Hallo,
auch wenn es schon einige Treads zum Thema Eltern und Tattoos gibt, habe ich dennoch mein individuelles Problem noch nicht gefunden und möchte deswegen hier die Frage stellen.
Zum Problem: Ich, 30 Jahre, wünsche mir seit 25 Jahren ein Tattoo. Für mich war schon als Kind klar, dass ich irgendwann tätowiert sein werde. Der Wunsch ist bis heute geblieben, die Erfüllung leider immer noch nicht passiert. Grund dafür sind meine Eltern, von denen ich aufgrund des Studiums finanziell abhängig bin und die ich auch sonst ohne Groll sehr schätze.
Meine Eltern, beides Beamte, sind absolute Tattoofeinde, das Lästern gegen Tattoos einer ihrer liebsten Zeitvertreibe: „Menschen mit Tätowierung sind assozial und deren Eltern Pack, weil sie ihre Kinder nicht richtig erzogen haben, denn kein vernünftiger Mensch würde sich so verschandeln.“
Das geht schon immer so, so dass ich mich nie getraut habe, meinen Wunsch auch nur zu erwähnen. Daher wissen sie gar nichts davon und denken, ich sei der vernünftige Sohn, der genauso denkt wie sie selbst. Allerdings ist der Wunsch nach dem Tattoo in den letzten Jahren immer stärker geworden. Ich habe mir mehrere Studios angeschaut und war auf Conventions. Also habe ich schon einen Tätowierer, das Motiv und die Stelle. (Ein Wolfskopf auf dem Oberarm mit Blättern, der ganze Oberarm vom Schultergelenk bis knapp unter dem Ellebogen soll voll, so dass man es auch mit T-Shirt noch sehen kann). Ich will das Tattoo so unbedingt, dass ich aus Sorge schon nicht mehr schlafen kann.
Als meine Eltern gestern wieder mit dem Thema anfingen, habe ich die Gelegenheit genutzt und gesagt, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass ich auch ein Tattoo bekommen werde. Der Fehler dabei war, dass es wie eine spaßige Hypothese klang, so dass die folgende Diskussion aus Sicht meiner Eltern ein Scherzgespräch war. Meine Mutter sagte sofort: „Das machst du nicht. Davon kriegst du sofort Krebs.“ auch mein Vater stimmte in diesen Kanon mit ein. Als ich sagte, die gesundheitlichen Risiken sind mir wohl bekannt, aber es gebe ja überhaupt keine Gewissheit in der Forschung, sagte meine Mutter, dann drehe sie mir den Geldhahn zu. Mein Vater sagte, ich würde enterbt. Ich sagte daraufhin, dass es interessant sei, dass unsere Beziehung scheinbar auf finanzieller Erpressung beruhe. Meine Eltern lachten sich daraufhin kaputt, denn das alles war für sie ja ein Witz meinerseits. Ich glaube allerdings, ihre Einwände waren ernst gemeinter Scherz.
Im Laufe des Tages ließ ich immer wieder einfließen, dass ich ja eh bald enterbt würde. Irgendwann meinten dann meine Eltern zwar, ich solle doch machen was ich will, aber wie gesagt war das alles für sie ein Witz. Sie nehmen mich und meine Bedürfnisse gar nicht ernst, wenn diese nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Meine Eltern sehen mich immer noch als Teil von ihnen und sehen gar nicht meine Vorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse. Sie glauben, alles was sie denken und wollen, wolle ich automatisch auch, weil sie es nie geschafft haben, sich von mir abzulösen und mich deshalb nicht als autonome, eigenverantwortliche Person wahrnehmen.
Da ich es mit dem Tattoowunsch nun aber nicht mehr aushalten kann, möchte ich nicht länger warten.
Doch wie verklickere ich meinen Eltern, dass es mir ernst ist und dass sie akzeptieren müssen, dass ich Entscheidungen fälle, die nicht mit ihren Vorstellungen übereinstimmen? Was, wenn sie Ernst machen mit dem Geld (2-3 Jahre brauche ich es noch) oder wenn ich mal Hilfe brauche und sie dann sagen, das Tattoo sei an allem Schuld, mir das also lebenslang zum Vorwurf machen? Und ich mich ständig rechtfertigen müsste? Darauf habe ich nämlich keinen Bock.
Hat sonst jemand solch eine Erfahrung schon mal gemacht und ist vielleicht alles gar nicht so schlimm, wie ich denke? Soll ich es einfach machen und Ärger riskieren oder es besser noch etwas sein lassen?
Danke für die Hilfe und viele Grüße