandsverwaltung“ bleiben. All das, was da erforderlich wäre, würde zum einen erfordern, liebgewonnene politische Flügelkämpfe aufzugeben und viel mehr Kohle in ein vernünftiges Bildungssystem zu pumpen.

Sorry für den ewig langen Text… ich hör jetzt auch auf… ehrlich…
Expect nothing..
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